Nach dem kartellrechtlichen Stopp für eine gemeinsame Online-Mediathek von Pro Sieben Sat 1 und RTL wagen sich die Öffentlich-Rechtlichen mit einem Gegenprojekt aus der Deckung. „Germany’s Gold“ soll Highlights aus 60 Jahren TV-Geschichte versammeln.
Von entsprechenden Planungen berichtete die „Financial Times Deutschland“ in ihrer Freitagsausgabe. Dem Bericht zufolge arbeiten ARD und ZDF gemeinsam mit deutschen Film- und Fernsehproduzenten bereits seit längerem an einer kommerziellen Online-Videothek unter dem Arbeitstitel „Germany’s Gold“. Diese solle als deutsche Antwort auf Youtube nachhaltig Nutzer binden.
Überraschenderweise sollen die von ZDF-Intendant Markus Schächter als „Qualitätsinhalte aus 60 Jahren deutscher Fernsehgeschichte“ postulierten Bestandteile wahlweise mit Werbeeinblendungen oder gegen Gebühr abrufbar sein. „Es geht um die Perspektive, großes Geld im Video-on-Demand-Bereich zu verdienen“, wurde Schächter von der „Financial Times Deutschland“ zitiert. Ein überraschendes Statement für einen Vertreter aus dem öffentlich-rechtlichen Lager.
Offen bleibt, wie das Bundeskartellamt die Planungen beurteilt und ob möglicherweise auch die deutschen Medienhüter aufgrund der kommerziellen Anlage von „Germany’s Gold“, für das Schächter eine siebenstellige Summe als Anlauffinanzierung genannt haben soll, Handlungsbedarf sehen. Pro Sieben Sat 1 und RTL waren erst kürzlich mit ihren Planungen, eine zentrale kommerzielle Anlaufstelle für Videoinhalte im Internet anzubieten, am Veto der Kartellhüter gescheitert.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, hatte die Ablehnung damit begründet, dass eine gemeinsame Plattform das marktbeherrschende Duopol der beiden Sendergruppen auf dem Markt für Fernsehwerbung weiter verstärken könnte. Zudem ergäben sich nachhaltige Nachteile für den Wettbewerb (DIGITAL FERNSEHEN berichtete).
Das öffentlich-rechtliche Gegenprojekt ist laut „FTD“ bei den kommerziellen Töchtern der Sendeanstalten wie ZDF Enterprises und der WDR Mediagroup aufgehängt. Diesen werden im Rundfunkstaatsvertrag privatwirtschaftliche Aktivitäten zugestanden. Neben den Produktionshöusern Bavaria und Studio Hamburg soll auch der Filmhändler Jan Mojito, der lange Jahre als rechte Hand von Leo Kirch galt, in die Planungen involviert sein.
„Wenn alles gut läuft, würden wir uns freuen, 2012 zu starten“, zeigte sich die WDR Mediagroup optimistisch über eine zeitnahe Aufschaltung der gemeinsamen ARD/ZDF-Mediathek, die auch den Privatsendern offen stehen soll. Die Idee für „Germany’s Gold“ geht laut „FTD“ auf das ZDF und den Branchenverband Produzentenallianz zurück. Die Sender kämen damit auch den Forderungen der Produktionsbetriebe nach einer gerechteren Entlohnung für die Zweitverwertung ihrer Inhalte im Netz entgegen, so das Blatt. [ar]
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