Der frühere Premiere-Chef Georg Kofler ist wegen möglicherweise überhöhter Abo-Zahlen bei dem Bezahlsender ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Die Ermittler durchsuchten am Mittwoch Wohnungen und Büros.
Durchsucht wurden Appartements und Büros in der Umgebung von München in Bayern, anderen Bundesländern und in Luxemburg, wie eine Sprecherin der Behörde sagte und damit einen Bericht des „Bayerischen Rundfunks“ bestätigte. Die Staatsanwälte gehen in dem Verfahren dem Verdacht des Anlagebetrugs nach. Entsprechende Ermittlungen liefen bereits seit 2008, sagte die Sprecherin
Kofler wies die Vorwürfe zurück. „Die Vorwürfe hinter den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind haltlos. Ich stelle unverändert fest: Premiere hat während meiner Amtszeit stets korrekt berichtet“, sagte er laut Mitteilung. Es gebe keine Bewertung eines deutschen Gerichts, die zu einem anderenErgebnis komme. „Im Gegenteil:Das Landgericht München hatte in mehreren Verfahren klar festgestellt,dass den Klägern unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einSchadensersatzanspruch zusteht. Das Gericht hatte dabei auch dieTatbestände geprüft, wegen derer die Staatsanwaltschaft ermitteltund diese verneint“, erklärte der Ex-Premiere-Chef weiter.
Das Oberlandesgericht München habe als letzte Instanz in einem Beschluss (7 U 4999/10), der im März 2011 ergangen ist, explizit darauf hingewiesen, dass es „keinen Anlass gibt, den verwendeten Abonnentenbegriff als fehlerhaft zu bezeichnen“.Die Richter des Oberlandesgerichts München hätten ebenfalls ausgeführt, dass die Berufung gegen ein klageabweisendeserstinstanzliches Verfahren vor dem Landgericht München (5 HK O 749/10) keine Aussicht auf Erfolg habe.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte der Pay-TV-Plattform Sky Ende Dezember für die Geschäftsjahre 2007 und 2008 die Veröffentlichung geschönter Geschäftszahlen vorgeworfen. Die Kontrolleure beschuldigen das Unternehmen, überhöhte Firmenwerte und Abonnentenzahlen ausgewiesen zu haben. Sky drohen neben Bußgeldern auch potenzielle Schadenersatzklagen von Investoren.
Sky wird vorgeworfen, bei einem Free- und Pay-TV-Rechtepaket für die Fußball-WM 2010 die Anschaffungskosten unzutreffend auf die Free- und Pay-TV-Sportübertragungsrechte aufgeteilt zu haben, wodurch ein zu niedriger Anteil der Anschaffungskosten den ausgewiesenen Umsatzerlösen als Aufwand zugeordnet worden sei. Außerdem sei in zwei Zwischenlageberichten nicht ausreichend auf bestehende Risiken für die Finanzlage des Konzerns bzw. die wirtschaftlichen Risiken des Erwerbs von Sublizenzen hingewiesen worden. Auch die Abonnentenzahlen seien in beiden Berichten um rund 623 000 bzw. 611 000 zu hoch ausgewiesen worden (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). Sky hatte die Vorwürfe der BaFin umgehend zurückgewiesen und eine gerichtliche Überprüfung angekündigt.
Kofler, der zwischen Februar 2002 und August 2007 die Geschicke des Sky-Vorgängers Premiere gelenkt hatte, hatte die Vorwürfe bereits nach Aufkommen ebenfalls zurückgewiesen. Die von der BaFin in Zweifel gezogenen Finanzberichte aus den Jahren 2007 und 2008 seien erst nach seinem Rückzug aus dem Unternehmen am 31. August 2007 erstellt worden. Kofler verwahrte sich auch gegen Vorwürfe, während seiner Amtszeit seien geschönte Abonnentenzahlen an die Öffentlichkeit kommuniziert worden. Für die Festlegung dieser Kenngrößen gebe es „keine bilanzrechtlichen Standards“, hatte der Südtiroler betont (DIGITAL FERNSEHEN berichtete).
In der Mitteilung vom Mittwoch betonte Kofler noch einmal, dass er mit der Auffassung der Sky Deutschland AG einhergehe, dass die Feststellungen der BaFin bezüglich der Finanzberichte unzutreffend seien. „Auch wenn die Abschlüsse von 2007 und 2008 nicht mehr unter meiner Führung entstanden sind, so kann ich grundsätzlich feststellen, dass während meiner Amtszeit die Finanzberichte von Premiere stets in Zusammenarbeit mit führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bewertet, diskutiert und erstellt worden sind“, verdeutlichte der ehemalige Geschäftsführer.
Alle Abschlüsse würden das uneingeschränkte Testat international renommierter Wirtschaftsprüfungsgesellschaften tragen und seien ordnungsgemäß und unter strenger Beachtung der Bilanzierungsvorschriften nach IFRS erstellt worden. „Dass es bei der Bilanzierung nach IFRS gerade bei komplizierten Transaktionen unter Bilanzfachleuten zu unterschiedlichen bilanzrechtlichen Würdigungen kommen kann, ist nicht ungewöhnlich“, führte Kofler weiter aus und betonte, dass dies nicht als bewusstes oder gar vorsätzliches Fehlverhalten operativ tätiger Vorstände gewertet werden könne.
Die Anschuldigungen Abonnentenzahlen beschönigt zu haben, wies der Ex-Premiere-Chef mit unterschiedlichen Strategien von Premiere und Sky zurück. Der Sky-Vorgänger habe stets das Ziel verfolgt, Pay-TV als Massenprodukt zu etablieren und damit auch bewusst in Kauf genommen, Abonnements mit niedrigen oder sehr niedrigen Jahresumsätzen zu akzeptieren. Sky hingegen versuche, Abonnenten mit höheren Umsätzen zu gewinnen. Demzufolge sei nach der durch Sky vorgenommenen Neuklassifizierung zwar die Zahl der betreuten Abonnenten gesunken, die Umsätzen pro Abonnement (ARPU) gleichzeitig deutlich gestiegen. Das Produkt aus ARPU und Abo-Zahl, der Umsatz, war und ist in beiden Betrachtungsweisen jedoch gleich.
Der Ex-Geschäftsführer verdeutlichte daher, dass von „sogenannten Luftbuchungen, die in manchen Medienberichten und Kommentaren unterstellt werden“ keine Rede sein könne. Jeden Euro, der während seiner Amtszeit ausgewiesen worden sei, habe Premiere auch erwirtschaftet.
Es seinen strategische Entscheidung gewesen, Premiere als Massenprodukt zu etablieren und demzufolge neben den etablierten Kanälen zur Kundenakquisition auch Vertriebsmodelle und Angebote zu entwickeln, die zunächst keine hohen Umsätze pro Abonnement brachten. Allerdings hätten diese auch nur geringe Akquisitionskosten verursacht.
Zu guter Letzt sagte Kofler: „Als Vorreiter der Digitalisierung des Fernsehens musste Premiere ja dafür sorgen, dass möglichst viele Menschen erst einmal die Chance bekamen, das Programm zu sehen und kennenzulernen. Nach wie vor stehe ich dazu, dass dies damals die richtige Marketing- und Vertriebsstrategie war“.
Update 15.30 Uhr: Weitere Informationen hinzugefügt
Update 16.24 Uhr: Stellungnahme Koflers hinzugefügt[dpa/js]
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