Nach der peinlichen Panne um die verfrühte Bekanntgabe der Quartalszahlen versucht Google-Gründer Larry Page nun, die so erlittenen Milliarden-Verluste einzudämmen. Dafür präsentierte er seine Zukunftsvisionen, um die Anleger zu beruhigen.
Die Google-Panne mit der verfrühten Zahlenvorlage war zugleich auch ein einzigartiges Experiment: Was passiert eigentlich, wenn man enttäuschende Quartalszahlen direkt auf eine Meute aufgeheizter Börsenhändler loslässt? Das Ergebnis zeigte eindrucksvoll, warum es besser ist, wenn man die Anleger sonst lieber erst einmal über die Zahlen schlafen lässt. Die Google-Aktie wurde binnen weniger Minuten um zehn Prozent heruntergeprügelt, Milliarden Dollar an Börsenwert verpufften.
Auch nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte, ging das Papier noch mit einem Minus von acht Prozent aus dem Handel. Das waren gut 60 Dollar pro Anteilsschein weniger. Google war auf einen Schlag 20 Milliarden Dollar weniger wert, der Erzrivale Microsoft liegt beim Börsenwert wieder deutlich vorn. Und die Analysten der Bank Of America stutzten ihr Rating für die Google-Aktie nach sechs Jahren von „Kaufen“ auf „Halten“.
Für die panikartige Reaktion der Investoren sorgte vor allem, dass die Geldmaschine Google ausgerechnet in ihrem wichtigsten Kernbereich stotterte, der selbst in der schlimmsten Finanzkrise nahezu unverwundbar schien: Den Anzeigen im Umfeld der Suchergebnisse. Den allgemeinen Einbruch des Konzerngewinns um ein Fünftel kann man noch mit der Integration des notorischen Verlustbringers Motorola erklären. Aber der Rückgang der Google-Einnahmen pro Klick auf eine Werbeanzeige um 15 Prozent traf die Anleger mitten ins Mark – denn das ist das Geld, mit dem Google nach wie vor den Großteil seines Geschäfts bestreitet. Dass die Zahl der Anzeigen-Klicks, die Google Geld brachten, insgesamt um ein Drittel zulegte, fiel da nicht mehr ins Gewicht.
Der Grund für den Rendite-Knick ist der Vormarsch der Smartphones und Tablet-Computer, auf denen die Anzeigen-Tarife auch angesichts der kleineren Bildschirme niedriger sind. Dabei ist Google inzwischen der König im Smartphone-Geschäft mit seinem Betriebssystem Android, das mehr als die Hälfte des Marktes hält. Das alles rief nach einer Erklärung durch den Chef.
Leise und etwas stockend – seine Stimme war im Sommer nach offiziellen Angaben wegen einer nicht näher genannten Krankheit zeitweise verschwunden – erklärte Page dann, wie Google die mobile Zukunft meistern wolle. Neue Technologien würden es dem Konzern erlauben, auch mit Anzeigen auf Smartphones und Tablets mehr Geld zu verdienen. Und damit werde sich auch die gigantische Nutzer-Basis auszahlen. Inzwischen seien rund eine halbe Milliarde Android-Geräte im Umlauf, jeden Tag würden 1,3 Millionen weitere aktiviert. Das Tempo steigt: Noch vor wenigen Tagen hatte Google von 1,2 Millionen Aktivierungen gesprochen.
Google sei derzeit auf Kurs für jährliche Einnahmen von rund acht Milliarden Dollar im mobilen Geschäft, sagte Page. Allerdings kommen in dieser Zahl viele verschiedene Posten zusammen, von Werbung bis hin zum Verkauf von Inhalten oder Spielen. Und um im mobilen Geschäft wirklich richtig erfolgreich zu sein, muss Google ersteinmal sein Tablet-Problem überwinden. Dem Konzern ist es immer noch nicht gelungen, die Stärke von Android bei Smartphones auch in den Markt der Tablet-Computer zu übertragen – dort ist das iPad von Apple nach wie vor das Maß der Dinge, auch wenn Google mit neuen Geräten wie dem Nexus 7 besser dagegenhalten kann. Zugleich werden Tablets aber zur wichtigeren Werbe-Plattform: Die Agentur M&C Saatchi schätzt, dass im kommenden Weihnachtsgeschäft mehr Geld in Anzeigen für Tablet-Computer als für Smartphones fließen wird.
„Wir werden in Zukunft viele verschiedene Bildschirme nutzen“, sagte Page. Google sei in der Lage, auf allen – egal ob PC, Smartphone, Tablet oder Fernseher – mit Hilfe von YouTube eine starke Position zu haben. Die aufgeschreckten Investoren konnte er mit seinen Visionen nur ein wenig beruhigen: Die Aktie legte im frühen New Yorker Handel am Freitag um 0,3 bis 0,7 Prozent zu. [Andrej Sokolow/Daniel Schnettler/hjv]
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