
Jeder Haushalt in Deutschland ist verpflichtet, seinen Runfunkbeitrag zu zahlen. Das stößt auch auf Kritik. Einige sprechen sogar von staatlich verordneter Berichterstattung. Stimmt das?
Kritiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland nehmen immer wieder die Finanzierung von ARD, ZDF und Deutschlandradio ins Visier. Es wird behauptet: Der von jedem Haushalt zu zahlende Rundfunkbeitrag von derzeit 17,50 Euro im Monat sei eine Zwangsgebühr, mit der angeblicher Staatsfunk finanziert werde.
BEWERTUNG: Richtig ist, dass es sich im Grundsatz zwar um eine verordnete Abgabe handelt. Falsch aber ist, dass damit in Deutschland ein „Staatsfunk“ finanziert wird. Vielmehr wird damit eine vom Staat unabhängige Berichterstattung sichergestellt.
FAKTEN: In Deutschland herrscht Rundfunkfreiheit. Das heißt: Alle Fernseh- und Radiosender haben wegen der grundgesetzlich garantierten Presse-, Informations- und Meinungsfreiheit ein Recht dazu, ihre Programme eigenständig zu bestimmen und Inhalte selbst zu wählen.
Als Staatsfunk werden in der Regel Sender in autoritären Ländern bezeichnet, deren Zweck vor allem die Verbreitung der Propaganda der jeweiligen Regierung ist. Nach dem Grundgesetz ist ein Eingriff von Staat, Parteien, Unternehmen oder anderen gesellschaftlichen Gruppen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verboten.
Die Rundfunkräte werden mit Vertretern gesellschaftlich relevanter Gruppen besetzt. Dazu gehören neben Religionsgemeinschaften, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften oder dem Kulturbetrieb auch Parteien – darunter auch die AfD, die immer wieder gegen den Rundfunkbeitrag wettert. Über die Rundfunkgesetze soll sichergestellt werden, dass den Gremien nicht zu viele Vertreter von Politik und Staat angehören. Die Räte genehmigen den Haushalt, wählen den Intendanten und überwachen, ob der gesetzliche Auftrag erfüllt wird.
Der Rundfunkstaatsvertrag wiederum regelt grundsätzlich die Unabhängigkeit aller privaten und öffentlich-rechtlichen Sender. Demnach sind sie „der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung sowie der Meinungsvielfalt verpflichtet“. Das bedeutet nicht, dass jedes einzelne Format oder jeder Bericht alle gesellschaftlichen Meinungen gleichzeitig abbilden muss. In Sendungen wie den politischen TV-Talkshows können allerdings Mitglieder aller Bundestagsparteien ihre Meinung offen vorbringen.
Der Rundfunkbeitrag ist sogar ein Zeichen der Staatsferne. Er soll gerade sicherstellen, dass die Sender nicht von politischen oder wirtschaftlichen Interessen abhängig werden. Für ARD, ZDF und Deutschlandradio sind die Zahlungen der Haushalte – 2017 insgesamt 7,97 Milliarden Euro – die Haupteinnahmequelle und nicht Steuergelder wie zum Beispiel beim Auslandrundfunk Deutsche Welle.
In anderen Ländern gilt ein ähnliches öffentlich-rechtliches System wie in Deutschland. Die Schweizer entschieden sich erst im März für die Beibehaltung ihres Beitrags. Auch in Österreich und Großbritannien muss jeder Haushalt einen Festbetrag im Monat zahlen. In den Niederlanden oder Spanien werden Öffentlich-Rechtliche dagegen aus Steuern finanziert. Diese Variante trägt aus Sicht von Kritikern die Gefahr der Abhängigkeit von der Regierung in sich.ARD und ZDF begrüßen Urteil zum Rundfunkbeitrag
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Rundfunkbeitrag hätte nach Einschätzung des ARD-Vorsitzenden Ulrich Wilhelm nicht klarer ausfallen können. „Sie schafft nun auch europarechtlich Rechtssicherheit“, sagte Wilhelm laut einer Mitteilung. Nach Ansicht des ZDF-Intendanten Thomas Bellut ist der Rundfunkbeitrag „nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Juli jetzt auch in der Europäischen Union abgesichert.“
In der nun geklärten Frage wollte das Landgericht Tübingen vom EuGH unter anderem geklärt wissen, ob der Rundfunkbeitrag eine verbotene staatliche Beihilfe für den SWR und das ZDF sei. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Rundfunkbeitrag schon im Juli nicht grundsätzlich beanstandet und das Beitragsmodell für verfassungsgemäß erklärt. [Sebastian Fischer, dpa]
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