DLM-Vorsitzender: „Vorstellungen zum Sparen sind unrealistisch“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Gemäß einer aktuellen Studie des Deutschen Steuerzahlerinstituts (DSI) könnten durch eine Fusion der Landesmedienanstalten hohe Summen im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem gespart werden. DIGITAL INSIDER sprach mit Dr. Jürgen Brautmeier, dem Vorsitzenden der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), darüber, wie realistisch Einsparungen im dreistelligen Millionenbereich tatsächlich sind.

Herr Brautmeier, die Studie des Deutschen Steuerzahlerinstituts sieht bei den Landesmedienanstalten Einsparpotenziale durch eine Konsolidierung der einzelnen Anstalten zu einer einzigen Regulierungsbehörde. Halten Sie eine solche Reduzierung für sinnvoll?
 
Jürgen Brautmeier: Ich bin davon überzeugt, dass wir als Fundament für die Medienregulierung weiterhin regional verankerte Landesmedienanstalten brauchen – mit ihrem Sachverstand vor Ort, die gemeinsame Entscheidungen von bundesweiter Bedeutung vorbereiten und umsetzen. Eine zentrale Ländermedienanstalt würde den Anforderungen an regionale Besonderheiten nicht gerecht und  leistete nur zentralistischen Tendenzen Vorschub. Wir leben in einem föderalen System, das gerade wegen seiner unterschiedlichen regionalen Ausprägungen so vielfältig ist. Wir haben viele regionale Themen, Lokal-TV, Hörfunk, Medienkompetenz, um nur die wichtigsten zu nennen. Und für die bundesweiten Themen haben wir Arbeitsstrukturen geschaffen, mit denen wir effizient und rasch arbeiten können.
 
Unabhängig davon: Einsparmöglichkeiten bei der eigenen Tätigkeit immer wieder auszuloten und dann umzusetzen, gehört zu den Grundaufgaben all derer, die öffentliche Mittel verwalten, also auch bei uns Landesmedienanstalten. Der größere Schritt in diesem Zusammenhang war sicherlich die Bündelung der gemeinschaftlichen Aufgaben in den Kommissionen der Medienanstalten und einer gemeinsamen Geschäftsstelle in Berlin, die wir im erst September eröffnet haben. Das bedeutet eine noch engere Verzahnung bei unseren wichtigen Themen wie Zulassung und Aufsicht über bundesweite Veranstalter, Medienkonzentration und Jugendmedienschutz. Davon versprechen wir uns erhebliche Synergieeffekte.

Kurz: Die Organisationsform, die wir im Ergebnis gefunden haben, basiert auf der Verfassung und unserer föderalen Struktur. Sie ist nach meiner Überzeugung zugleich diejenige, die am besten gewährleistet, dass wir die föderalen Interessen in Übereinstimmung mit den nationalen und internationalen Erfordernissen bringen – und mit dem Geld des Gebührenzahlers sparsam umgehen.
 
In der Studie wird argumentiert, dass die Gewerbeaufsicht eigentlich eine staatliche Aufgabe ist. Daher sei es wenig verständlich, warum die Beitragszahler die privaten Fernseh- und Radiounternehmen mitfinanzieren müssen. Sollte man die Aufsicht aus Ihrer Sicht dem Staat überlassen?
 
Brautmeier: Nein, sicher nicht! Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage ja mehrfach eindeutig beantwortet. Das Prinzip der Staatsferne des Rundfunks ist bei uns aus guten Grund verfassungsrechtlich verankert, und als Historiker kann ich mich nur wundern über die Geschichtsvergessenheit mancher Leute. Ich glaube, der Bund der Steuerzahler hat hier eine völlig irrige Ansicht, die weit weg ist vom Verfassungsauftrag. Und: Der Rundfunk ist als Kulturgut besonders zu schützen. Wer hier sagt: „It’s the economy, stupid!“ hat nicht verstanden, um was es geht.
 
In der Studie wird auf Hans-Peter Siebenhaar vom Handelsblatt verwiesen, der Einsparungen im dreistelligen Millionenbereich für realistisch hält, wenn es nur noch eine einzige Regulierungsbehörde gäbe? Halten Sie das auch für realistisch?
 
Brautmeier: Die Einnahmen aller deutschen Landesmedienanstalten aus der Haushaltsabgabe beträgt in diesem Jahr insgesamt rund 100 Millionen Euro. Die kann man einsparen, wenn man die Medienanstalten, egal ob regional oder zentral, für überflüssig hält, aber das tut auch Herr Siebenhaar nicht. Von daher kann ich diese Forderung überhaupt nicht nachvollziehen.
 
Wie hoch wäre aus Ihrer Sicht das Einsparpotenzial, wenn die Zahl der Landesmedienanstalten reduziert würde?
 
Brautmeier: Natürlich gäbe es Synergieeffekte bei Zusammenlegungen. Ich halte aber nichts davon, hierüber spekulativ Zahlen in die Welt zu setzen. Die Bundesländer müssen sehr genau überlegen, wo sie Kompetenzen bündeln und wieviel Kompetenzen sie an andere Ebenen abgeben wollen, und vor allem an wen. Denn machen wir uns nichts vor: Wie lange macht die Zentralisierung von Aufgaben in der Medienwelt auf nationaler Ebene aus wirtschaftlicher Sicht noch Sinn, und ab wann ist es dann die europäische Ebene, auf der alles zusammengefasst wird? Ich bin eher vom Gegenteil überzeugt, auch und gerade aus kulturellen Gründen, und selbst in Brüssel wächst ja neuerdings wieder die Erkenntnis, dass das Subsidiaritätsprinzip doch sehr viel Gutes hat.
 
Vielen Dank für das Gespräch. [Marc Hankmann, Chefredakteur des DIGITAL INSIDER]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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