Gerade gibt sich die EU ein neues Urheberrecht fürs digitale Zeitalter. Ein Hamburger Musikproduzent will YouTube schon heute dafür zur Verantwortung ziehen, dass Nutzer seine Werke ins Netz stellen. Muss ihm die Internet-Plattform Schadenersatz zahlen?
Die heftig umstrittene Frage, inwieweit Internet-Plattformen wie YouTube für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer haften, soll auf europäischer Ebene entschieden werden. Die obersten deutschen Zivilrichter am Karlsruher Bundesgerichtshof (BGH) schalteten am Donnerstag den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein.
Vor ihrem Urteil über eine Klage des Hamburger Musikproduzenten Frank Peterson lassen sie zentrale Punkte in Luxemburg klären. Damit geht der nun schon zehn Jahre währende Streit wegen mehrerer Titel der Sängerin Sarah Brightman in eine weitere Runde. (Az. I ZR 140/15)
Peterson hat YouTube verklagt, weil 2008 immer wieder Konzertmitschnitte und Videos mit Titeln von Brightman auf der Plattform auftauchten, an denen er die Rechte hält. Er streitet dafür, dass YouTube Schadenersatz zahlen und ihm mitteilen muss, wer die verantwortlichen Nutzer sind. Schließlich verdiene das Unternehmen mit den unberechtigterweise hochgeladenen Inhalten Geld.
YouTube versteht sich als technische Plattform. Die Nutzer sind aufgerufen, die Urheberrechte zu respektieren. Wenn jemand einen Verstoß meldet, werden die Dateien gesperrt. Musikkonzerne und Plattenfirmen können ihre Produktionen auch in Kooperation mit YouTube schützen. Findet die hauseigene Software „Content ID“ Elemente daraus, haben sie die Wahl, ob sie an Werbeeinnahmen mitverdienen wollen oder das Video oder nur der Ton gelöscht wird.
Die entscheidende Frage ist, ob das ausreicht. Zuletzt hatten Hamburger Richter 2015 geurteilt, dass YouTube die unberechtigte Verbreitung der Brightman-Songs auch für die Zukunft unterbinden muss, aber nicht selbst als Täter haftet. Es müssten auch nicht sämtliche hochgeladenen Inhalte ständig überwacht werden.
Inzwischen gibt es allerdings ein neueres EuGH-Urteil zu einer Internet-Tauschbörse. Demnach verletzen Plattformen auch selbst Urheberrechte, wenn sie „beim Zurverfügungstellen“ der Werke eine zentrale Rolle spielen. Das könnte für YouTube relevant sein.
Die BGH-Richter möchten deshalb, dass ihre Luxemburger Kollegen die Voraussetzungen genauer klären. Der Senat will außerdem wissen, ob ein Anbieter womöglich schon dann auf Schadenersatz haften könnte, wenn er ohne einen Anhaltspunkt im konkreten Fall nur allgemein weiß, dass auf seiner Plattform Urheberrechtsverletzungen vorkommen.
Weil das Urheberrecht in der Europäischen Union vereinheitlicht ist, soll diese Fragen nun der EuGH beantworten. Das passiert nach der derzeitigen Rechtslage. Die EU ist allerdings gerade dabei, sich ein neues Urheberrecht zu geben. Der am Mittwoch vom Europaparlament angenommene Vorschlag sieht vor, dass Plattformen künftig generell für die von ihren Nutzern eingestellten Inhalte haften. Upload-Filter, die sämtliche Bilder, Videos oder Musik direkt beim Hochladen überprüfen, sollen zwar nicht vorgeschrieben sein. Experten gehen aber davon aus, dass daran dann kein Weg vorbeiführt.
[dpa/tk]
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