Kaum ein zweites Spartenprogramm kann auf 27 Programmjahre zurückblicken. Trotzdem ist man beim Heimatkanal nicht müde und will auch in den kommenden Jahren die Zuschauer voll zufriedenstellen.
DIGITAL FERNSEHEN sprach mit Reinhard Ehret, dem Programmchef des Heimatkanals. Ehret leitete bereits 1990 die Programmplanung beim ersten Tele 5, das dann in das Deutsche Sportfernsehen, jetzt SPORT1, umgewandelt wurde. 1992 wurde er Programmchef Planung bei RTL2, von 1997 bis 2000 leitete er die Programmplanung bei TM3, ab 2001 verantwortete er die Programm- und Sendeplanung bei Premiere. Seit 2007 ist Ehret nun bei der Mainstream Media, 2012 übernahm er die offizielle Leitung des Heimatkanals.
DIGITAL FERNSEHEN: Was ist das Erfolgsrezept des Heimatkanals?
Reinhard Ehret: Wir entwickeln das Programmkonzept ständig weiter. Der Heimatkanal ist eben nicht nur das Programm für eine gewisse Generation, die dann wegstirbt, sondern er symbolisiert eine gewisse Lebensphilosophie. Junge Leute entdecken hier auf einmal Film- und Serienklassiker wieder. Die Vielfalt hat mit den Jahren deutlich zugenommen. Wenn wir das Programm so spielen würden wie zum Sendestart, hätten die Kritiker von damals vielleicht recht behalten. Die merkwürdige Zeit, in der das neue deutsche Kino überheblich sagte, „Papas Kino ist tot“, ist endgültig vorbei.
DF: Die Einschaltquoten können sich mehr als sehen lassen, wie haben sich diese aktuell entwickelt?
RE: An das Osterfest 2023 denken wir gerade besonders gerne zurück, denn wir verzeichneten am Karfreitag einen neuen Quotenrekord für den Sender in der Altersgruppe der 14- bis 59-jährigen Zuschauer. Dies haben wir der Marathonprogrammierung der „Schwarzwaldklinik“ zu verdanken, die über Ostern ganz hervorragend funktioniert hat. Mit unseren Zuschauerzahlen und Marktanteilen können wir längst mit einigen Free-TV-Sendern konkurrieren und das bestärkt uns in unserer Programmausrichtung.
DF: 2002 hatte Premiere den Heimatkanal kurzzeitig eingestellt und die Filme in Premiere Nostalgie integriert. Warum wollten das die Zuschauer nicht?
RE: Premiere-Chef Dr. Georg Kofler wollte damals das einfache „Premiere 1-7“-Prinzip und musste die Programmpakete auch vor dem Hintergrund der Kirch-Insolvenz straffen. Uns sind die Callcenter zusammengebrochen, weil die Zuschauer mit Kündigung drohten und „ihren“ Heimatkanal wieder zurückhaben wollten. Dies wusste auch Gottfried Zmeck, der als Dienstleistung für Premiere bereits die Programmplanung für den Heimatkanal und den damaligen Filmpalast machte, und bot an, den Heimatkanal eigenständig mit seiner Firma weiterzuführen. Eine gute Entscheidung, wie sich schon kurze Zeit später herausstellte.
DF: Das Image des Begriffs „Heimat“ hat sich stark gewandelt und ist bei der jungen Generation wieder „in“.
RE: Der Trend zeichnete sich schon vor Corona ab, wurde dann aber in der Pandemie noch deutlich verstärkt. Das sieht man auch an den vielen neuen Zeitschriften-Titeln, die sich alle um „Heimat“, „Zuhause“ oder die Identifizierung mit einer Region drehen. Mit dem Begriff „Heimat“ verbinden viele auch regionale Produkte und den Begriff „Bio“. Das fasziniert unter anderem junge Menschen und auch davon profitieren wir mit dem Sender.
DF: Wie hat sich die Verbreitung in den Jahren entwickelt?
RE:Bis Oktober 2017 gab es den Heimatkanal nur exklusiv auf Premiere und später dann auf Sky. Das galt auch für unseren Musiksender GoldStar TV. Unser drittes Programm, Romance TV, war hingegen nie exklusiv und schon immer auf verschiedenen TV-Plattformen vertreten. Inzwischen hat der Heimatkanal eine deutlich größere technische Reichweite und hat auch in der Welt der Streaming-Portale seinen prominenten Platz gefunden. In Österreich war er ja schon seit Premiere-Zeiten zu sehen, nun gibt es den Heimatkanal seit einigen Jahren auch in der Schweiz.
DF: Auf was dürfen sich die Zuschauer in den nächsten Monaten im Heimatkanal freuen?
Wo soll ich da anfangen? Wir sind in der glücklichen Lage, unseren Zuschauern in den nächsten Wochen und Monaten das abwechslungsreichste Programm aller Zeiten bieten zu können. Durch zahlreiche Programmzukäufe verfügen wir über ein großartiges Spielfilmangebot, das sich fast über 100 Jahre Film- und Fernsehgeschichte zieht. Selbstverständlich zeigen wir die Klassiker wie „Sissi“ und „Grün ist die Heide“ und neue Produktionen wie „Der Bergdoktor“, „Die Bergretter“ oder „Der Bozen-Krimi“. Wir haben jetzt auch Hitparaden-Sendungen herausgegriffen, die für uns Heimat bedeuten. Wir zeigen auch Derrick-Folgen, in denen ganz große Schauspieler wie Curd Jürgens oder Lilli Palmer mit dabei waren und im Juli freuen wir uns auf den „Kommissar“. Dies ist zwar kein klassisches Heimat-Genre, aber es ist eben großartige Fernseh-Nostalgie, genauso wie „Ich heirate eine Familie“, „Die Unverbesserlichen“ oder „Die Schwarzwaldklinik“.
DF: Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Stefan Hofmeir; Redaktion: Richard W. Schaber