Der von den Öffentlich-Rechtlichen bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs angemeldete Mehrbedarf hat für viel Aufregung gesorgt. VPRT-Vorstandsvorsitzender Jürgen Doetz begrüßt im Gespräch mit DIGITALFERNSEHEN.de die Entscheidung der KEF, die Gebühren stabil zu halten.
Die KEF hat am vergangenen Donnerstag zwar einen höheren Finanzbedarf der Öffentlich-Rechtlichen anerkannt, jedoch vorläufig eine Empfehlung ausgesprochen, die Rundfunkgebühren auf dem derzeitigen Stand in Höhe von 17,98 Euro monatlich zu belassen.
Herr Doetz, es steht zu erwarten, dass das Gebührenvolumen aufgrund der Umstellung auf die Haushaltsabgabe ab 2013 steigen wird. Die Öffentlich-Rechtlichen werden also trotzdem mehr Geld bekommen. Halten Sie das für gerechtfertigt?
Jürgen Doetz: Ich halte es für vernünftig, wenn die KEFan der bisherigen Gebührenhöhe für die nächsten zwei Jahre festhalten und dann eine Evaluierung auf Basis des Gebührenaufkommens nach dem neuen Rundfunk-Abgabenmodell durchführen will. Wir sehen grundsätzlich erhebliche Einsparpotenziale bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten. Und wir brauchen endlich eine konkrete Festschreibung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags, an dem sich der Bedarf für die Anstalten dann messen lassen muss.
Die Gebührenanmeldung durch die Öffentlich-Rechtlichen ist an gewisse Regelungen gebunden. Unter anderem an bestimmte Termine. In einem Medienbericht werden Sie zitiert, dass sie die Gebührenanmeldung „vollkommen überzogen und politisch unklug“ finden. Können Sie das präzisieren?
Doetz: Eine solche Gebührenerhöhung anzumelden und damit die vom VPRT immer wieder kritisierte Expansion in Gebühren zu meißeln, ist gleichermaßen ein Affront gegenüber den Gebührenzahlern und eine Ohrfeige für die Politiker, die sich derzeit für ein neues Finanzierungsmodell engagieren. Der damit verbundene Vertrauensvorschuss, dass die Haushaltsabgabe im Ergebnis nicht zu einer Erhöhung der Rundfunkgebühren führen würde, wird verspielt. Die Anstalten haben damit riskiert, dass die bekannt gewordenen Zahlen zum Torpedo für den derzeit in einigen Bundesländern noch nicht verabschiedeten Beitragsstaatsvertrag werden können.
Wenn der höhere Gebührenbedarf tatsächlich besteht – und die KEF hat einen leicht erhöhten Bedarf schon allein aufgrund des Inflationsausgleichs festgestellt – müssen ARD und ZDF diesen Bedarf auch anmelden. Inwiefern sind ARD und ZDF damit dem Sparwillen schuldig geblieben?
Doetz: Das ist die Logik von ARD und ZDF, aber nicht der objektive Blick auf die Fakten. Wenn Sie den Betrag von rund 1,5 Milliarden Euro nehmen, kommen Sie ohne entsprechende Taschenspielertricks auf deutlich höhere Beträge als einen Inflationsausgleich.
Und anmelden müssen die Anstalten gar nichts. Anders als private Medienunternehmen – egal ob TV- und Radiosender oder Verlage – hat es bei den gebührenfinanzierten Sendern noch keine wirklichen Einsparanstrengungen gegeben. Diese wären angesichts der aus dem Ruder laufenden Kosten aber mehr als angezeigt.
Mal ganz direkt gefragt: An welchen Stellen können die Öffentlich-Rechtlichen noch das Budget herunterschrauben? Wo werden Leistungen erbracht, die Ihrer Meinung nach nicht mit dem Grundversorgungsauftrag in Einklang zu bringen sind?
Doetz: Wir sind sicherlich nicht die Sparkommissare für ARD und ZDF. Trotzdem hat der VPRT hat im letzten Jahr auf Grundlage der bekannten Zahlen ein Einsparpotenzial von rund einer Milliarde Euro geschätzt. Davon entfielen 145 Millionen Euro auf Peronalkosten, nachdem die ARD dies als Kosten für Neueinstellungen veranschlagt hatte, die angesichts von über 50 000 Mitarbeitern nicht nachvollziehbar sind. 600 Millionen Euro halten wir im Programmbereich für realisierbar, etwa durch die Reduzierung der Telemedienangebote sowie im Sport- und Filmbereich oder die Zusammenlegung von Digitalkanälen. Und mindestens 300 Millionen Euro um Bereich technischer Übertragungskosten.
Wie beurteilen Sie die Pläne von ARD und ZDF, unter dem Arbeitstitel „Germany’s Gold“ eine kommerzielle Mediathek aufzubauen. Räumen Sie dem Projekt kartellrechtlich die Chancen auf Genehmigung ein, nachdem ProSiebenSat.1 und RTL mit einem ähnlichen Vorhaben ausgebremst wurden?
Doetz: Kommerzielle Tätigkeiten bei ARD und ZDF unterliegen – auch aus Brüssel – strikten Auflagen zu absoluter Transparenz und können nicht durch die Hintertür die Grenzen des Auftrags verschieben. Oberster Grundsatz ist der lückenlose Nachweis, dass dabei kein Cent aus dem Gebührentopf für deren Finanzierung missbraucht wird. Die bisherigen Ankündigungen „Germany’s Gold“ sind bislang weder rechtlich noch tatsächlich belastbar, da zur Ausgestaltung der Plattform und zur Art der Finanzierung viele Fragen offen sind. Kartellamt und Rechtsaufsicht sind daher jetzt besonders gefordert.
Vielen Dank für das Gespräch![Interview: Jana Skoupy und Alexander Rösch]
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