MDR: Vorentscheidung bei der Wahl zum neuen Intendanten

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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In sechs Wochen soll ein neuer MDR-Intendant gewählt werden. Derzeit dreht sich das Kandidatenkarussell um die Nachfolge von Senderchef Udo Reiter. Bisher wagt sich kein Bewerber aus der Deckung.

Beim MDR geht mitten in der Affäre um den suspendierten Unterhaltungschef Udo Foht die Suche nach einem neuen Intendanten in die heiße Phase. Bereits am kommenden Montag wird es konkret. Dann tagt der MDR-Verwaltungsrat, der laut Staatsvertrag den Nachfolger von Senderchef Udo Reiter vorschlägt. Am 26. September steht die Wahl im Rundfunkrat auf der Tagesordnung. Danach – so lautet die Hoffnung – soll die Dreiländeranstalt mit einer neuen Führung wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen.
 
Derzeit gibt es viele Spekulationen über Kandidaten. Häufig werden in diesem Zusammenhang der Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung, Bernd Hilder, genannt oder die stellvertretende MDR-Intendantin Karola Wille. Auch Hörfunkdirektor Johann Michael Möller und der Erfurter MDR-Funkhauschef Werner Dieste sind im Gespräch.
 
In dem zweistufigen Wahlverfahren gibt es allerdings noch einige Hürden zu überwinden. So müssen im Verwaltungsrat zunächst fünf der sieben Mitglieder den Vorschlag unterstützen. „Am Montag kommen alle Vorschläge auf den Tisch“, sagt der Vorsitzende des Gremiums, Gerd Schuchardt. „Wir entscheiden, welche zwei oder drei Persönlichkeiten wir zur Vorstellung ihrer Konzepte einladen.“ Diese Anhörung ist zwei Wochen später geplant – und noch am Abend des 5. September will sich das Gremium auf einen einzigen bindenden Vorschlag festlegen.

Doch das bedeutet noch nicht, dass der Kandidat der Verwaltungsräte auch im Rundfunkrat auf Anhieb die Zustimmung von zwei Dritteln der 43 Mitglieder erhält. „Das ist nicht garantiert“, räumt Schuchardt ein. „Der Rundfunkrat ist groß, da sind drei Länder vertreten und es kann unterschiedliche politische Interessen geben. Aber es wäre keine Katastrophe oder Krise, wenn der Vorschlag nicht beim ersten Mal durchginge, denn das weitere Verfahren ist dann genau festgelegt.“ Dann müsste der nächste Personalvorschlag präsentiert werden. Der Rundfunkratsvorsitzende Johannes Jenichen sieht das pragmatisch und sagt: „Die Demokratie müssen wir schon hochhalten.“
 
Seitdem Reiter (67) im Mai überraschend seinen Rückzug von der Senderspitze nach rund 20 Jahren im Amt angekündigt hatte, ist kaum noch etwas so wie es war. Noch vor wenigen Monaten erschien der MDR als quotenstarker Sender mit erfolgreichen Serien wie „In aller Freundschaft“ mit Thomas Rühmann, „Tatort“ mit Simone Thomalla und Martin Wuttke oder „Polizeiruf 110“ mit Jaecki Schwarz, Wolfgang Winkler und Isabell Gerschke.
 
Doch der Millionenbetrug beim ARD/ZDF-Kinderkanal, für den der MDR die Federführung hat, kratzt stark am Image des Senders. Nun könnten die  Machenschaften von Foht, der Geschäftspapier mit offiziellem Briefkopf für private Zwecke missbraucht und sich Geld geliehen haben soll, das Ansehen Reiters ramponieren. Der MDR hat Foht, der als Entdecker des  Volksmusik-Stars Florian Silbereisen gilt, wegen Amtsmissbrauchs suspendiert. Ob er sich persönlich bereichert hat, wird derzeit geprüft. Unklar ist auch, ob weitere Verantwortliche im Sender davon wussten. Auf einer Sondersitzung des Rundfunkrats soll Reiter am 31. August für Klarheit sorgen, damit das Thema aus der Sitzung mit der Intendantenwahl herausgehalten wird. Denn an diesem Zeitplan soll trotz der Affäre festgehalten werden.
 
Über das Kandidatenrennen werden unterschiedliche, schwer einschätzbare Informationen gestreut. Die juristische MDR-Direktorin Karola Wille ist in Chemnitz geboren und kennt den Sender in- und auswendig. Die einen sagen, das könnte bei der anstehenden großen Personalrochade in der MDR-Führungsmannschaft ein Vorteil sein. Kritiker halten ihr vor, dass sie jahrelang Verantwortung getragen habe – möglicherweise auch für die Affären. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hält Wille nun eine Dissertation aus DDR-Zeiten mit zu wenig Distanz zum Staat vor.
 
Dann wiederum heißt es, nur ein Außenstehender könnte im MDR aufräumen. Dafür käme Hilder infrage, der 13 Jahre lang bei der ARD gearbeitet hat und dort unter anderem Hörfunk-Korrespondent in Washington und Mexiko war. Hörfunkchef Möller – früher stellvertretender Chefredakteur der Tageszeitung „Die Welt“ – hat Reformen bei den Wellen MDR Kultur, Jump und Sputnik durchgesetzt, auch gegen Widerstand. Werner Dieste ist seit rund zehn Jahren Funkhausdirektor und gilt als strategischer Kopf mit exzellenten Kontakten. Oder gibt es doch noch den Überraschungskandidaten?
 
Unklar sind die Gewichte der Länderinteressen. Sachsen-Anhalt macht sich Gedanken um die Zukunft des MDR-Hörfunkstandorts Halle in Zeiten der Multimedialität. Sachsen gilt für manche als zu stark im MDR-Gefüge. Dann kommt noch der Posten eines Verwaltungsdirektors ins Spiel, der nach dem Rücktritt von Holger Tanhäuser im Zuge des KiKa-Millionenbetrugs neu besetzt werden muss. Diese Stelle könnte in einen länderübergreifenden Ausgleich eingebracht werden. [Rolf Westermann]

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