Kommentar: Die Zielgruppe – Eine TV-Währung verliert an Wert

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Wie schlägt sich ein TV-Sender im Vergleich zur Konkurrenz? Die Antwort darauf geben oftmals die erreichten Ergebnisse in der Zielgruppe. Doch um die Werte für die Werbung künstlich zu verschönern, legen die Sender ständig neue Zielgruppen fest – und entwerten damit ihre eigene Währung.

Für die TV-Sender ist die Zielgruppe eine entscheidende Größe: An ihr orientiert sich das Programmangebot und an ihr wird dessen Erfolg berechnet. Sie soll die Leistungen der einzelnen TV-Sender vergleichbar machen und lässt sich doch immer weniger vergleichen. Denn statt einer fest umrissenen Größe, die zumindest für die meisten TV-Veranstalter gilt und die sich somit vergleichen lässt, definiert jeder Sender eine eigene Altersspanne, die für ihn entscheidend ist. Ob nun von 15 bis 34, 14 bis 29, 49 bis 64 oder auch einfach nur 30 Plus – regelmäßig werden die Rosinen herausgepickt, neue Zielgruppen festgelegt und neue Jubelmeldungen veröffentlicht.

Vergleicht man einmal die Meldungen der einzelnen TV-Sender hinsichtlich ihrer Marktanteile, so sind sie auffälliger Weise immer alle Gewinner. Im Grunde kein Wunder, legt doch mittlerweile jeder selbst fest, welche Zuschauer für ihn von Interesse sind. Wenn sich beispielsweise ProSieben als Marktführer bei den 14- bis 29-Jährigen feiert, ist es für den Normalbürger fast unmöglich, den Vergleich zu machen.
 
Die AGF ermittelt die Zuschauerzahlen nur für das Gesamtpublikum ab drei Jahren und die sogenannte werberelevante Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahren. Hinzu kommt, dass viele Zuschauer Sendungen über Mediatheken oder Live-Streams im Internet konsumieren und bei der Quotenerhebung vollkommen unter den Tisch fallen. Alle anderen Zielgruppen werden in der Regel lediglich von den Sendern selbst bekannt gegeben – und das natürlich hauptsächlich dann, wenn es neue Rekorde zu vermelden gibt.
 
Für die Sender haben diese Eingrenzungen einen erheblichen Vorteil, denn die selbst festgelegten Zielgruppen sind im Grunde immer zu ihrem Vorteil. Spitzenmarktanteil von 30, 40 oder auch 50 Prozent sind für jeden Sender möglich, solang er sich die für ihn geeignete Altersspanne herauspickt. Solche positiven Zahlen sehen natürlich nicht nur für den Verbraucher gut aus, sie haben auch enorme Vorteile für die Werbewirtschaft, von der gerade die Privatsender leben. Immerhin lassen sich Werbestrecken deutlich besser verkaufen, wenn eine Sendung mit 35 Prozent Sehbeteiligung in der Zielgruppe beworben werden kann, statt mit 7,5 Prozent.
 
Blickt man allerdings auf die nackten Zahlen der AGF, die für alle Sender gleich erhoben werden, fällt auf, dass es nur vereinzelte Sendungen in den höheren zweistelligen Bereich schaffen. Aber selbst die bisherige Vergleichsgröße der fest definierten werberelevanten Zuschauer verliert bereits an Wert. Aufgrund des demographischen Wandels gewinnt vor allem das ältere Publikum zunehmend an Bedeutung. Ein Trend, dem sich auch die TV-Sender anpassen.
 
So erweiterte beispielsweise die Mediengruppe RTL ihre Zielgruppe erst in der vergangenen Woche um zehn Jahre auf die Zuschauer zwischen 14 und 59 Jahren. Bei ProSiebenSat.1 hält man dagegen am etablierten Marktstandard fest, auch wenn jeder einzelne Sender des Unternehmens seine ganz spezielle Zielgruppe ansprechen soll. Im Grunde ist diese Herangehensweise auch nicht verkehrt, immerhin muss sich jeder Sender auf dem Markt positionieren.
 
Am Ende bleibt allerdings die Frage, wie sinnvoll und praktikabel es noch ist, die Leistungen der TV-Senderin einer Zielgruppe zu vergleichen, wenn jeder nach Belieben seine eigene festlegt. Die TV-Veranstalter betreiben einen abstrusen Maskenball zur Umgarnung der Vermarkter, unter den letzendlich der Wert ihrer eigenen Währung zu leiden hat – denn mit dem Verlust der Vergleichbarkeit gibt es keinen einheitlichen Wechselkurs mehr. [Frances Monsheimer]

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1 Kommentare im Forum
  1. AW: Kommentar: Die Zielgruppe - Eine TV-Währung verliert an Wert Den Beitrag finde ich super und genau auf den Punkt gebracht. Oder um es mal anders umzumünzen: Vielleicht sollte ich auch damit anfangen mir ein eigenes Geld zu drucken? Allerdings würde es dann für mich einen strafrelevanten Einschlag nehmen. Bei den Sendern aber stellt das offenbar kein Problem dar. Die haben die Freiheit ihr eigenes Geld zu drucken. Na dann viel Vergnügen beim ausgeben des wertlosen Selbstdrucks. Kritisiere schon lange dass die Quotenmessung keine Substanz mehr hat. Aber langsam scheint es unvermeidlich und unumgänglich eine Generalreformation auch hier auf die neue Nutzersituation anzupassen.
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