Das Bundeskartellamt will die 3,2 Milliarden Euro schwere Übernahme von Kabel BW durch den US-Medienkonzern Liberty Global einer vertieften Prüfung unterziehen. Experten erwarten, dass der Kabeldeal damit auf der Kippe steht.
„Angesichts der Komplexität des Falles werden wir wahrscheinlich vertieft prüfen“, sagte eine Sprecherin des Bundeskartellamts am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Aufgrund der grundsätzlich kritischen Haltung der Behörde zu Fusionen in der Kabelbranche seien damit die Chancen auf die Übernahme von Deutschlands drittgrößtem Netzbetreiber nachhaltig gesunken, hieß es in dem Bericht.
Aufgrund der Gesamtumsätze der beteiligten Konzerne unterlag das Vorhaben zunächst der Europäischen Fusionskontrolle und war Mitte April bei der Europäischen Kommission angemeldet worden. Das Bundeskartellamt hatte daraufhin im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie einen Antrag bei der Europäischen Kommission gestellt, den Fall zur Fusionskontrollprüfung an Deutschland zu verweisen.
Nach Einschätzung des Bundeskartellamtes beschränken sich die Auswirkungen des Zusammenschlusses ausschließlich auf Deutschland. Außerdem sei das Bundeskartellamt mit den betroffenen Märkten und Marktteilnehmern durch eigene Ermittlungen in zahlreichen Verfahren vertraut, hieß es zur Begründung.
Eine vorläufige Untersuchung der Europäischen Kommission hatte Mitte Juni ergeben, dass die geplante Übernahme von Kabel BW den Wettbewerb auf dem Markt für Free-TV-Endkundendienste für Wohnungsbaugesellschaften in Deutschland erheblich zu beeinträchtigen drohe. Obwohl die regionalen Kabelbetreiber gegenwärtig nicht miteinander im Wettbewerb stünden, könne nicht ausgeschlossen werden, dass dies auf eine Abstimmung der Betreiber untereinander zurückzuführen sei.
Die von US-Medienmogul John Malone geführte Liberty Global Europe Holding plant, Kabel BW aus den Händen des Finanzinvestors EQT zu übernehmen. Der Kaufvertrag war im Mai unterzeichnet worden. Die ebenfalls interessierte Venture-Capital-Gesellschaft CVC war als Bewerber in buchstäblich letzter Sekunde ausgestochen worden. Zum Malone-Imperium gehört in Deutschland bereits der in Nordrhein-Westfalen und Hessen aktive Anbieter Unitymedia.
Sollte der Deal scheitern, würde Kabel BW bei der Investmentbank JPMorgan zwischengeparkt. Erlöst die Bank bei einem dann fälligen Weiterverkauf weniger als die vereinbarten 3,2 Milliarden Euro, trägt Liberty das finanzielle Risiko, wie Reuters unter Berufung auf „mehrere mit der Transaktion vertrauten Personen“ berichtete.
Die Prüfung des Kabel-BW-Deals durch die deutschen Kartellhüter kann bis zu drei Monate in Anspruch nehmen. Damit würde Mitte November eine Entscheidung bekanntgegeben. Liberty-Global-Chef Mike Fries hatte sich zuletzt optimistisch gezeigt, die Transaktion zum Jahresende abschließen zu können. Man befinde sich „auf einem guten Weg“, hieß es bei Vorlage der Bilanzzahlen (DIGITAL FERNSEHEN berichtete
[ar]
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