Die große und lange Tradition der zeitkritischen Politik-Magazine muss neu belebt werden, denn in der derzeitigen Fernsehlandschaft würden politische Magazine Etikettenschwindel betreiben – egal obbei „Frontal 21“ vom ZDF, „Spiegel-TV“ bei RTL oder „Panorama“, „Monitor“ und Co. der ARD. So das vernichtende Ergebnis eines Expertenrates.
Eine Schelte für die Politik-Magazine der derzeitigen Fernsehlandschaft: Denn die politischen Magazine, die derzeit im Fernsehen laufen, sind alles andere als politisch. Statt großer politischen Themen dominieren Beiträge über Gesundheit und Soziales. Verbraucher- und Service-Themen stehen im Mittelpunkt. Die deutsche Bundeskanzlerin wird allenfalls als Satire-Objekt in der Berichterstattung abgehandelt. Brisante Themen sind die Ausnahme, zur Themensetzung würden sie kaum einen Beitrag leisten, die meisten Beiträge entsprechen Regionalzeitungsniveau.
Ein vernichtendes Urteil zu den einst bedeutsamen Politik-Magazinen der deutschen Fernsehlandschaft – ausgestellt hat es eine medienkritische Studie der Otto Brenner Stiftung, die der Medienwissenschaftler und ehemalige Geschäftsführer des Grimme Instituts, Bernd Gäbler, durchgeführt hat. „Politische Magazine gehören zum Kern des öffentlich-rechtlichen Auftrags“, so Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung. Die Studie zeige jedoch, „dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit im aktuellen TV-Magazinangebot eine zu große Lücke klafft“.
Die Expertengruppe vertritt die Meinung, die Sender würden die einst so großen politischen Magazine inzwischen sträflich vernachlässigen: Sendezeit einkürzen, damit sie ins Sendeschema passen und bei Fußball-Übertragungen oder einer alten Ausgabe von „Traumschiff“ ganz entfallen lassen. Den privaten Sendern bescheinigt die Studie, sich mit der neuen Buntheit von „Spiegel-TV“ aus diesem Genre verabschiedet zu haben.
Am Ende seines Befundes liefert Gäbler den Sendern und ihren Politik-Magazinen klare Handlungsempfehlungen. So sollen die Politik-Magazine ihrer Selbstbeschreibung gerecht werden und alle Verbraucher- und Servicethemen aus den Sendungen entfernen – dies entspräche 30 bis 40 Prozent aller Beiträge. Die ARD solle die Anzahl der politischen Magazine von derzeit sechs auf zwei reduzieren. „Fakt“ und „Kontraste“ sollten höchstens im Regionalprogramm fortgeführt werden. Außerdem sollte die Sendelänge von derzeit rund 30 auf 45 Minuten ausgedehnt werden. Das ZDF müsse – sollte es ihm ernst mit dem politischen Magazin sein – in „Frontal 21“ Investitionen zur redaktionellen Stärkung tätigen.
„Es gibt eine große und lange Tradition der zeitkritischen und investigativen Magazine“, bekräftigt Gäbler. „Jetzt kommt es darauf an, sie in ein neues mediales Umfeld und eine ganz anders geartete politische Landschaft zu überführen, damit sie wieder eine größere Wirkung auf die Politik und mehr Durchschlagskraft für das ‚Agenda Setting‘ entfalten können.
Die ARD hat die Empfehlungen der Experten mittlerweile zurückgewiesen. [kw]
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