Vor drei Jahren wurde der ostdeutsche Kabelnetzbetreiber Primacom in die Insolvenz geschickt. Damals eigneten sich die Banken den operativen Betrieb billigst an. Der Insolvenzverwalter verdient auch heute noch weiterhin prächtig.
Genau drei Jahre ist es inzwischen her, dass die Kredit gebenden Banken die Aktionäre der Primacom AG in einer beispiellosen Aktion enteignenten und das operative Geschäft mit einem EBITDA-Gewinn von über 40 Prozent für lediglich 1,3 Millionen Euro (inkl. MwSt.) an eigene Strohmänner verschleuderten. Viele Branchenbeobachter bestätigten damals, dass hierbei nicht alles mit rechten Dingen abgelaufen sein soll, sondern als quasi kalte Enteignung von langer Hand geplant worden war.
Nun gibt es in den internen Insolvenzakten, die DIGITAL FERNSEHEN komplett vorliegen, neue Details: Der bereits vor der Insolvenzanmeldung am 18. Juni 2010 von den Banken ausgewählte Insolvenzverwalter Hartwig Albers ist in die Berliner Kanzlei Görg Rechtsanwälte/Insolvenzverwalter GbR gewechselt. Laut seinem neuen Zwischenbericht für dieses Jahr konnte er zahlreiche Einnahmen für die geschickt vergiftete Aktiengesellschaft generieren. Der Verkauf einer Beteiligung an der Zweiten Kabelvision Management Beteiligungs GmbH & Co KG brachte 11000 Euro, von dem abgespalteten operativen Betrieb Primacom Berlin GmbH konnte Albers insgesamt 468 000 Euro eintreiben. Gegenüber der Tele Columbus Multimedia GmbH sollen noch immer Millionenforderungen bestehen aus einer Zeit, als die beiden Unternehmen fast schon fusioniert waren und von identischen Personen geführt wurden.
Nachdem das Landgericht Berlin die Klage der Primacom AG dazu abgewiesen hatte, beauftragte Albers den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und Rechtsanwalt Heinz Rudolf Eble ein Schiedsverfahren einzuleiten. Bis heute hat dazu aber noch keine Verhandlung stattgefunden. Knapp 9000 Euro konnten an Zinsen erwirtschaftet werden, das Finanzamt musste Umsatzsteuererstattungen in Höhe von 93 838,52 Euro leisten.
Für Albers ist die von den Banken von langer Hand geplante, gezielte Insolvenz der Primacom AG ein gefundenes Fressen. Für die Tage zwischen der Anmeldung am 18. Juni 2010 und der Insolvenzeröffnung am 5. Juli 2010 überwies er sich stolze 353 652,35 Euro. Wir erinnern uns: Das einzige Tafelsilber, den operativen Betrieb, verkaufte er nach lediglich zehn Arbeitstagen gemäß dem Regiebuch der Banken.
Diese 353 652,35 Euro entsprechen 125 Prozent der Regelvergütung und teilen sich wie folgt auf: 25 Prozent (88 413 Euro) setzte er als Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter an. Weitere 25 Prozent für erhöhte Haftungsrisiken als vorläufiger Insolvenzverwalter, „die auch durch Abschluss einer Individualversicherung nicht abzudecken sind“. 10 Prozent (35 365 Euro) des Betrages rechnet er für die „Aufarbeitung und Prüfung der zugrunde liegenden Kreditverträge nach englischem Recht als maßgebliche Verfahrensvoraussetzungen“ ab. Weitere 25 Prozent jeweils für die Betriebsfortführung des inzwischen mittellosen Aktienmantels sowie für besondere Verwertungsprobleme. Diese Verwertungsprobleme seien entstanden, weil die Kreditgeber den schnellen Verkauf zum Schnäppchenpreis an deren Treuhänderkonstrukt forderten.
Für Gespräche mit der lästigen Presse („Sonderaufgaben“) rechnete er 15 Prozent (53 047 Euro) ab. Schließlich führte er Interviews mit dem „Handelsblatt“, der „Financial Times Deutschland“, der „Börsen Zeitung“ sowie mit DIGITAL FERNSEHEN. Für die „professionelle Koordinierung … zur Vermeidung kontraproduktiver Reibungsverluste“ beauftragte er für die paar Wochen um den Blitzverkauf seine Haus- und Hofagentur rw konzepte GmbH zum Pauschalpreis von 4000 Euro. Ein zweites Interview mit DIGITAL FERNSEHEN, bei dem wir ihn mit weiteren Ungereimtheiten konfrontierten, lehnte er jedoch ab. Für die Zeit vom 5. Juli 2010 bis zum letzten Bilanzstichtag am 31.12.2012 ließ sich Albers einen fürstlichen Lohn von weiteren 223 395,55 Euro auszahlen.
Und wie es aussieht, wird es die insolvente Primacom AG noch länger geben. Albers zahlt weiterhin die nicht ganz billige Listung der AG an deutschen Börsenhandelsplätzen und treibt weiterhin fleißig Geld ein. Im aktuellen Rechenschaftsbericht geht er davon aus, dass die AG mindestens noch bis Ende 2014, wenn nicht länger, bestehen bleibe. [Stefan Hofmeir]
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