Das „HD Plus InterAktiv“-Portal des Satellitenbetreibers SES Astra stellt die Medienregulierer in Deutschland vor komplexe Fragestellungen. Erfüllt das HbbTV-Angebot den Charakter eines Telemediendienstes und muss deshalb als Plattform gesetzlich reguliert werden?
„Anbieter einer Plattform ist, wer Rundfunk und vergleichbare Telemedien auch von Dritten mit dem Ziel zusammenfasst, diese Angebote als Gesamtangebot zugänglich zu machen oder wer über die Auswahl für die Zusammenfassung entscheidet.“
So definiert die Plattformsatzung der Landesmedienanstalten den regulierungswürdigen Begriff der „Plattform“. Ist ein HbbTV-Portal nun ein vergleichbarer Telemediendienst? Ich meine: Ja. Liest man die Produktankündigung von „HD Plus InterAktiv“ spricht der Satellitenbetreiber von „ausgewählten Apps“, die in diesem Portal zu finden sind und definiert für den Empfang eine geschlossene Benutzergruppe – nämlich Haushalte, die über einen „HD Plus InterAktiv“-kompatiblen Receiver verfügen.
Welche Kriterien setzt nun HD Plus bei der Auswahl der Apps seiner interaktiven HbbTV-Plattform an? Denn so, wie es ein Geschacher um die Platzierung von Programmen in der digitalen Listung eines Receivers gibt, erscheint mir ein ähnliches Gerangel um eine Platzierung auf dem Startbildschirm der schnell wachsenden Plattform als logische Folge eines harten“Sehen und Gesehen werden“-Kampfes der Medien. Und da entscheidet gerne mal der dickere Geldbeutel.
Fernsehen 2.0 ist wie auch traditionelles Fernsehen eine Frage der Reichweite. Für viele kleine Anbieter, deren Reichweite aufgrund der hohen Kosten für eine Übertragung via Satellit, Kabel oder DVB-T auf lokalen Raum beschränkt blieb, wird in Zeiten von HbbTV die Empfangstür zum Verbraucher weit aufgestoßen. Dumm nur, wenn da schon wieder ein Türsteher die Schultern breit macht und darüber entscheidet, wer in der schönen neuen Digitaldisko mittanzen darf und wer eben nicht. Denn was nützt Hintertutzingen-TV eine Streaming App, die auf einem intelligenten Receiver schlicht nicht auffindbar ist? Gar nix. Die ganze Programmierarbeit umsonst, der Zuschauer bekommt seine Informationen aus der Region wieder nicht.
Und das ist nur ein Beispiel, welche Folgen es haben kann, wenn einzig der Anbieter den Zugang zu Angeboten „auswählt“. Ein Portal mit möglicher Marktbedeutung wie eben eines von HD Plus wirft Fragen auf, die ein einzelner Set-Top-Boxen- oder TV-Hersteller bislang so nicht beantworten musste. Schließlich ist hier der Zugang zum und über das Portal auch ein Verkaufsargument für eine monatliche (Zugangs-)Gebühr. Und somit ändert sich für mich auch der Geschäftszweck von HD Plus: Als ausschließliches Portal für den Empfang von HD Programmen angetreten, bohrt die Plattform nun auch noch in anderen Gebieten nach Öl.
Das kann auch das Kartellamt interessieren. Schließlich schlummert da noch ein Verfahren zum Thema Entavio, das nie seinen Abschluss gefunden hat. Selbst das einst positiv beschiedene kann wieder aufgenommen werden. Ob HD Plus beim Start des interaktiven Portals alle Regulierungshausaufgaben gemacht hat, wird sich zeigen. Im Interesse der betroffenen Hersteller, die das Portal in ihre Boxen integrieren, ist in jedem Falle ein guter Dialog mit den Medienhütern. Eine Rolle rückwärts würde schließlich weder beim Zuschauer Gefallen finden noch Hersteller erfreuen, die das Portal integrieren und sich in diesen Fragen auf den Plattformbetreiber verlassen.
Stefan Goedecke ist Herausgeber des Auerbach Verlags, der insgesamt 14 Zeitschriften, darunter DIGITAL FERNSEHEN, HD+TV, DIGITAL TESTED und BLU-RAY MAGAZIN, publiziert und auch den Online-Dienst DIGITALFERNSEHEN.de betreibt.[Kommentar von Stefan Goedecke, Herausgeber Auerbach Verlag]
Bildquelle:
- Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com