DAZN hat seit Anfang des Jahres eine neue Deutschland-Chefin: Alice Mascia ließ am Montag aufhorchen, als sie weitere Preiserhöhungen nicht ausschloss, im gleichen Atemzug erwähnte sie aber auch Pläne für eine kostenlose Variante. Was soll man von dieser ambivalenten Kommunikationsstrategie halten? DIGITAL FERNSEHEN versucht, ein wenig Licht ins Dunkle zu bringen.
1. Die neue Chefin
Alice Mascia folgte im Frühjahr auf Thomas de Buhr (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). Sie war zuvor unter anderem bei Sky tätig und gilt gemeinhin als Expertin für Umstrukturierungen. Es verwundert daher kaum, dass nach der Preisverdoppelung, die noch unter de Buhr lanciert wurde, und der damit verbundenen schlechten Presse, nun eine Gegenoffensive folgt. In diese Kategorie fällt auch das Interview mit der „Süddeutschen“ vom Montag, in dem Mascia, wie eingangs erwähnt, den allgemeinen Trend hin zu sogenannten AVOD- bzw. FAST-Modellen, also kostenfreie werbefinanzierte Streaming-Angeboten, als sehr realistische Option für die nicht allzu ferne Zukunft bezeichnete.
2. DAZN muss profitabel werden
Dass weitere Preiserhöhungen von Mascia nicht ausgeschlossen wurden, hängt wohl damit zusammen, dass die diesjährige Verdoppelung der Abokosten in ihren Augen zu spät kam. Die Milchmädchen-Rechnung, dass es ausreicht, wenn auch nur die Hälfte die bisherigen Kundschaft den ziemlich dreisten 100-Prozent mitgeht, um bei Null herauszukommen, hinkt an dem Punkt, wo DAZN eigentlich mehr Kunden braucht um endlich schwarze Zahlen schreiben zu können. Kundenzahlen werden vom Sportstreamingdienst eh nicht kommuniziert, aber es war von der neuen Chefin schon ungewohnt offenherzig anzugeben, dass man deutlich über der benötigten Hälfte der Kunden trotz der Preisverdoppelung halten konnte. Alles in Butter also? Wohl nicht! Denn „wir sind hier, um zu investieren“, so Mascia. Dafür benötigt es weiteres Wachstum, bei den Einnahmen, den Kunden, an allen Fronten. Unter diesem Gesichtspunkt versteht man auch die Eröffnung eines DAZN-Fanshops in Zusammenarbeit mit EMP besser. Unter der neuen Chefin versucht DAZN, so viel mitzunehmen, wie nur möglich.
3. Wie soll eine kostenlose DAZN-Variante Mehr-Einnahmen generieren?
Die von Mascia angesprochenen Pläne für eine kostenlose werbefinanzierte DAZN-Variante hören sich im Hinblick auf die Investitionspläne zunächst einmal paradox an. Das ist sie aber nur, wenn man dem Gedanken anheim fällt, bei dem FAST/AVOD-Modell könnte es sich um ein Komplettangebot handeln. Was jedoch viel wahrscheinlicher ist, ist dass diese Variante den Köder für ein DAZN-Abo darstellen soll. Als Negativ-Beispiel könnte man hier die Free-TV-Ära von Sky Sport News erwähnen. Diese Rechnung ging nicht auf, das Projekt unlängst im Sommer 2021 wieder beendet.
Damit die Marketing-Rechnung bei DAZN besser aufgeht, müsste man vielleicht dem Publikum den einen oder anderen saftigen Knochen mehr hinwerfen. So erschließt man eventuell neue Kunden. Eine Zielgruppe, bei der DAZN noch großes Wachstumspotenzial besitzt, sind zudem die durchaus (Live-)sportaffinen alten Männer. Um dieses zahlungskräftige Feld zu erschließen, könnte man über Free-TV-Kooperationen nachdenken, zum Beispiel mit Sport1 o.ä.. Dies erscheint momentan aber äußerst unwahrscheinlich.
4. Fazit
Der Start eines kostenlosen werbefinanzierten Angebots von DAZN würde, was das eigene Unternehmen als auch den allgemeinen Trend betrifft, in die Zeit passen – Stichwort Freevee und Konsorten. Einzig, man sollte sich nicht zu viel attraktive Inhalte von so einem Modell erhoffen.
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