Am Freitag endete in Leipzig die 22. Filmkunstmesse, auf der auch in diesem Jahr die Gilde Filmpreise verliehen wurden.
Mit optimistischen Worten und Mutmachern endet die Filmkunstmesse. Dabei steht jedoch fest: Egal, ob der Vorsitzende der AG Kino, Christian Bräuer, das Lagerfeuergefühl betont, oder Regisseur Volker Schlöndorff daran appelliert, die kommende Berlinale zur großen Kinofeier werden zu lassen – die Probleme bleiben. Und sie wiegen schwer: Publikumsschwund, Energiekrise, Digitalisierung und so weiter und so fort. Im Rahmen der Messe hatte die Branche neben allerlei Filmsichtungen solche Probleme und ihre mögliche Bewältigung in Gesprächsrunden und Workshops diskutiert.
Den Höhepunkt der Messe bildete derweil auch in diesem Jahr die Verleihung der Gilde Filmpreise, mit der Kinobetreiber seit 1977 ausgewählte Filme würdigen. Zumindest der Hauptpreis dürfte am Donnerstag kaum jemanden überrascht haben: Bester internationaler Film wurde Ruben Östlunds Cannes-Gewinner „Triangle of Sadness“. Einen potentiellen Publikums-Hit scheint man hier zu ersehnen, den man nun ein weiteres Mal auf das Podest hebt. Es ist ein Film, der mit allerhand Schadenfreude und einem Hang zum Exzess auf kapitalistische Selbstdarstellung und Protzkultur schaut.
Östlunds Satire erzählt von einer Gruppe Reicher und Hochstapler, die mit einer Luxus-Yacht kentert und sich auf einer einsamen Insel an einer neuen Gesellschaftsordnung versucht. Am 13. Oktober wird der Film in den Kinos starten. Bei der Verleihung war unter anderem die Schauspielerin Sunnyi Melles zu Gast, um den Preis entgegenzunehmen. Melles überzeugt in „Triangle of Sadness“ mit radikalem Körpereinsatz als seekranke Oligarchengattin.
Gilde Filmpreis für „Mittagsstunde“
Als bestes deutsche Spielfilmproduktion wurde daneben das Drama „Mittagsstunde“ von Lars Jessen ausgezeichnet, das seit dieser Woche in den Kinos zu sehen ist. Jessen hat mit dem Film den gleichnamigen Roman von Dörte Hansen adaptiert, der anhand einer Familiengeschichte den Wandel und Verfall eines norddeutschen Dorfes beleuchtet. Ein unaufgeregt erzähltes Werk, das vergessene Sphären, sterbendes Landleben ins Zentrum rückt, das Erinnerungen in die Gegenwart spült. Charly Hübner mimt den Protagonisten, der sich mit den Geheimnissen der Elterngeneration befassen muss.
Im Rahmen der Gilde Filmpreise werden zudem nicht nur Spiel-, sondern auch Dokumentarfilme prämiert. Der Preis für den besten Dokumentarfilm geht 2022 an Lutz Pehnerts „Bettina“, der die bewegte Lebensgeschichte der DDR-Liedermacherin Bettina Wegner nachzeichnet. Wegner selbst war bei der Preisverleihung anwesend und ließ sich zu einer kurzen, bescheidenen Dankesrede hinreißen. Daneben ging der Dokumentarfilm-Preis ex aequo an „Der Waldmacher“, in dem Volker Schlöndorff den Agrarwissenschaftler Tony Rinaudo porträtiert.
Weitere Trophäen der Verleihung gingen an „Wir könnten genauso gut tot sein“ von Natalia Sinelnikova (Bester Film Junges Kino), die Komödie „Geschichten vom Franz“ von Johannes Schmid (Bester Kinderfilm) und „The Ordinaries“ von Sophie Linnenbaum, der den Publikumspreis der Messe gewann. Die von der Streaming-Plattform Mubi unterstützte Jugendjury kürte „Passagiere der Nacht“, „Close“ sowie ebenfalls „The Ordinaries“ zu ihren Favoriten.
Die 22. Leipziger Filmkunstmesse fand vom 19. bis 23. September statt. Einen Überblick über das Programm findet man hier. Auf der Website können außerdem ausgewählte Veranstaltungen als Aufzeichnung gestreamt werden.