Der medienpolitische Sprecher der Linken in Sachsen-Anhalt, Stefan Gebhardt, verfolgt die Debatte um Grundverschlüsselung und Kopierschutz bei ARD und ZDF aufmerksam. Für ihn gilt: Spitzensport und Hollywood-Filme sind unverzichtbarer Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.
Herr Gebhardt, sollten ARD und ZDF aus Ihrer Sicht attraktive Film- und Sportrechte künftig den privaten Sendeanstalten überlassen oder die geforderte Grundverschlüsselung seitens der Rechteinhaber umsetzen, um in diesem Bereich konkurrenzfähig bleiben zu können?
Gebhardt: ARD und ZDF sollten keinesfalls den kommerziellen Sendeanstalten attraktive Film- und Sportrechte überlassen, sondern auch künftig dafür sorgen, dass bei den öffentlich-rechtlichen Sendern erstklassiges Fernsehen angeboten wird. Hierzu gehören für mich zweifelsfrei Angebote im Spitzensport und auch hochwertige Filme.
Wie stehen Sie zum Thema Grundverschlüsselung?
Gebhardt: Eine Grundverschlüsselung wäre für mich völlig inakzeptabel und kommt meinem Kenntnisstand nach für ARD und ZDF auch nicht in Frage. Ein Wesensmerkmal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland ist seine freie Empfangbarkeit. Hieran sollte nicht gerüttelt werden.
Im Übrigen muss darauf hingewiesen werden, dass der Trend in Europa zum Teil auch in eine andere Richtung geht, denn vor einigen Jahren ist zum Beispiel die BBC dazu übergegangen, ihre Satellitenübertragung unverschlüsselt auszustrahlen. Auch die Rechtslage ist meines Erachtens eindeutig, denn im Jahr 2006 hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof entschieden, dass eine Codierung von Sendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk unzulässig ist.
Halten Sie die Marktposition von ARD und ZDF im europäischen Markt für stark genug, um sich dauerhaft gegen eine solche Verschlüsselung zu sperren, die bereits in sämtlichen großen Nachbarmärkten (Österreich, Schweiz, Großbritannien, Italien, Frankreich) praktiziert wird?
Gebhardt: Natürlich haben ARD und ZDF eine starke Marktposition in Europa. Fakt ist, dass bislang noch kein Erwerb von Rechten bei den Hollywood Majors daran gescheitert ist, dass ARD und ZDF unverschlüsselt ausstrahlen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das auch daran liegt, dass die deutsche Sprache eine Barriere darstellt, die eine uncodierte Ausstrahlung für den nicht deutschsprachigen Raum unattraktiv macht.
Wie erklären Sie sich, dass ARD und ZDF seit Jahren gebetsmühlenartig einen Verzicht auf Grundverschlüsselung postulieren, obwohl Ihnen diese in Verhandlungen mit Rechteinhabern immer wieder nahegelegt wird?
Gebhardt: Das ist damit zu erklären, dass ARD und ZDF keine Grundverschlüsselung wollen. Eine Verschlüsselung ist für beide Anstalten ein Tabu – und das ist auch gut so.
Welche Position haben Sie zu dem letztlich durch Gebühren finanzierten Erwerb von Champions-League-Übertragungsrechten durch das ZDF, obwohl die Ausstrahlungen auch ohne ein öffentlich-rechtliches Gebot im frei empfangbaren Fernsehen – i.e. Sat 1 – zu sehen gewesen wären?
Gebhardt: Der Fußballrechte-Markt ist ein Markt. Und niemand sollte hier ausgeschlossen werden. Ich hätte die Champions-League zwar lieber bei der ARD gesehen, aber dass sie künftig werbefrei beim ZDF gesendet wird, finde ich auch nicht schlecht. Ich hoffe sehr, dass die Erstverwertungsrechte der Fußball-Bundesliga auch für die kommenden Spielzeiten bei der ARD verbleiben und somit die gute alte Sportschau an Attraktivität nicht einbüßt.
Wie ist nach Ihren Informationen der Stand der Kopierschutzbemühungen bei ARD und ZDF?
Gebhardt: Wie gesagt: Meinem Kenntnisstand nach ist für ARD und ZDF eine Verschlüsselung ausgeschlossen. ARD und ZDF arbeiten mit Blick auf die durchaus nachvollziehbaren Schutzanliegen der Majors in internationalem Standardisierungsgremien an technischen Lösungen mit, die – ohne mit einer Verschlüsselung der Inhalte oder einer Einschränkung der Kopiermöglichkeiten einherzugehen – bei entsprechender Signalisierung verhindern sollen, dass die empfangenen Inhalte von Nutzern unautorisiert über das Internet weiter verbreitet werden können.
Zugegeben, diese Lösungen scheinen nicht 100-prozentig sicher. Dennoch spielt auch hier der Fakt eine Rolle, dass die Ausstrahlung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk am Ende der Verwertungskette steht und daher diese Ausstrahlung nicht die Quelle der Piraterie darstellen kann.
Wie können ARD und ZDF sicherstellen, dass der Gebührenzahler auch künftig Filme „erster Klasse“ bei ARD und ZDF sieht?
Gebhardt: Indem ARD und ZDF an ihrer Strategie festhalten und weiterhin von den Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahlern ausfinanziert werden, damit sie ihren Auftrag auch erfüllen können.
Befürworten Sie angesichts der neuen Entwicklungen bezüglich der Rechteinhaber ein „Weiter so“ bei ARD und ZDF – quasi einen deutschen Sonderweg?
Gebhardt: Ich sehe hier keinen deutschen Sonderweg, denn die Lösung ist auf EBU-Ebene erarbeitet worden. An der Entwicklung des beschriebenen Standards haben auch amerikanische Majors mitgewirkt, von daher sollte er im Markt umgesetzt werden.
Herr Gebhardt, vielen Dank für das Gespräch.[ar]
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