Die Erfolgsserie „The Walking Dead“ führte in den vergangenen Wochen zu wilden Fan-Protesten. Grund dafür waren die Schnittauflagen der Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) für die deutsche Ausstrahlung der dritten Staffel auf dem Pay-TV-Sender Fox. Im Interview mit DIGITALFERNSEHEN.de sprach Fox-Sprecher Andreas Lechner über die Schnitte, die FSF und eine mögliche Änderung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages für Pay-TV.
Herr Lechner, ist Deutschland wirklich das weltweit einzige Land, in dem Folgen von „The Walking Dead“ in einer geschnittenen Fassung ausgestrahlt werden?
Andreas Lechner: Die dritte Staffel wird in 122 Ländern auf 36 Sprachen ausgestrahlt. Keines der anderen Länder musste nach unserem Wissensstand die Folgen aus Jugendschutzgründen kürzen.
Wie schätzen Sie die Schnitte in der deutschen Fassung bei Fox ein? Hat die Qualität der Serie darunter zu leiden?
Lechner: Natürlich entsteht durch die Kürzung eine Veränderung der Originalfassung, was zweifelsohne für Verärgerung bei unseren Fans sorgt. Pauschal lässt sich aber nicht von qualitativen Einbußen sprechen – da wir es hier mit subjektiven Eindrücken zu tun haben. Wir von Fox halten die Originalfassung aber immer für die qualitativ beste Fassung.
Es war zu lesen, dass Fox gegen die ersten Beanstandungen der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) erfolglos Einspruch eingelegt hat. Welche Argumente hat Fox beim Einspruch angeführt, und mit welcher Begründung hat die FSF den Einspruch abgelehnt?
Lechner: Unser Einspruch war durchaus erfolgreich, da im ersten Prüfungsverfahren die Episode 1 als Sendeunzulässig von der FSF bewertet wurde. Erst durch die Intervention von Fox wurde nach erneuter Prüfung eine Sendeerlaubnis erreicht – wenn auch mit Schnittauflagen.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit der FSF zeitlich gesehen ab? „The Walking Dead“ wird freitags ausgestrahlt – wann erhält die FSF die aktuelle Folge zur Begutachtung, und wann bekommt Fox das Feedback mit den Schnitt-Anweisungen?
Lechner: Wir von Fox haben es zum Ziel, unseren Zuschauern möglichst schnell – und ohne große Verzögerungen zu den Premieren in den USA – die Serien in deutscher Synchronfassung zu zeigen. Im Falle von „The Walking Dead“ war die deutsche Erstausstrahlung auf Fox nur fünf Tage nach der USA-Premiere. Die FSF prüft lediglich die Sendefassung – also die deutsche Sprachfassung. Im Fall der ersten Episode haben wir das endgültige Prüfergebnis erst am Tag der Ausstrahlung erhalten und mussten noch am Nachmittag die Schnittfassung herstellen.
Waren für die Ausstrahlung der ersten beiden Staffeln in Deutschland auch solch eine Vielzahl an Schnitten nötig?
Lechner: Die Episoden der ersten beiden Staffeln von „The Walking Dead“ wurden mehrheitlich von der FSF auf 16 Jahre eingestuft. Nur wenige Folgen bekamen eine 18er-Freigabe. Schnittauflagen wurden allerdings nie gemacht.
Warum hat Fox die – eindeutige mit krassen Gewaltszenen gespickte – dritte Staffel der Serie zur Freigabe mit 16 bei der FSF eingereicht? Wäre die Beantragung einer Freigabe ab 18 besser gewesen, oder hätte diese aus Sicht von Fox etwas an der Beurteilung verändert?
Lechner: Die Freigabe sollte grundsätzlich für 18 Jahre beantragt werden. Da Fox „The Walking Dead“ aber schon um 22.00 Uhr verschlüsselt (mit PIN-Abfrage) ausstrahlt, erlaubt das Antragsformular der FSF nur den Antrag auf Altersfreigabe 16 Jahre. In der Zwischenzeit gibt es eine Vereinbarung zwischen Fox und der FSF, die es unter beschriebenen Umständen dennoch erlaubt eine Freigabe für 18 Jahre zu beantragen. Diese Formalie hatte aber mit dem eigentlichen Prüfungsverfahren nichts zu tun und beeinflusste die Freigabe in keiner Weise.
Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) unterscheidet nicht zwischen Free-TV und verschlüsseltem Pay-TV mit PIN-Eingabe als Jugendschutzmaßnahme. Deswegen kann die FSF solche Mechanismen in ihrer Beurteilung für die Sendung selbst auch nicht berücksichtigen. Ist eine solche PIN dann nicht überflüssig? Sollte das JMStV nach Ihren Ansichten vom Gesetztgeber in diesem Punkt überarbeitet werde?
Lechner: Natürlich unterliegt auch Pay-TV dem JMStV. Die Verschlüsselung von Sendungen mit PIN hat den Vorteil, dass die Ausstrahlung einer FSF 18 geprüften Serie auch schon vor 23 Uhr erfolgen kann. Aus unserer Sicht wäre eine erneute Diskussion um die PIN als Jugendschutzinstrument im Pay-TV sicherlich begrüßenswert.
Vielen Dank für das Gespräch.[hjv]
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