Berlin – Als sich Haim Saban vor einem Jahr anschickte, den Fernseh-Konzern ProSiebenSat.1 zu kaufen, war die größte Aufregung schon wieder abgeklungen.
Die Öffentlichkeit hatte sich im Laufe des Übernahme-Pokers damit abgefunden, dass künftig die Hälfte des deutschen Privatfernsehmarkts von einem stets gut gelaunten und vor Tatendrang vibrierenden Milliardär aus dem kalifornischen Malibu kontrolliert wird. Wenn der amerikanisch-israelische Unternehmer auch nicht mit offenen Armen empfangen wurde – zuletzt überwog wohl doch die Neugier, nachdem Saban lange Zeit als Exot belächelt worden war.
Jetzt lacht der 59-Jährige – über die anderen. Er könne die Zurückhaltung der deutschen Medienkonzerne beim Verkauf der Senderkette aus dem Kirch-Erbe kaum glauben, sagte Saban Anfang Mai dem „Spiegel“.
Der Unternehmer, auf der „Forbes“-Liste der reichsten Menschen auf Platz 342, hat allen Grund, gut gelaunt zu sein. Das von der Saban Capital Group geführte Konsortium aus Finanzinvestoren bezahlte im vergangenen August 7,50 Euro je Aktie für die Übernahme der größten deutschen TV-Gruppe. Inzwischen sind die ProSiebenSat.1-Aktien fast doppelt so teuer. Für Saban im Nachhinein ein „Geschäft ohne Risiko“.
Dabei hatte der Hamburger Großverlag Bauer im Bieterwettstreit um das Kerngeschäft der früheren KirchMedia lange Zeit wie der sichere Sieger ausgesehen. Im März 2003, knapp ein Jahr nach der Kirch-Pleite, erhielt aber überraschend nicht Bauer, sondern der Paradiesvogel aus Kalifornien den Zuschlag der Insolvenzverwalter. Ein erster Anlauf scheiterte an Finanzierungsdetails, aber am 5. August gab der Gläubigerausschuss grünes Licht für den Kauf der Sender Pro Sieben, Sat.1, Kabel 1 und N24.
Nach den schweren Erschütterungen, die der Zusammenbruch des Kirch-Imperiums ausgelöst hatte, lief der eigentliche Einstieg des gebürtigen Ägypters auf dem wichtigsten europäischen Fernsehmarkt dann vergleichsweise geräuschlos ab. Auf den Medienseiten der Tageszeitungen wurden zwar hitzige Debatten geführt. Am Ende setzte sich aber die Ansicht durch, dass der Fernsehexperte Saban, der sein geschätztes Privatvermögen von 1,7 Milliarden US-Dollar mit dem Verkauf von Kinderprogrammen gemacht hat, keine schlechtere Wahl ist als der Branchenneuling Bauer.
Wenn das plötzliche Auftauchen des US-Unternehmers als Zäsur, nicht aber als „feindliche Übernahme“ auf dem bis dato zwischen Bertelsmann (RTL, Vox) und der KirchGruppe aufgeteilten deutschen Privatfernsehmarkt empfunden wurde, dann liegt das auch an der Person Saban. Vom Auftritt des begnadeten Selbstdarstellers auf den Münchner Medientagen im vergangenen Oktober schwärmen Teilnehmer noch heute. Schlagfertig, witzig und charmant, aber knallhart in der Sache habe Saban, der Thomas Gottschalk und Bill Clinton zu seinen Freunden zählt, für seine Interessen geworben.
Dass dabei der Eindruck entstehen kann, der wahre ProSiebenSat.1-Chef sitze nicht in München, sondern in Los Angeles, nimmt der Aufsichtsratsvorsitzende Saban augenzwinkernd in Kauf. Er gebe lediglich Anregungen und sei ansonsten nur „der Mittler, das Bindeglied zum Management“. Wie groß sein Einfluss tatsächlich ist, zeigt sich daran, dass Saban die Führungsspitze nahezu komplett ausgetauscht und wichtige Posten mit Vertrauten besetzt hat. Vorstandschef Urs Rohner musste trotz Vertragsverlängerung seinen Hut nehmen und wurde durch Guillaume de Posch ersetzt.
Jetzt aber sei das Management-Team „phantastisch“ und die bisherige Bilanz „großartig“, lässt Saban wissen. Da passt es gut, dass sich bei ProSiebenSat.1 nach vier mageren Jahren mit rückläufigen Werbeumsätzen eine Trendwende andeutet. Nach dem guten zweiten Quartal liegt der Konzern im ersten Halbjahr über den Planungen. Genaue Zahlen veröffentlicht das Unternehmen in gut einer Woche. [lf]
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