Trotz Proteststurms gegen einen polemischen RTL-Beitrag zur Computermesse Gamescom haben die Medienwächter in einem eingeleiteten Prüfverfahren keinen Verstoß gegen geltendes Recht feststellen können. Solche Beiträge müssten toleriert werden, erklärten die Medienhüter.
Die für die Aufsicht über das RTL-Programm zuständige Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM) erklärte am Freitag, der umstrittene Beitrag habe nicht gegen die Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags verstoßen. Unabhängig von dieser rechtlichen Bewertung äußerte die NLM aber Verständnis für die Empörung, die der Beitrag ausgelöst hatte. Die inzwischen erfolgte Entschuldigung durch RTL sei „ebenso richtig wie notwendig“ gewesen, erklärten die norddeutschen Aufseher.
Der bereits am 19. August ausgestrahlten Beitrag von Redakteur Tim Kickbusch zur Gamescom in Köln hatte in den vergangenen Tagen zunehmend höhere Wellen geschlagen. Off-Kommentare wie „Die überwiegende Mehrheit aller Messebesucher trägt aber den Computerspieler-Einheitslook. Dunkle Schlabberklamotten, die manchmal etwas schlecht riechen“ oder stereotype Bilder von maskierten Männern mit Plastikgewehren zogen nach Angaben der Landesmedienanstalten insgesamt mehr als 8 000 Beschwerden auf der im Internet eingerichteten zentralen Anlaufstelle Programmbeschwerde.de nach sich.
„Der Beitrag ist durch seine unverblümte Tendenz sicher ärgerlich, aber keinesfalls rechtswidrig“, erklärte NLM-Direktor Andreas Fischer. „In einer freiheitlichen Medienordnung können und müssen derartige Berichte toleriert werden“. Er hoffe sehr, dass die Gamer-Szene, die ja selbst für Freiheitsrechte eintritt, dies am Ende akzeptieren könne.
Wer die Aufregung um den „Explosiv“-Beitrag von Tim Kickbusch nachvollziehen möchte, dürfte sich unterdessen schwer tun: Auf allen größeren Videoplattformen wurden die zahlreich eingestellten Clips unter Verweis auf den „Urheberrechtsanspruch von RTL“ gelöscht. Auch dieser wenig souveräne Umgang mit der Kritik aus der Spieleszene dürfte dazu beigetragen haben, dass ein Teil der RTL-Website am Donnerstagmittag kurzfristig einem Hackangriff zum Opfer fiel. Anstelle der Gruppen-Seiten öffnete sich zeitweise ein Popup mit dem Text „Gamez“ (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete).
Unterdessen hat das Spieleportal „spieletipps.de“ das Marketingpotenzial der Debatte erkannt und ruft zum Protest gegen die Art und Weise auf, in der der Fernsehsender RTL über Spieler berichtet. Dazu sollen Interessierte ein verschwitztes T-Shirt als Mahnmal für den schlechten Beitrag an RTL schicken. „Dann kann RTL beweisen, wie gut sie sich mit dem Waschen schmutziger Wäsche auskennen“, erklärte Joachim Hesse, der Stellvertretende Chefredakteur in einer Mitteilung am Freitag. Als Gegenleistung erhalten 33 Teilnehmer ein Spieletipps-T-Shirt.
Update 14.31 Uhr: Spieletipps-Protest hinzugefügt[dpa/js]
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