Fassbender und „Faust“ – Venedig im Zeichen rastloser Seelen

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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An deutschen Bezügen fehlt es nicht bei den Auszeichnungen des 68. Internationalen Filmfestivals Venedig: Der Goldene Löwe ging an eine auf Deutsch gedrehte russische „Faust“-Verfilmung, und der Deutsch-Ire Michael Fassbender bekam den Preis als bester Darsteller.

Es war das Festival der verlorenen und getriebenen Seelen. Beim 68. Internationalen Filmfest Venedig gab es mit Stars wie George Clooney, Kate Winslet, Matt Damon und Keira Knightley zwar eine große Dichte an Promis, doch die mussten in ihren Filmen meist sehr leiden. Daran kam auch die Jury nicht vorbei: Sie vergab am Samstagabend die Preise vor allem an Werke, in denen Menschen schmerzhaft ihren Weg im Leben suchen müssen. Der Hauptpreis, der Goldene Löwe, ging an die „Faust“-Verfilmung des Russen Alexander Sokurow. Der deutschstämmige Michael Fassbender gewann die Auszeichnung als bester Darsteller.
 
In „Faust“ lässt Sokurow („Russian Ark“, „Moloch“) seine Helden durch eine düstere Umgebung wandern, auf der Suche nach Glück, Geld, Sex und dem Sinn im Leben. Der 60-jährige Regisseur legte mit dem auf Deutsch gedrehten Werk eine sehr freie Adaption der gleichnamigen Tragödie von Johann Wolfgang von Goethe vor. Dafür verpflichtete er mehrere deutsche Schauspieler wie Hanna Schygulla und Florian Brückner. Die rastlose Wanderung seiner Hauptfigur tauchte er in düstere, meist braun- oder grünlich-getränkte Bilder.

Bei den Kritikern wurde der Film allerdings kontrovers aufgenommen. Während die einen Sokurows visuelle Umsetzung lobten, durch die die Zuschauer förmlich in die Goethezeit mit all ihrem Elend und Schmutz versetzt würden, kritisierten andere die Inszenierung als behäbig und als unzugängliches Kunstkino.
 
Bei einem der Preisträger waren sich dann aber wieder die meisten einig: Michael Fassbender, Sohn eines Deutschen und einer Irin, wurde für seine herausragende Leistung in dem Film „Shame“ geehrt. Darin spielt der 34-Jährige, der seinen ersten großen Auftritt in Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“ hatte, einen Mann, der ständig auf der Suche nach neuen Sexpartnern ist. Doch dann kommt seine Schwester zu Besuch, und er muss lernen umzudenken.
 
Die Geschichte eines Sexsüchtigen mag wenig originell klingen, und doch ist es Fassbender, der diesem Film zu Stärke verhilft. Denn als der eigentlich vor Selbstbewusststein strotzende New Yorker mit der Leere seines Lebens konfrontiert wird, meistert Fassbender diesen Spagat scheinbar mühelos. Diesen verunsicherten Charakter, der eben noch jede Frau mit nur einem Blick verführen konnte, und der jetzt auf den Zusammenbruch zusteuert – den verkörpert der 1977 in Heidelberg geborene Fassbender äußerst glaubwürdig.
 
Neben den Deutschen konnten sich vor allem zwei Chinesen über Ehrungen des weltweit ältesten Filmfestivals freuen. So ging der Silberne Löwe für die beste Regie an den Regisseur Cai Shangjun. Sein Drama «People Mountain People Sea» basiert auf wahren Begebenheiten und beschreibt die Suche eines einfachen Mannes nach dem Mörder seines Bruders.
 
„People Mountain People Sea“, als Überraschungsfilm erst während der Festspiele bekanntgegeben, berührte die Zuschauer nicht nur damit, dass er angeblich an der chinesischen Zensur vorbeigeschmuggelt wurde, sondern außerdem mit seinen realistisch anmutenden Bildern aus den Armenvierteln einer chinesischen Großstadt.
 
Die Chinesin Deanie Ip konnte sich bei dem von starken Männerrollen dominierten Wettbewerb als beste Schauspielerin durchsetzen. Sie gab in dem bewegenden Drama „A Simple Life“ eine alte Dame, die Jahrzehnte lang für eine wohlhabende Familie als Hausmädchen gearbeitet hat. Dann kommt sie in ein Altersheim, in dem die älteren Menschen unter teils schwierigen Bedingungen leben.
 
Doch sie lässt sich nicht kleinkriegen, sie kämpft weiter. Dabei hilft ihr vor allem die zarte, aber innige Beziehung zu ihrem Ziehsohn, für den sie zuletzt gearbeitet hat. Genau dieses Zusammenspiel der Beiden sorgte dann auch für immerhin etwas Optimismus in dem sonst so rauen, aber durchaus starken und vielseitigen Wettbewerb. [Aliki Nassoufis]

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1 Kommentare im Forum
  1. AW: Fassbender und "Faust" - Venedig im Zeichen rastloser Seelen Endlich mal eine gute Wahl! Dieser Film wird dann vermutlich um 23:45 Uhr auf ARTE versteckt...
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