In der Schweiz ist ein Streit um die Höhe der Urheberrechtsabgaben entbrannt, der im Hintergrund von der Motion Picture Association of America (MPAA) entfacht wurde. Die Amerikaner setzen die Alpenrepublik in Sachen Urheberrecht mit Ländern wie China oder Russland gleich.
Plattformbetreiber wie zum Beispiel Swisscom oder Zattoo bieten ihren Kunden in der Schweiz die sogenannte Replay-Funktion an. Damit können verpasste Sendungen angeschaut werden, ohne dass der Kunde sie selbst aufzeichnen muss. Ein solches TV-Archiv reicht bis zu 30 Stunden zurück, bei Zattoo sind es sogar 30 Tage. Der amerikanischen Filmindustrie gefällt diese Replay-Funktion allerdings überhaupt nicht, weshalb es nun zum Streit über die vertraglich geregelte Urheberrechtsabgabe für diese Funktion kommt.
Die Verhandlungen über den Ende des Jahres auslaufenden Vertrag zwischen Plattformbetreibern und Verwertungsgesellschaften wurden bereits beendet. Nun muss das Eidgenössische Schiedsgericht über einen Vertragsentwurf entscheiden, der keine Regelung zur Abgabe für die Replay-Funktion enthält. Hinter den Verwertungsgesellschaften zieht die MPAA die Fäden, die der Meinung ist, dass von der Replay-Funktion weit mehr Urheber betroffen sind als von den Verwertungsgesellschaften überhaupt vertreten werden. „Dieses Verhalten steht beispielhaft für die fehlende Bereitschaft, wirtschaftliche Vorteile der Digitalisierung nutzen zu wollen“, kritisiert hingegen Urheberrechtsexperte Martin Steiger die MPAA. „Sie versucht stattdessen, ihre bisherigen Geschäftsmodelle mit Forderungen nach einem weiter verschärften Urheberrecht zu retten“, so der Rechtsanwalt der Züricher Kanzlei Steiger Legal.
Darüber hinaus hat die Kommission gegen Piraterie des US-Kongresses die Schweiz auf eine Art schwarze Liste der Länder gesetzt, die aus Sicht der USA erhebliche Probleme mit der Durchsetzung des Urheberrechts haben. Die Eidgenossen befinden sich nun in Gesellschaft solcher Länder wie China, Ukraine oder Russland. Ein direkter Zusammenhang zur Replay-Debatte besteht allerdings nicht, denn in der Liste wird kritisiert, dass der Download urheberrechtlich geschützter Inhalte in der Schweiz generell erlaubt ist. Lediglich der illegale Upload solcher Werke ist verboten. Aus Sicht von Rechtsanwalt Steiger ergibt sich hieraus ein hohes Maß an Rechtssicherheit für die Verbraucher in der Schweiz, die sie allerdings auch mit den laut Steiger „weltweit höchsten pauschalen Urheberrechtsabgaben“ bezahlen.
Ende November wird mit einer Entscheidung des Eidgenössischen Schiedsgerichts in der Replay-Diskussion gerechnet. Infrastrukturanbieter und Plattformbetreiber hoffen daher auf klare rechtliche Verhältnisse, bevor der noch gültige Urheberrechtsvertrag Ende des Jahres ausläuft. Dass die Schweiz aber schnell wieder von der schwarzen Liste der Amerikaner verschwinden wird, ist eher unwahrscheinlich. Vor gut einem Jahr entschied der Schweizer Bundesrat, dass der bestehende rechtliche Rahmen zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen im Internet ausreicht.
Im DIGITAL INSIDER derWocheliefertIhnen unsergleichnamigerBranchen-Fachdienst immeramMontagexklusiveHintergründe aus derMedienbranche. WeitereInformationenzum Themafinden Sie in dergedruckten Ausgabe des DIGITAL INSIDER,den Sieunter diesem Link abonnieren können.DIGITAL INSIDER der Woche – Archiv
[mh]
Bildquelle:
- Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com