Auf den Medientage München haben sich am Freitag Experten über die Wirkung von Ultimate Fighting-Formaten auf Kinder und Jugendliche ausgetauscht. Die Medienfachleute befürchten durch die „Käfigkämpfe“ eine allgemeine Verrohung von jungen Menschen.
Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) diskutierte im Rahmen der Medientage die Wirkung solcher Sendungen auf junge Menschen. Zwar sind die Sendungen derzeit nicht im Fernsehen zu sehen, doch kann sich jedes Kind brutalste Clips im Internet anschauen. KJM-Vorsitzende Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring sagte in seinem Impulsreferat, dennoch gebe es weiter TV-Sendungen mit Ultimate Fighting-Elementen, die „Gewalthandlungen lediglich zu Unterhaltungszwecken zeigen“.
Gleichzeitig könne man beobachten, dass viele Gewalttabus keine Gültigkeit mehr für Teile der jungen Generation besitzen: „Es ist durchaus zu befürchten, dass entsprechende mediale Angebote bei einer bestimmten Zielgruppe eine verrohende Wirkung haben.“ Der KJM-Vorsitzende verwies darauf, dass die KJM zum Einstieg in die Veranstaltung einen Zusammenschnitt von aus Jugendschutzperspektive problematischen Inhalten hatte zeigen wollen. Die Anwälte der Kampfsportorganisation Ultimate Fighting Championship (UFC) hätten aber für diesen Fall mit juristischen Schritten gedroht. „Wir finden es sehr schade, dass die Bereitschaft zu kritischem Dialog offenbar fehlt.“
Auf dem Podium ging es heiß her. Klaus Schlie, Innenminister Schleswig-Holsteins und Vorsitzender der Sportministerkonferenz, kündigte an, sein Ziel, solche Käfigkämpfe in Deutschland gesellschaftlich zu ächten, konsequent weiter zu verfolgen. Der Grund: „Bei Ultimate Fighting wird eine Grenze überschritten, die immer ein Tabu war: Auch auf den, der am Boden liegt, wird noch eingeprügelt – und zwar vor einer johlenden Masse. So etwas gehört nicht in eine humanistische Gesellschaft.“
Schlie lobte in dem Zusammenhang die wichtige Arbeit der KJM und betonte die Notwendigkeit öffentlicher Auseinandersetzung mit dem Thema: „Rechtlich haben wir keine Handhabe, diesen Kommerz in öffentlichen Hallen zu verbieten.“ Umso wichtiger sei es, das Mittel der gesellschaftlichen Wertediskussion zu nutzen. Der Kabarettist und langjährige Box-Kommentator Werner Schneyder, der sich selbst als „großer Freund von Kampfsportarten“ bezeichnet, sagte: „In der Steinzeit hat man getreten, geschlagen, gebissen. In der Zivilisation hat man daraus Sportarten wie Boxen oder Ringen destilliert. Das Aufkommen von Ultimate Fighting ist die Bankrotterklärung für die Zivilisation.“ Besonders kritisierte er, dass „die Folgen dieses Irrsinns verschwiegen werden.“ Schneyders Fazit: Ultimate Fighting sei „extrem jugendgefährdend“ und sollte Kindern und Jugendlichen nicht über die Medien zugänglich gemacht werden.
Ganz anders sah das Oliver Copp, Chefredakteur des Magazins „Fighters Only“ und ehemals Käfigkampf-Moderator auf DSF. Er praktiziert Ultimate Fighting selbst seit sechs Jahren und sagte: „Das ist ein Sport, wie jeder andere auch. Mit Regeln und mit Sportlern, die Vorbilder sind. Aber auch mit Verletzungen, genau wie beim Fußball oder Tennis.“ Der Käfig sei lediglich „ein gutes Marketinginstrument“, so Copp, aber letztlich „für die Sicherheit der Kämpfer da. Die Verletzungsgefahr im Ring ist viel höher.“
Copp schob den Schwarzen Peter den Eltern zu. Sie müssten ihre Kinder vor problematischen Medieninhalten schützen. Verena Weigand, die Leiterin der KJM-Stabsstelle in München, erwiderte, dass die Medienpädagogik die Aufsicht niemals ersetzen könne: „Wir haben in Deutschland ein sehr ausdifferenziertes System des Jugendmedienschutzes, das an Hand sinnvoller, guter Kriterien prüft.“ Dabei würde jeder Einzelfall für sich betrachtet: „Der Vorwurf, wir vermischen verschiedene Formate ist haltlos.“ Joachim von Gottberg, Vorsitzender der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) bestätigte: „Auch Ultimate Fighting-Formate kann man nicht generell als schwer jugendgefährdend einstufen. Jugendschutz lebt nicht von Pauschalurteilung, sondern von Entscheidungen mit Augenmaß.“[mw]
Bildquelle:
- Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com