Jubel, Trubel, Euphorie – und dann ist alles wieder vorbei. Die ARD fiel nach dem Wochenende mit Großereignissen am Montag wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Aber das ist anderen Sendern auch schon so gegangen. Das Publikum geht knallhart mit der Fernbedienung um.
Einen Tag nach der großen Wochenend-Euphorie ist bei der ARD wieder die Routine eingekehrt. Nach dem Bundesliga-Finale in der „Sportschau“ (5,82 Millionen Zuschauer), dem Eurovision Song Contest mit 13,83 Millionen Fans und den mehr als acht Millionen Zuschauern beim Bremer „Tatort“ am Sonntagabend fiel der Montagabend eher schwach aus. Das von Programmdirektor Volker Herres gesteckte Ziel, die Marktführerschaft im Jahr 2012 von RTL zurückzuholen, ist noch ein Stück entfernt.
War der Rausch wirklich nur eine Eintagsfliege? Die Zahlen vom Montag sprechen eine eindeutige Sprache: Den „Brennpunkt“ zum Euro um 20.15 Uhr sahen nur noch 2,65 Millionen Menschen. Das ist ungefähr Vox-Niveau. Die vielen Zuschauer, vor allem die heiß begehrten jüngeren, waren wieder weg. „Die Zuschauer entscheiden sich jeden Tag aufs Neue für ein Programmangebot“, sagt ein ARD-Sprecher. „Der Montagabend im Ersten spricht mit Dokumentationen und politischem Magazin ein informationsorientiertes Publikum an.“
Das ZDF sende in der Primetime populäre Fernsehfilme und RTL setze voll auf Unterhaltung, sagte der Sprecher weiter. RTL hatte mit „Wer wird Millionär?“ fast acht Millionen Zuschauer, das ZDF beim Götz-GeorgeFilm „Papa allein zu Haus“ etwas mehr als fünf Millionen. Gerade das Bemühen des öffentlich-rechtlichen Systems um den Zuschauernachwuchs ist ein zuweilen aussichtsloser Kampf, denn wenn einmal ein Erfolg gelingt, dann laufen die jüngeren am nächsten Tag gleich wieder zu den Privaten über.
Aber warum? Bei genauerer Betrachtung ist der hohe Zuspruch mit fast 30 Prozent Tagesmarktanteil am Samstag zwei Ereignissen zu verdanken, die keine Formaterfindungen der ARD sind: Der Fußball könnte auf jedem Sender gezeigt werden und Quote machen. Der Eurovision Song Contest ist auch keine kreative Schöpfung der ARD, er wird organisatorisch von ihr abgewickelt, auch unter Zuhilfenahme von privaten Produktionsunternehmen wie zum Beispiel der Firma Brainpool. Auch die Moderatoren Anke Engelke und Stefan Raab waren „Leihgaben“ der Privatkonkurrenz. Der „Tatort“ ist letztlich eine lupenreine Erfindung der ARD – auch wenn sie schon 40 Jahre alt ist.
Dass auf Himmelhochjauchzen wieder die Tristesse des Alltags einkehrt, haben jedoch schon andere Sender erlebt. RTL musste nach dem Ende der Dschungelshow (etwas) kleinere Brötchen backen, nach den quotenstarken Samstagabenden mit der Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ folgten meist ziemlich öde Sonntage unter dem Senderschnitt. Dennoch: Der Kölner Sender, der mit 19,5 Prozent Marktanteil beim jungen Publikum die Nase vorn hat, fällt weicher, denn er hat das Programm vollständig auf diese Zielgruppe ausgerichtet.
So umstritten auch die sogenannten „Scripted Soaps“ sein mögen, die den Anschein einer Dokumentation erwecken, und so wenig die Daily Soaps dem Feuilleton-Kritiker passen mögen: Es sind Eigenkreationen und sie schmecken dem Publikum.
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen, das immer wieder mit viel Sport und gelegentlich mit großen Shows Zuschauer einfängt, muss am nächsten Tag sich wieder seinem Auftrag widmen, zu dem eben auch Information und Bildung gehören. Die Manager der öffentlich-rechtlichen Programme stecken somit in einer Zwickmühle. Sie wissen zwar immer am Beispiel der Privatsender, wie das junge Publikum zu begeistern ist, eifern ihnen sogar manchmal nach, aber ihnen sind qua Auftrag die Hände gebunden. [Carsten Rave]
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