Mit #Verafake brachte Jan Böhmermann fragwürdige Praktiken von RTLs „Schwiegertochter gesucht“ ans Licht. Nun erklärt Ex-RTL-Chef Helmut Thoma, dass dies gängige Praxis im deutschen Fernsehen sei.
Bei der Rückkehr auf den deutschen TV-Bildschirm hatte ZDF-Moderator Jan Böhmermann mit #Verafake in seinem „Neo Magazin Royale“ die Praktiken von RTL bei der Entstehung seines Erfolgsformates „Schwiegertochter gesucht“ enthüllt. Fragwürdige Praktiken, die kein Einzelfall, sondern vielmehr zum Alltagsgeschäft gehören sollen, wie jetzt einer sagt, der es wissen muss: Helmut Thoma, einst Chef des Privatsenders RTL.
Durch einen eingeschleusten Kandidaten und dessen angeblichen Vater hatte Böhmermann aufgezeigt, wie die Produktionsfirma die eigensinnigen Faibles des Kandidaten noch weiter förderte und richtig in Szene setzte. RTL hatte sich daraufhin in einer Stellungnahme zu Wort gemeldet und Fehler bei der Produktion von „Schwiegertochter gesucht“ eingeräumt und das verantwortliche Produktionsteam ausgetauscht.
Doch im Gespräch mit „Focus Online“ stellt Thoma nun klar, dass sich dabei keineswegs um eine Ausnahme handelt, wie RTL angab, sondern um gängige Praxis bei allen Fernsehsendern. „Das ist der Normalfall“, so Thoma Focus Online gegenüber. „Das ZDF macht das auch in einigen Sendungen, das ist überhaupt keine Frage. Das ist alles vorbereitet. So ist es halt.“ Eine Entwicklung, die der einstige RTL-Chef in den Produktionsbedingungen begünstigt sieht, da es außer Fußball- und Sportsendungen kaum noch Liveaufzeichnungen gebe. „Bei solchen Sendungen muss man von vornherein wissen, dass das alles nach einer möglichen Attraktivität für den Zuschauer zugeschnitten ist“, stellt Thoma klar. „Da überlässt man nichts dem Zufall.“
Tricksen, so glaubt er, ist daher einfach Bestandteil des Produktionsablaufes: „Das ist gang und gäbe. Sie müssen davon ausgehen, dass das alles mehr oder minder zusammengestellt ist. Ob das jetzt ‚Der Trödeltrupp‘ ist oder Reportagen über Messies. Höchstwahrscheinlich kann man sich da bewerben und dann wird die eigene Wohnung in eine Messie-Wohnung verwandelt.“
Den Grund für dieses Vorgehen sieht der 77-Jährige vor allem in den günstigen Produktionskosten, mit denen sich solche Formate produzieren lassen. Gleichzeitig kämen die Sender laut Thoma den Bedürfnissen der Zuschauer entgegen: „Es ist alles gespielt und nichts wahr. Die Leute lieben es, wenn sie eine scheinbare Realität vorgespielt bekommen.“[kw]
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