
Sulzbach – Die gestern bekannt gewordene Abschaltung von Pro Sieben HD und Sat.1 HD hat die Hersteller von HDTV-Receivern schwer getroffen. Im Interview mit DIGITAL FERNSEHEN konnte der Homecast-Manager Andreas Burmberger seinen Frust nur schwer im Zaum halten.
Burmberger ist verantwortlich für die technische Entwicklung, den Support und das Marketing des koreanischen Herstellers in Deutschland und ein ausgewiesener Kenner des deutschen Markts für Set-Top-Boxen.
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Burmberger, wie hat Homecast die Einstellung von Pro Sieben HD und Sat.1 HD aufgenommen? Ist dieser Rückzug aus Ihrer Sicht nachvollziehbar?
Andreas Burmberger Unsere Verkaufszahlen im Bereich der HDTV-Receiver sprechen eine deutlich andere Sprache und zeigen einen großen Bedarf an HD-Programmen. Da dieses Thema auch von den Öffentlich-rechtlichen sehr stiefmütterlich behandelt wird, will man offensichtlich Kosten einsparen. Statt die Chance zu nutzen, sich hier abzugrenzen, verspielt ProSiebenSat.1 eine große Gelegenheit.
DF: Was bedeutet der HDTV-Rückzug von ProSiebenSat.1 für die Entwicklung des hochauflösenden Fernsehens in Deutschland?
Burmberger: Für HDTV ist es ein Rückschlag. Wie soll ein Hersteller wie wir den Verbraucher motivieren, wenn die Glaubwürdigkeit neuer Technologien immer wieder an Boden verliert? Der Kunde zieht sich zurück und wartet ab. Die Nachfrage lässt sich im Fall von HDTV nicht nur durch die Industrie steuern, der Käufer muss auch einen Nutzen erkennen können.
DF: Welche Konsequenzen erwarten Sie ganz speziell für Homecast?
Burmberger: Das müssen Sie sich mal vorstellen: Seit zwei Jahren setzen wir in Entwicklung und Vermarktung auf HDTV. Und jetzt fehlen uns die Argumente, die fortschrittlichen HDTV-Festplattenreceiver an den Kunden zu bringen. Warum sollte sich jemand für einen HDTV-Festplattenrecorder entscheiden, wenn er ein SD-Gerät für einen Bruchteil des Preises haben kann?
DF: Was ist mit dem Argument, dass noch zu wenige HDTV-Receiver im Markt sind?
Burmberger: Das ist völliger Blödsinn. Die HDTV-Boxen sind da, die „HD ready“-Fernseher sind da. Wenn denn nun die Content-Anbieter keinen Sinn in HDTV-Inhalten sehen, sind sie selbst Schuld.
DF: ProSiebenSat.1 argumentiert, dass den deutschen TV-Haushalten mit der Umstellung auf 16:9 mehr geholfen ist. Können Sie das Argument nachvollziehen?
Burmberger: Nachvollziehen…nein. Die Sache sollte man aus der Sicht des Verbrauchers sehen. Es stellt sich doch eher die Frage, warum sich der Zuscher mit der Qualität von SD zufrieden geben muss. Die angebotene Qualität lädt doch mehr zum Abschalten ein, wenn man die HD-Bilder schon einmal erleben durfte. LCD und Plasma sind die Zugpferde in unseren Wohnzimmern und damit ist HDTV ein gängiger Begriff.
DF: Wie ist das Verhältnis mit den Programmanbietern?
Burmberger: ProSiebenSat.1 hätte hier näher mit uns Herstellern zusammenarbeiten können. Doch dann entscheiden die etwas in ihren Hinterzimmern und wir werden vor vollendete Tatsachen gestellt. Warum geht man hier nicht näher auf uns zu?
Wir leisten sehr viel für die Digitalisierung, vor allem beim Endkunden. Ständig sind wir auf Messen präsent, nehmen einen großen Teil der Vermittlungsarbeit beim Zuschauer auf uns – doch an einen runden Tisch setzt man sich mit uns nicht. Dies ist übrigens kein Einzelfall. Der Kontakt mit den Programmveranstaltern lässt insgesamt zu wünschen übrig.
DF: Herr Burmberger, vielen Dank für das Gespräch. [lf]
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