Der größte deutsche Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland hat gegenüber DIGITALFERNSEHEN.de die Entscheidung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ARD und ZDF kritisiert, ab dem Jahr 2013 keine Einspeiseentgelte mehr an die deutsche Kabelbranche zu zahlen.
„Aktuell entrichten alle TV-Sender Einspeiseentgelte für die Verbreitung bei Kabel Deutschland, so auch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Im Vergleich zu Satellit oder DVB-T zahlen ARD und ZDF für die Verbreitung im Kabel pro Haushalt am wenigsten“, erklärte Kabel-Deutschland-Sprecher Marco Gassen auf Anfrage der Redaktion. Darüber hinaus sei lediglich das Kabel in der Lage, die regionalen Angebotsstrukturen der ARD abzubilden.
Das Kabel stelle die „reichweitenstärkste und gleichzeitig günstigste TV-Infrastruktur“ für die öffentlich-rechtlichen Sender, so der Unternehmensvertreter weiter. Hinzu komme, dass ausschließlich die Kabelnetzbetreiber finanziell zusätzlich in die Pflicht genommen würden, Urheberrechtsentgelte an ARD und ZDF abzuführen.
Die Mischfinanzierung, mit der sich Kabelnetzbetreiber anders als bei anderen Empfangswegen durch monatliche Zahlungen der Kunden einerseits und Einspeiseentgelte der Sender andererseits gleich zweimal Geld ins Haus holen, bezeichnete Gassen als „langjährig bewährtes Erfolgsmodell“. Außerdem könne man dadurch die Kosten für den Endkunden „günstig halten“. Im internationalen Vergleich zähle der deutsche Markt zu den preiswertesten. Außerdem biete man „das europaweit vielfältigste Free TV- und Hörfunkangebot“.
„Es ist für uns somit unverständlich, dass die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten künftig nichts mehr für die Verbreitung im Kabel zahlen wollen, gleichzeitig aber weiterhin wie selbstverständlich für die Verbreitung in den Infrastrukturen Satellit und DVB-T Entgelte entrichten“, echauffierte sich Gassen. Die Rundfunkanstalten nutzten somit ihre gesetzliche Vorrangstellung („must carry“) und ihre überragende Marktmacht zur Diskriminierung des Kabels.
„Gebührenfinanzierung soll Programmverbreitung sichern, nicht torpedieren. Die Kabelnetzbetreiber dürfen nicht durch ein einseitiges Diktat gezwungen werden, ihre Leistungen zu verschenken – noch dazu an jemand, der durch öffentliche Gelder finanziert wird“, sparte er nicht an Kritik.
Hintergrund des Konflikts ist die im Januar bekanntgewordene Entscheidung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ARD und ZDF, ihre bisherigen Zahlungen von 60 Millionen Euro jährlich an die bundesdeutschen Kabelnetzbetreiber einzustellen (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete).
Gassen hofft für Kabel Deutschland noch auf eine gütliche Einigung: „Unser Ziel ist die Fortsetzung der guten vertraglichen Beziehungen über das Jahr 2012 hinaus. Dazu bieten wir den öffentlich-rechtlichen Sendern baldige Gespräche an“. Die Einspeiseverträge der vergangenen Jahre und Jahrzehnte seien immer „nach intensiven und konstruktiven Gesprächen“ erzielt worden. Bis dato hätten diesbezüglich keine neuen Verhandlungen stattgefunden.
Das Scheitern einer Übereinstimmung könnte für Kabelkunden unerfreuliche Konsequenzen haben. ARD und ZDF schicken am 1. Mai im Anschluss an die Abschaltung der analogen Satellitenausstrahlungen auf Astra 19,2 Grad Ost insgesamt zehn neue hochauflösende Ableger auf Sendung. Kabelnetzbetreiber hatten sich zuletzt aufgrund des Streits um die Einspeiseentgelte bezüglich einer Verbreitung der neuen HD-Sender zurückhaltend gezeigt (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete). [ar]
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