Im Herbst wird Dr. Jürgen Brautmeier sein Amt als Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) niederlegen. Für seinen Nachfolger sieht er weiterhin als wichtigste Aufgabe an, eine Balance zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk herzustellen.
Herr Dr. Brautmeier, am 30. September 2016 endet offiziell Ihre Amtszeit als Direktor der Landesmedienanstalt in Nordrhein-Westfalen. Da Sie Historiker sind, gleich zu Beginn die Frage: Wenn Sie einen Blick zurück werfen, was hat sich in den vergangenen sechs Jahren in unserer Medienlandschaft am eindrucksvollsten, was am nachhaltigsten verändert?
Dr. Jürgen Brautmeier: Medienthemen werden in immer größerer Geschwindigkeit gesetzt, oft genug sind sie technisch initiiert. Das heißt für die Medienregulierung: Wir müssen schnell bewerten können, wie wir Themen insgesamt nachhaltig bearbeiten und welche Themen wir selbst in die Debatte bringen. An unseren Grundaufgaben hat sich zunächst nichts geändert: Die Sicherung von Vielfalt sowie der Schutz der Menschenwürde und der Jugendschutz stehen ganz oben. Ein anderes „Metathema“ ist für mich die Wiederherstellung der Balance zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk. Hier hat sich enorm viel zu Lasten der privaten Veranstalter verschoben. Früher gab es eine ausgeglichene Balance, die gibt es meiner Ansicht nach so nicht mehr. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Netzneutralität, ein Thema, bei dem wir in der öffentlichen Debatte, wie ich finde, mit unserer Argumentation („Keine Überholspuren im Netz für finanzstarke Anbieter!“) von Anfang an gut präsent waren.
Es gab viele Diskussionen, ob Ihr Nachfolger mal dem Berufstand der Juristen entspringen müsse. Sie haben viele Kollegen der anderen Medienanstalten kennen gelernt. Sind Rechtswissenschaftler die besseren Direktoren einer Landesmedienanstalt?
Brautmeier: Es wird niemanden wundern, wenn ich hier mit einem klaren „Nein“ antworte. Schauen Sie sich die Geschichte der Medienaufsicht in Deutschland und ihrer handelnden Persönlichkeiten an: Es waren immer einzelne Personen mit ganz unterschiedlicher Ausbildung und Eignung, die im Verbund mit anderen die Schwerpunkte gesetzt haben. Ein Blick auf die LfM in Nordrhein-Westfalen zeigt, dass sie auch ohne einen Juristen oder eine Juristin an der Spitze seit fast 30 Jahren erfolgreiche Arbeit macht. Die strittige gesetzliche Regelung, auf die Sie anspielen, halte ich nach wie vor für falsch.
Ihr Vorgänger war Theologe, auch ein ehrenwerter Berufsstand. Ist es vielleicht sogar hilfreich, auch ein wenig Glaube und Spiritualität mitzubringen, um die Medienlandschaft ethisch wertvoll mitzuformen?
Brautmeier: Eine auch unter ethischen Gesichtspunkten funktionierende Medienlandschaft ist eines der Ziele, denen wir alle insgesamt verpflichtet sind. Man braucht Klarheit über die Ziele, für die es sich zu kämpfen lohnt.
Würden Sie denn noch mal Direktor der LfM werden wollen?
Brautmeier: Ich stehe bis zum Ablauf meiner Amtszeit weiter zur Verfügung und werde bis dahin versuchen, wie gewohnt mein Bestes zu geben. Ich hätte auch gerne weitergemacht, denn es stehen spannende Herausforderungen an, für die ich die LfM gut gerüstet sehe und an denen ich gerne weiter mitgewirkt hätte. Ich gehe nicht freiwillig, aber Sie kennen vielleicht den Satz, den die Weise Maz Kanata in Episode VII von Star Wars der jungen Heldin des Films für den Kampf gegen die dunkle Seite der Macht mit auf den Weg gibt: „Die Berufung, auf die du wartest, meine Liebe, liegt nicht hinter dir, sie liegt voraus.“
Das Internet dominiert nicht nur in unserer Medienwelt, sondern auch den sozialen Umgang immer mehr und macht vor Landesgrenzen nicht Halt. Sind Landesmedienanstalten, so wir wie sie heute kennen, überhaupt noch zeitgemäß? Was muss sich konkret verändern und der Zeit anpassen?
Brautmeier: Ich bin überzeugt davon, dass Medienanstalten zeitgemäß sind. Wir haben ja in den vergangenen Jahren unserer Arbeitsweise als Gemeinschaft den Entwicklungen angepasst. Denken Sie an die Gemeinsame Geschäftsstelle in Berlin, an die Einrichtung der übergeordneten Fachausschüsse, die wichtige Fragen der Regulierung für die Gemeinschaft bearbeiten. Niemand muss heute vierzehn Medienanstalten gesondert anschreiben, wenn er Fragen hat. Neben der zentralen Anlaufstelle in Berlin halte ich aber die regionale Verankerung in den Ländern mit dafür verantwortlich, dass es in Deutschland eine funktionierende Aufsicht und eine auch international hochgepriesene Programm- und Anbietervielfalt gibt. Das Zusammenspiel macht den Unterschied aus.
Letzte Frage: Sollte das nächste LfM-Direktorium in Düsseldorf lieber wieder mit einem Westfalen oder besser mal mit einem Rheinländer besetzt werden?
Brautmeier: Auf jeden Fall sollte mein Nachfolger nie den Sinn für Humor verlieren. Allein aus diesem Grunde wäre ein Westfale eine Idealbesetzung, aber auch Rheinländer sollen da ja, so wird immer wieder behauptet, etwas vorzuweisen haben!
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