„Be part of it“ heißt das Motto des österreichischen Musiksenders gotv. Mit dabei sind auf jeden Fall viele deutsche Musik-Fans, die nach Klingelton- und Soap-Offensive bei MTV und Viva den Sender schnell zum neuen Favoriten wählten.
Das Erfolgsrezept von gotv ist vor allem die Mischung aus Mainstream-Musik und Indie und das soll auch so bleiben. „Gotv ist und bleibt ein Jugend- und Musiksender“, versichert Thomas Madersbacher, Geschäftsführer des Musikkanals, auf die Frage, ob Zuschauer denn zukünftig auch bei gotv mit einer Flut an Soaps und Shows rechnen müssten. Madersbacher stellt damit klar, wo die Musik spielt – nämlich beim Wiener Musikkanal.
Und dass schon seit 2002, als Madersbacher mit seinem 24-Stunden-Programm zunächst nur im Kabelnetz von UPC Telekabel an den Start ging und schon zu Beginn rund 1 Million Zuschauer und 50 Prozent aller österreichischen Kabelhaushalte erreichte. Knapp zwei Jahre später schwappte die musikalische Welle über die Grenzen Österreichs hinaus, denn am 1. Mai 2004 begann gotv seine europaweite, unverschlüsselte Ausstrahlung über Astra Digital. Be A Pirate
Angefangen hat alles mit der Abschaffung der in der österreichischen Radiolandschaft einmaligenund beliebten Music-Box auf dem Radiosender Ö3. Der Radiokanal wollte sein Programm massentauglicher gestalten und erteilte der progressiven Musik eine Absage. Madersbacher startete daraufhin mit Freunden aus dem Musikerumfeld einen Piratensender mit medienpolitischen Anspruch und forderte die Aufhebung des Rundfunkmonopols, welches Österreich erst 1993 abschaffte.
15 Minuten konnten die Frequenz-Freibeuter am Stück senden, um nicht von der Funküberwachung erwischt zu werden. Die Medien, allen voran die Printmedien, hatten die Radiopiraten damals in ihrem Vorhaben unterstützt. Die Tageszeitung „Der Standard“ nahm den Piratenfunk sogar in ihren Radioteil auf. Später gründeten die Aktivisten die Pressure Group Freies Radio, mit der sie den öffentlichen Druck auf den Monopolisten ORF erhöhen wollten. Danach wechselte Madersbacher zum Medium Fernsehen und sendete vorerst ein einstündiges Programm im Wiener Kabel, bevor dann gotv seine ersten musikalischen Töne von sich gab. Be Part Of Germany
Nach dem Jahrtausendwechsel, als die beiden Platzhirsche MTV und Viva der Musik mehr und mehr den Rücken kehrten, kam der österreichische Import gerade recht. Genauso schnell, wie sich gotv in Deutschland als neuer Stern am Musikvideohimmel etablierte, begriffen auch die Veranstalter den hiesigen Markt als wichtige Größe und tun dies nachwievor: „Ein eigenes gotv-Programm für Deutschland war und ist ein Thema, allerdings sind wir noch nicht soweit, dazu konkrete Angaben machen zu können“, erklärt Madersbacher.
Zwar werde der Sender derzeit nur in Österreich vermarktet, aber „der deutsche Markt wäre rund zehnmal so groß und daher natürlich sehr attraktiv“, fährt der ehemalige Schlagzeuger der Band Die Guten fort. Allerdings kommen auch in naher Zukunft nur Satelliten-Videojunkies auf ihre Kosten, denn der Sender führt derzeit keine aktiven Einspeisungsverhandlungen mit deutschen Kabelnetzbetreibern. Man ist allerdings „jederzeit an einer Kabelverbreitung interessiert“. Madersbacher versichert aber, das eine Verschlüsselung über Satellit nicht geplant sei.
Be Part Of It
Was macht die Faszination von gotv aus? Zum einen ist das natürlich die Musik, die sich im Bereich zwischen „breiten Titeln und schrägen Sachen“ bewegt, zum anderen die Interaktivität des Programms. „Progressive Hits“ nennen die Wiener ihr Format und setzen auf eine Mischung aus Charts und Indie- beziehungsweise Alternative. Von Rock bis Pop, von Club/Dance bis Underground. Neben massentauglichen Bands wie Coldplay, den Black Eyed Peas oder den Foo Fighters rotieren aktuell Indie-Lieblinge wie Angus & Julia Stone, In Extremo, Noah and the Whale, Arcade Fire oder Mirrors auf dem Videokanal.
