Nach dem vierten Bericht der KJM zum Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien haben sich die Beschwerden zu Rundfunksendungen verfünffacht. Besonders Reality-Shows wie „Big Brother“ und Coaching-Formate wie die „Super Nanny“ standen in der Kritik.
Insgesamt sind im Berichtszeitraum von März 2009 bis Februar 2011 knapp 1 300 Beschwerden bei der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM)eingegangen. Auch die Zahl der Telemedienbeschwerden stieg mit 420 stark an, meldete die KJM am Mittwoch. Dabei lege der inhaltliche Schwerpunkt erneut auf Hinweisen zu pornographischen Inhalten sowie auf unzureichenden Zugangssystemen bei unzulässigen Inhalten.
Seit ihrer Gründung im April 2003 bis zum Ende des Berichtszeitraums im Februar 2011 hat sich die KJM mit mehr als 4 000 Prüffällen beschäftigt. Dabei stieg der Prüfaufwand, analog zur wachsenden Anzahl der Beschwerden, von Jahr zu Jahr. So befasste sich die KJM im letzten Berichtszeitraum mit knapp 230 Rundfunk- und 360 Telemedienfällen. Darüber hinaus nahm die Kommission zu rund 370 Internetangeboten im Rahmen eines Indizierungsverfahrens bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) Stellung und reichte selbst etwa 450 Indizierungsanträge bei der BPjM ein.
In den letzten zwei Jahren wurde in der Öffentlichkeit beispielsweise stark über die Real-Life-Formate „Erwachsen auf Probe“ (RTL) oder „Tatort Internet“ (RTL 2) diskutiert, so die Kommission. Auch die RTL-Sendung „Super Nanny“ hatte gerade in den vergangenen Woche für Aufsehen gesorgt. Für den Direktor der nordrhein-westfälische Medienaufsicht Jürgen Brautmeier ist eine umstrittene Szene aus der RTL-Reihe prädestiniert für ein ein Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zur Menschenwürde im Fernsehen (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete).
Im Bereich des Internets bildeten Angebote mit pornografischen Darstellungen nach wie vor den Schwerpunkt der Prüftätigkeit. Bei der Verteilung der Telemedienverstöße stellte die Kommission jedoch auch eine Veränderung fest.
So stellen fast ebenso viele Angebote Verstöße wegen entwicklungsbeeinträchtigender Inhalte dar. Zu diesem Bereich fallen unter anderem problematische Foren wie „Pro-Ana-Foren“, „Sauf-Foren“, „Ritzer-Seiten“ oder „Suizid-Foren“, in denen Ess-Störungen, Alkoholmissbrauch, Selbstverletzungen oder Selbstmord positiv dargestellt und befürwortet werden. Die Kommission prüfte verstärkt auch Onlinespiel-Angebote.
Die Arbeit der KJM wurde im Berichtszeitraum stark von der gescheiterten Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) geprägt. So erarbeitet die Kommission mehrere Stellungnahmen zu den vorgesehen Neuerungen und führte Gespräche mit den verschiedenen Akteuren.
Die KJM baut seit ihrer Gründung nicht nur auf die Prüfung der Angebote sondern auch auf einen konstruktiven Dialog und Transparenz ihrer Entscheidungen. Um die wichtigen Diskussionen zu intensivieren, suchte die KJM jüngst auch den Dialog mit der „Netzgemeinde“.
Dabei sieht die Kommission populistischen Forderungen, gerade in Bezug auf den Jugendschutz im komplexen Medium Internet, als kontraproduktiv. Um Kinder und Jugendliche weiter zu schützen, setzt die KJM daher auch in Zukunft auf den Dialog. [frt]
Bildquelle:
- Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com