In den Augen des früheren WDR-Intendanten und ARD-Vorsitzenden Fritz Pleitgen besitzt die ARD zu wenig öffentlich-rechtliches Profil. So gäbe es zu viele Talkshows und zu wenig Berichterstattung auch zu Themen, die gerade nicht ganz oben in der Popularitätsskala stehen. Gerade im Hinblick auf den neuen Rundfunkbeitrag sollte die Anstalt ihr Angebot überarbeiten.
Fritz Pleitgen war von 1995 bis 2007 Intendant beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) und von 2001 bis 2002 auch Vorsitzender der ARD. Die jüngere Entwicklung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sieht er jedoch kritisch. Im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ bemängelte der 74-Jährige am Mittwoch das fehlende öffentlich-rechtliche Profil der ARD. Dies sei eine Folge des Quotendrucks, der seit den 1990er Jahren durch die Privatsender auf dem Ersten laste und der den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dazu verleitet hätte, sich in der Berichterstattung verstärkt auf populäre Themen zu beschränken.
Ein Beispiel dafür seien unter anderem die fünf abendlichen Talkshows, die im Frühjahr 2012 wochenlang fast ausschließlich über den Fall Christian Wulff berichtet hätten, während andere Themen fast vollständig ausgeblendet wurden. Generell sieht Pleitgen bei den Talkshows im Ersten ein Überangebot, wohingegen Dokumentationen unterrepräsentiert seien. Kulturstaatsminister Bernd Neumann kritisierte kürzlich ebenfalls die Vernachlässigung von Dokus.
Die Umstellung auf den neuen Rundfunkbeitrag sieht der frühere WDR-Intendant als eine Möglichkeit für die ARD, ihr öffentlich-rechtliches Profil wieder zu schärfen. Die Rundfunkanstalt müsse sich auf ihre Stärken besinnen und könne so der Kritik am neuen Rundfunkbeitrag bereits viel Wind aus den Segeln nehmen, so Pleitgen gegenüber der „FAZ“. Mit ihren Kompetenzen in Fernsehfilm, Information und Kultur könne die ARD an jedem Abend ein Spitzenprogramm im Ersten laufen lassen und beispielsweise Dokumentationen ähnlich wie die BBC international verkaufen. [ps]
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