Das beliebteste und renommierteste Format ist „hosted by“, eine Erweiterung des herkömmlichen Startinterviews, wo Künstler eine Stunde lang ihre Lieblingsclips zeigen und über Dinge berichten, die ihnen wichtig waren und sind. Dabei werden die Musiker selbst zum Programmgestalter und übernehmen auch gleich die Moderation. Echte Moderatoren gibt es auf gotov hingegen nicht zu sehen: „Das wichtigste in unserem Programm sind die Musiker/Künstler und unsere Seher – und diese holen wir vor die Kamera“, kommentiert Madersbacher die Entscheidung und verweist damit auf den interaktiven Faktor des Senders.
Die Zuschauer können nicht nur per Voting das Programm mitgestalten, sondern präsentieren es häufig selbst. Zum Beispiel in der „gotv Box“, einer Art Ministudio, in welchem Zuschauer Musikwünsche äußern können. Die besten Auftritte schaffen es dann ins Programm. Ansonsten erfolgen Programmtipps, Ankündigungen oder Beiträge nur durch körperlosen Stimmen aus dem Off.
Da der Sender sich nicht als reine Clip-Rotiermaschine versteht, will man aktiv die Jugendkultur mitgestalten. Sei es durch die Einbeziehung der Zuschauer ins Programm oder durch die Redakteure.Das Gefühl muss stimmen, die gotv-Macher müssen am Puls der Zeit leben und am aktuellen Eventgeschehen teilhaben. Veränderungen in der Kulturszene erlebt haben und miterleben. Und wissen, was in der österreichischen Musikszene passiert. Be Uncensored
Im hochauflösenden Zeitalter setzen immer mehr Sender auf eine Ausstrahlung in HD. Für viele Filmfans ist eine HD-Ausstrahlung unerlässlich. Aber wie steht es bei Musiksendern? „Wir halten HD für unser Programm nicht unbedingt für notwendig und natürlich ist das eine Kostenfrage“, gesteht Madersbacher und macht die Hoffnungen auf eine baldige HD-Übertragung vorerst zunichte. Immerhin hier hat Konkurrent MTV die Nase vorn, hängt dafür bei der Ausstrahlung unzensierter Clips hinterher.
Gotv darf ganztägig auch skandalumwitterte Videos unzensiert zeigen und will diese den Zuschauern auch ungeschnitten präsentieren. „Wir bemühen uns tatsächlich bei den Musikfirmen um unzensierte Fassungen“, berichtet Madersbacher und fügt an, dass „die Zensur ja meist durch die doch sehr prüden US-Stellen erfolgt“. Probleme mit der Aufsichtsbehörde hatte der Sender nach Aussage des Geschäftsführers jedenfalls noch nie.
Der Musiksender finanziert sich ausschließlich aus Werbung. Neben klassischen Werbeformen wird auch mit großen Marken kooperiert. Für Madersbacher ist dabei wichtig, dass nicht der wirtschaftliche Gedanke das Programm bestimmt, sondern dass die Inhalte über den jeweiligen Werbeeinsatz entscheiden. Das Konzept scheint aufzugehen, denn gotv sendet seit knapp neun Jahren – und wird dies auch weiterhin tun. Für deutsche Fans auf der Satellitenfrequenz Astra 19,2 Grad Ost. In Österreich zusätzlich im UPC-Kabelnetz und in der Schweiz bei Kabelnetzbetreiber Cablecom.
Name: Gotv | Typ: Free-TV, Musik- und Jugensender | Programmschwerpunkte: Charts, Nachrichten, Event-Guides, Tourtipps, Gewinnspiele, Filmtipps | Musikgenres: Rock, Pop, Indie, Alternative, Heavy, Electro, Club | Empfang: Astra 19,2 Grad Ost, UPC Austrai (Österreich), Cablecom (Schweiz)
DIGITAL FERNSEHEN stellt Ihnen an dieser Stelle regelmäßigSpartensender aus der TV-Landschaft vor. Die Vorstellung vomDigitalkanal ZDFkultur lesen Sie hier.
[Rayk Hoppe]
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