Der amerikanische Pay-TV-Anbieter HBO gilt seit den 90er Jahren als der Serien-Produzent schlechthin. Nach ihrem Besuch in Unterföhring am Dienstag sprachen der künftige HBO-CEO Richard Plepler und Programmchef Michael Lombardo über die Partnerschaft mit Sky Deutschland, ihren Eindruck vom deutschen TV-Markt und den Grund dafür, dass HBO-Serien so beliebt sind.
„Sex and the City“, „Die Sopranos“, „True Blood“ oder „Game of Thrones“: Der Sender HBO hat einige der bekanntesten, beliebtesten und vielleicht auch besten US-Serien auf den Markt gebracht. Mit Hilfe von Sky wollen die Amerikaner jetzt auch den deutschen Pay-TV-Markt erobern. Auf Sky Atlantic HD laufen die Erfolgsserien in HD und deutscher Erstausstrahlung. Im Interview sprechen der künftige HBO-Chef Richard Plepler und sein Programmchef Michael Lombardo über Kreativität, den deutschen Fernsehmarkt und den künstlerischen Bedeutungsverlust von Hollywood.
Warum brauchen Sie Sky überhaupt in Deutschland? Hätten Sie es nicht auch allein versuchen können auf dem deutschen Markt?
Michael Lombardo: Zwei Dinge: Ich denke, der deutsche Markt ist ein sehr reifer Markt. Und wir haben allein gar nicht das Volumen. Wir produzieren etwa 100 oder 120 Stunden Originalprogramm pro Jahr. Das reicht nicht für einen Vollzeit-Sender. HBO-Programme sind traditionell eher nicht die, die kommerzielle Sender für ihren besten Sendeplatz kaufen. Sie sind nicht für Werbeblöcke gemacht, es sind Serien, bei denen man – meistens – sehr genau hinschauen und zuhören muss. Da ist es einfach gut, wenn man – wie wir jetzt mit Sky – einen Partner findet, der ähnlich tickt wie wir.
Richard Plepler: Es geht uns um unsere Marke und darum, sie zu stärken – in den USA und auf der ganzen Welt. Für ein langfristiges Wachstum braucht man einen Partner, der hilft, die Marke in einem Markt aufzubauen, den er viel besser kennt als Du. Wenn man sein Programm über mehrere Sender verteilt, ist es viel schwieriger, die Marke aufzubauen und mehr als 125 Millionen Zuschauer zu erreichen – vielleicht 200 Millionen. Wir sind zusammen stärker als allein und werden hoffentlich beide von der Zusammenarbeit profitieren.
Ist es besonders schwierig, in den deutschen Markt einzusteigen?
Lombardo: Die allgemein akzeptierte Weisheit über Deutschland war, dass es ein sehr schwieriger Markt für US-Shows war – es sei denn, man hatte „CSI“. Die Shows, die hier gut funktioniert haben, waren die, die auch im US-Fernsehen gut gelaufen sind. Das ist aber nicht unser Geschäft. Ich denke, Sky repräsentiert eine gewisse Entwicklung in der deutschen Fernsehlandschaft. Vor fünf Jahren hätte es die Möglichkeit für uns gar nicht gegeben, in den deutschen Pay-TV-Markt einzusteigen.
HBO ist mit seinen Serien so gut wie immer für die Emmys nominiert. Warum?
Plepler: Qualität ist unser Parameter und das, was uns definiert. Für viele Sender geht es eher darum, wie groß ihr Publikum ist – dadurch bekommen sie nicht unbedingt die originellsten künstlerischen und aufregendsten Stimmen. Wir haben das Glück, dass diejenigen, die beim Geschichtenerzählen etwas neues, und frisches machen wollen, zuerst zu uns kommen. Inzwischen können sie auch woanders hingehen, aber wir bekommen immer noch mehr als einen gerechten Anteil vom Kuchen ab. Es geht uns eher um gute Ideen als die Frage, wie viele Zuschauer wir damit erreichen können. Wir haben eine Kultur und ein Umfeld geschaffen, in dem die Leute gerne arbeiten. Und das hat sich unter den Kreativen herumgesprochen.
HBO ist inzwischen eher ein Ort für Kreativität und Originalität als Hollywood?
Lombardo: Unser Geschäftsmodell, für das unsere Kunden monatlich zahlen, erlaubt es uns, nicht mit jeder Show Geld machen zu müssen. Wir müssen uns nicht überlegen, ob wir das Geld für eine bestimmte Serie auch direkt wieder zurückbekommen. Das gibt uns Freiheit. Natürlich arbeiten tausende talentierte Leute für das Filmgeschäft. Aber die antworten auf ein anderes wirtschaftliches Modell. Bei uns ist es so: Nicht jeder Kunde muss jede HBO-Show lieben, aber wir brauchen eine Gruppe von Leuten, die bei uns ihre Lieblingsserie finden und damit eine Leidenschaft verbinden…
Plepler: … oder sogar eine Sucht. Wir bekommen unzählige Anfragen wie: Wann geht es weiter mit „Game of Thrones“? Ich kann es nicht mehr abwarten. Es ist diese Leidenschaft, auf die wir setzen.
Apropos: „Game of Thrones“ soll in diesem Jahr die am häufigsten illegal runtergeladene Serie sein…
Plepler: Das haben wir auch gehört. Wir haben da keine Statistiken. Es ist aber auch die Serie mit den meistverkauften DVDs und wird „Sopranos“ wohl in diesem Jahr als erfolgreichste HBO-Serie ablösen. Es geht uns gut, trotz Piraterie. Natürlich versuchen wir jedoch alles, diesen Missbrauch zu verfolgen.
Sie denken also nicht über Alternativen zum Abo-Modell nach? Andere US-Sender nutzen die Internet-Plattform Netflix, die DVDs verschickt oder Video-Streams on demand anbietet. Sie weigern sich bislang. Gibt es Pläne, das zu ändern?
Plepler: Zur Zeit nicht, nein. Wir haben einen fairen Preis, viele Nutzungsmöglichkeiten, und das ist ein gutes Modell.
Hierzulande wird immer wieder die Kritik laut, deutsche Serien seien zu unkreativ, zu mutlos, zu langweilig. Haben Sie eine Erklärung, warum das so ist?
Lombardo: Ich weiß nicht genug über die Geschichte des deutschen Fernsehens. Aber es ist schon auffällig, dass ein kleines Land wie Dänemark enorm viele TV-Dramen von wirklich hoher Qualität produziert – genau wie Israel. Großbritannien hat ebenfalls eine lange Geschichte für qualitativ hochwertiges Storytelling. Warum das in Deutschland nicht so ist, kann ich wirklich nicht sagen. Deutschland hat einige der talentiertesten Autoren, Regisseure, Schauspieler…
Plepler: … und einen großen Markt mit einem großen Appetit. Ich denke, Ihr seid wie wir vor 20 Jahren. Alles war vorhersehbar und es gab eine vorgegebene Richtung. Als wir damals unsere Vorstellung geäußert haben, wurde das als wahnwitzige Idee abgetan. Man kann sich kaum vorstellen, wie viel Zynismus uns und unseren Ideen entgegen gebracht wurde. Und heute macht das jeder.
Vielen Dank für das Gespräch![Britta Schultejans/hjv]
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