Computer- und Videospiele sind längst keine Nischenunterhaltung mehr – davon konnten sich die Besucher der weltgrößten Messe für Unterhaltungssoftware E3 in Los Angeles in diesen Tagen überzeugen. Doch die ganz großen Neuheiten blieben diesmal aus.
Riesige Plakate zieren die Hochhäuser, und zehntausende Besucher bestimmen die Filmstadt Los Angeles in Kalifornien zur weltgrößten Spielemesse E3. Die drei größten Unternehmen der Videospielbranche, Microsoft, Sony und Nintendo, präsentierten sich jedoch bescheiden. Vielleicht auch, weil es dieses Jahr keine wirklich großen Überraschungen und Innovationen gab, sondern vielfach nur Erweiterungen und Verbesserungen – und von Sony eine Entschuldigung.
„Jetzt geht es um Wachstum und Innovation“, sagte Microsoft-Manager Don Mattrick. Für die Ankündigungen des Softwarekonzerns bedeutet das die technische Weiterentwicklung der Bewegungssteuerung „Kinect“. Microsofts Xbox 360 soll nicht länger eine reine Videospielkonsole sein, sondern auch Zentrum des Wohnzimmers. „Dafür muss die Technologie verschwinden“, erklärt Mattrick. Was er damit meint: Das Gerät wird nicht länger mit einer Fernbedienung bedient, sondern mit Sprachsteuerung.
In Zukunft wird es möglich sein, die Xbox 360 ausschließlich mit der Stimme zu steuern. Damit aus der Videospielkonsole Xbox 360 ein ganzheitliches Wohnzimmergerät wird, will Microsoft ab 2011 zehn Mal mehr digitale Inhalte als Download anbieten. Das ist nicht neu, allerdings werden neben Filmen und Musik in Zukunft auch Fernsehsender über die Konsole zu empfangen sein. Damit dies nicht nur für den amerikanischen Markt gilt, verspricht Mattrick, dass sich auch internationale Sender an dem Angebot beteiligen werden. Die Verhandlungen laufen derzeit, damit ab Herbst jede Xbox-Konsole auch zu einem Fernsehempfänger werden kann. Ob auch Deutschland zu den Märkten gehört, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch aus.
Angebote wie Netflix, Hulu Plus und der Sportsender ESPN sind auch weiterhin nur in den USA zu empfangen. Kooperationen mit großen TV-Sendern wie mit Sky TV in England oder Canal plus in Frankreich fehlen bislang für Deutschland.
Dass die neue Technik Kinect aber ein Verkaufserfolg ist, zeigen die Zahlen: 10 Millionen verkaufte Sensoren seit Markteinführung im November 2010. Im ersten Quartal 2011 verkaufte Microsoft 2,7 Millionen Konsolen, was für das Unternehmen das erfolgreichste Verkaufsquartal in der Geschichte der Konsole darstellt.
Das japanische Unternehmen Sony muss sich derzeit mit schweren Angriffen auf seine Netzwerke und Sicherheitslücken auseinander setzen. Die diesjährige E3 steht für Sony deswegen ganz im Zeichen der Entschuldigung. „Sicherheit und Unterhaltung haben höchste Priorität“, sagt Jack Tretton, Präsident von Sony Nord America zu den Ausfällen und Datenverlusten der letzten Monate. Trotzdem habe man nicht das Vertrauen in das Playstation-Netzwerk verloren. Sony werde auch in Zukunft das Netzwerk nutzen, um alle Geräte des Konzerns noch stringenter miteinander zu verbinden, so Tretton.
Und genau diese Verbindungsmöglichkeiten demonstriert das lang erwartete Update der portablen Konsole PSP. Unter dem Namen PSVita ist das Gerät zum Herbst 2011 ab 249 Euro auch in Deutschland erhältlich. Es verfügt über einen hochauflösenden Bildschirm, einen Touchscreen und eine berührungsempfindliche Rückseite, sowie die mittlerweile obligatorischen Videokameras. „In Zukunft wird es möglich sein, dass alle Systeme übergreifend miteinander kommunizieren können“, erklärt Kazuo Hirai, President von Sony Computer Entertainment. Abschließend fügte auch er eine Entschuldigung für die Ausfälle hinzu.
Systemübergreifende Verbindungen sind auch Anlass der Neuvorstellung von Nintendo. Chefentwickler Shigeru Miyamoto lüftete das Geheimnis um die neue Konsole, die seit einiger Zeit unter dem Namen „Project Cafe“ die Gerüchteküche im Internet anheizte. „Wii U ist eine völlig neue Art, eine Konsole zu steuern“, erklärt der Erfinder der Videospielfigur Mario. Nintendo bemühe sich darum, Fernsehen, Spielen und Unterhaltung näher zusammen zu bringen. So sei es in Zukunft nicht mehr nötig, den Fernseher zu benutzen, um ein Spiel zu spielen, sondern es reiche, dass der neue Controller mit einem Touchscreen ausgestattet ist. „Sollte jemand fernsehen wollen, während Sie gerade spielen, so können Sie einfach das Spiel auf ihrem Schoß fortsetzen“, erklärt Miyamoto das Konzept.
Die Wii sei ein Gerät gewesen, das Altersgrenzen überwunden und Menschen zu Videospieler gemacht hat, sagt Miyamoto. Mit Wii U sollen die lang vernachlässigten Hardcore-Videospieler wieder angesprochen werden. Nintendo bemühe sich darum, diese wieder als Zielgruppe zu gewinnen. Eine ausführliche Vorstellung der Wii U folgt im Laufe des Abends auf DIGITAL FERNSEHEN.
Die weiteren Vorstellungen von Nintendo sind gewohnte Fortsetzungen und Neuauflagen erfolgreicher Videospiele. „Mario, Starfox und Zelda werden speziell für den Nintendo 3Ds angepasst“, sagt Reggie Fils Amie, Präsident von Nintendo USA und beschreibt damit die Bestrebungen des japanischen Unternehmens, die brillenlose 3D-Technik weiter im Markt zu positionieren. [Thilo Mischke]
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