Eigentlich soll mit dem Gesetz gegen Hasskriminalität ein eindeutiges Zeichen gegen Hass im Internet gesetzt werden. Doch eben jenes Gesetz verstößt gegen Europarecht und das Grundgesetz.
Der Gesetzesentwurf zur Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz, NetzDG) könnte am Europarecht und am Grundgesetz scheitern. Mit dem sogenannten Gesetz gegen Hasskriminalität soll eigentlich ein Zeichen gegen Hass im Internet gesetzt werden. Hasskommentaren soll somit auch rechtlich ein Riegel vorgeschoben werden können. Doch so einfach geht das nicht.
Zwei Rechtsgutachten, die im Auftrag des Digitalverbands Bitkom erstellt wurden, stellen fest, dass eben jenes Gesetz gegen Hasskriminalität gegen Europarecht und gegen das Grundgesetz verstößt. Deshalb berät bereits heute der Rechtsausschuss des Bundesrats über den Gesetzentwurf, ehe dieser am Freitag in erster Lesung im Bundestag diskutiert wird.
Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder, bringt die Bedenken auf den Punkt, die nicht nur der Bitkom Kopfzerbrechen bereiten, sondern auch zahlreiche weitere Organisationen beschäftigen: „Schon bei der ersten Vorlage des NetzDG haben eine Vielzahl von Organisationen, darunter auch der Bitkom, Bedenken angemeldet, dass das Gesetz gegen die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit sowie gegen Europarecht verstößt. Diese Bedenken haben sich durch die Einschätzung der Juristen nun bestätigt.“
Zugleich betont Rohleder, dass das Vorgehen gegen Hassreden und Kriminalität im Internet wichtig sei. Zu wichtig, um mit einem „überhasteten und handwerklich schlechten Gesetz“ umgesetzt würde. „Massenhafte Löschungen im Schnellverfahren sind kein geeignetes Mittel“, erklärt der Experte sachlich.
Prof. Dr. Dr. h.c. Karl-Heinz Ladeur und Prof. Dr. Tobias Gostomzyk stellten in ihrem Gutachten fest, dass der Entwurf „erhebliche verfassungsrechtliche Probleme“ mit sich bringt. Das größte Manko seien die kurzen Löschfristen, die die Meinungsfreiheit gefährdeten. Begriffe wie „offensichtlich rechtswidrige Inhalte“ führten zu weiteren Unsicherheiten, ebenso wie die Androhung eines Bußgeldes, das zur Ignorierung der Entscheidungs- und Abwägungsregeln führen würde, die die Meinungsfreihheit eigentlich schützen sollten.
Prof. Dr. Gerald Spindler prüfte unterdessen ob das NetzDG mit dem Europarecht vereinbar sei – was demnach nicht der Fall sei. Gleich in mehrfacher Hinsicht würde der Entwurf gegen dieses verstoßen. Gerade mit den europäischen E-Commerce-Richtlinien sei das Gesetz in seiner aktuellen Form nicht vereinbar, allen voran, da es dem Abweichen vom Herkunftslandprinzip nicht gerecht wird. Die starren und sehr kurzen Löschfristen sei ein weiteres Hindernis. Aber auch ein weiterer Punkt sorgt für eine Menge Ärger: Der Gesetzentwurf verlange die Herausgabe von Daten des Posterstellers, ohne, dass ein Richter darüber entschieden hätte. Dies stelle einen massiven Verstoß gegen den Datenschutz dar. [nis]
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