Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Beschlüsse über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank AG für das Jahr 2002 für nichtig erklärt.
Das Urteil fiel heute in Karlsruhe. Aus einer Mitteilung der BGH-Pressestelle geht hervor, dass die Aktionäre in der Hauptversammlung im Juni 2003 über den Konflikt Kirchs mit Ex-Vorstandssprecher Rolf Breuer hätten informiert werden müssen. Die Entlastung könne jedoch problemlos bei nächster Gelegenheit nachgeholt werden und habe keine Auswirkungen auf Schadensersatzforderungen des Medienunternehmers Leo Kirch.
Hintergrund des Rechtsstreits sind öffentlich geäußerte Zweifel des damaligen Vorstandssprechers und nachherigen Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bank AG, Rolf Breuer, vom 4. Februar 2002 über die Kreditwürdigkeit von Leo Kirch und der von ihm beherrschten Unternehmen. Auf diese Äußerungen führt Kirch den Niedergang seiner Unternehmensgruppe zurück. Dies hat ihn zur Erhebung einer Schadensersatzklage gegen die Deutsche Bank und zur Erstattung einer Strafanzeige gegen Breuer veranlasst.
Nach Ansicht des 82-jährigen Leo Kirch ist Dr. Breuer dadurch in eine Interessenkollision gegenüber der Deutschen Bank geraten, die mangels Offenlegung zur Unrichtigkeit der Organerklärungen gemäß Paragraph 161 AktG u. a. zur Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse geführt habe.
Das Münchener Landgericht wird am 10. März über das größte Verfahren – eine milliardenschwere Schadensersatzklage – endgültig entscheiden. (Aktenzeichen: II ZR 185/07 vom 16. Februar 2009)
Der BGH begründete seine Entscheidung mit einer aktienrechtlichen Regelung, wonach die Aktionäre über das Vorliegen und die praktische Behandlung eines Interessenkonflikts „in der Person eines Organmitglieds“ hätten unterrichtet werden müssen – als auch über die 2003 aktuellen Schadensersatzforderungen gegen den damaligen Vorstandssprecher Breuer. Ein solcher Interessenkonflikt entsteht laut BGH bereits, wenn ein Dritter eine Schadensersatzklage gegen die Gesellschaft erhebt, die auf einen Gesetzesverstoß des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds während seiner früheren Vorstandstätigkeit gestützt wird.
Kirchs Anwälte versuchten zudem, die in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse wegen nicht „ordnungsgemäßer Protokollierung“ zu kippen. Diese Argumente wiesen die Karlsruher Richter allerdings zurück. Der von der Gesellschaft hinzugezogene Notar hatte zuvor den Gang der Versammlung aufgezeichnet und diese Aufzeichnungen unmittelbar nach dem Ende der Versammlung – laut gesetzlicher Vorschrift – unterzeichnet, sie aber nicht herausgegeben, sondern später durch eine überarbeitete Endfassung ersetzt. Die ursprüngliche Aufzeichnung ist nicht mehr vorhanden. Für den BGH stellt dieser Vorgang eine vollkommen übliche Praxis dar. [cg]
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