Die Leipziger Kinowelt-Gruppe zieht nach Berlin und benennt sich künftig nach der französischen Mutter Studiocanal. Künftig wolle das Unternehmen noch stärker im Konzert der Großen mitspielen, sagt Geschäftsführer Wolfgang Braun (57) im Interview.
Kinowelt verleiht Filme, handelt mit Lizenzen, verkauft DVDs und ist Koproduzent von Kinofilmen. Nach acht Jahren in Leipzig erfolgt nun der Umzug mit rund 100 Arbeitsplätzen nach Berlin. Warum?
Wolfgang Braun: Als europäisches Filmstudio suchen wir mehr kreatives Potenzial, belebende Elemente, Wettbewerb und Dienstleister in dieser Branche als uns das schöne Leipzig bieten konnte. Da kam nur München oder Berlin als Standort infrage – mit Blick in die Zukunft ist die Hauptstadt sicher die richtige Entscheidung. Für unsere Mitarbeiter ist es auch leichter, von Leipzig nach Berlin zu ziehen, als nach München. Ich bin froh, dass eine große Mehrheit mitkommt.
Gleichzeitig ändern Sie den Namen in Studiocanal. Fürchten Sie nicht um den Wiedererkennungswert?
Braun: Wir sind seit 2008 Teil der Mediengruppe Studiocanal in Frankreich, die ihrerseits über die Mutter Canal+ zur Vivendi-Gruppe gehört, einem der größten Medienunternehmen weltweit. Uns geht es darum, auf dem Markt einheitlich aufzutreten und nicht mit unterschiedlichen Marken in Großbritannien, Frankreich und Deutschland zu operieren – unsere Stärken bleiben ja bestehen und für die Kunden bleibt die Marke „Arthaus“ für unsere besonderen Filme erhalten.
Welche Strategie verfolgen Sie künftig von Berlin aus?
Braun: Wir sehen uns als europäisches Filmstudio und wollen ähnlich wie die Hollywood-Riesen Disney, Fox, Warner arbeiten. Dazu gehört es, mehr große Filme einzukaufen, wie „The Tourist“ von Oscar-Preisträger Florian Henckel von Donnersmarck mit Johnny Depp und Angelina Jolie oder mit dem aktuellen Film „Larry Crowne“ mit Tom Hanks und Julia Roberts. Nächstes Jahr haben wir die Verfilmung des Jugendbuch-Bestsellers „Die Tribute von Panem“, ein Riesenprojekt. Aber wir wollen auch mehr koproduzieren und in Deutschland wollen wir mit den besten Fachleuten zusammenarbeiten und koproduzieren gerade „Anleitung zum Unglücklichsein“ mit Johanna Wokalek, Iris Berben, David Kross und Richy Müller. International sind wir an der europäischen John-le-Carré-Verfilmung „Dame, König, As, Spion“ mit Oscar-Preisträger Colin Firth beteiligt.
Eine prominente Besetzung ist aber noch keine Erfolgsgarantie – wie „The Tourist“ zeigt. Der Film wurde von der Kritik verrissen…
Braun: Trotzdem sind wir sehr zufrieden mit den Kinobesucherzahlen von fast 1,3 Millionen. Und auch auf DVD und Blu-ray hat sich der Film sehr gut verkauft. Wir haben weltweit eines der besten Ergebnisse mit dem Film gemacht. Mit Kritik muss man immer leben, das Publikum jedenfalls war zufrieden. Wir würden gerne wieder mit Florian Henckel von Donnersmarck zusammenarbeiten.
Eine persönliche Frage: Werden Sie zum Stichtag 1. September auch nach Berlin umziehen?
Braun: Ich bleibe Pendler. Bisher fliege ich zwischen München und Leipzig hin und her, künftig ein Stückchen weiter nach Berlin. Aber dort werde ich auch mal das eine oder andere Wochenende bleiben – die perfekte Ergänzung zum Leben in München mit den nahen Bergen.INTERVIEWs im Überblick
[Rolf Westermann]
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