Das bundesweite Digitalradio im DAB-Plus-Standard wurde am 1. August 2012 ein Jahr alt. Im Gespräch mit DIGITAL FERNSEHEN zog Dr. Chris Weck, der Hauptabteilungsleiter für Technik und Infrastruktur beim Deutschlandradio, Bilanz und sprach über das mangelnde Interesse der privaten Programmanbieter und warum diese von einer Umstellung auf DAB Plus langfristig profitieren würden.
Herr Weck, am 1. August wurde DAB Plus in Deutschland ein Jahr alt. Welche Bilanz ziehen Sie?
Chris Weck: Die Entwicklung von Digitalradio seit dem Start im 1. August 2011 ist ausgesprochen erfolgreich verlaufen. Es war der Anfang eines neuen und vielseitigen digitalen Programmangebots in Deutschland, das sich in den letzten Monaten ständig erweitert hat. Heute sind nahezu alle Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie eine Vielzahl privater Programme bundesweit oder regional über DAB Plus empfangbar.
Zum Startnetz von ursprünglich 27 Sendern wurden seit Sommer 2011 sukzessive neue Sender dazugeschaltet, so dass wir im Herbst 2012 bereits 45 Sender mit dem bundesweiten Angebot in Betrieb haben werden. Dazu kommt eine Vielzahl von Sendern für die regionalen Netze. Dank der erfolgreichen Verhandlungen mit unseren Nachbarländern sind die bundesweiten Programme in ganz Deutschland mittlerweile auf einer einzigen Frequenz, dem Kanal 5C, empfangbar, was das Auffinden der nationalen Programme in den unterschiedlichen Regionen erheblich vereinfacht.
Wie wurde DAB Plus innerhalb des letzten Jahres von den Radiohörern angenommen?
Weck: Wir beobachten ein wachsendes Interesse und eine steigende Akzeptanz von Digitalradio. Die Kurve bewegt sich stetig nach oben und zwar mit der gleichen Geschwindigkeit, die seinerzeit zum Beispiel im englischen oder schweizerischen Markt beobachtet werden konnte. Viele unserer Hörerzuschriften bestätigen ihr Interesse an Digitalradio. Schließlich ist unser neues Programm DRadio Wissen auch nur digital empfangbar. Ab und zu verlosen wir auch ein Digitalradio und beobachten hierbei eine sehr hohe Resonanz. Beispielsweise haben sich beim ’Sonntags-Rätsel’ bei einer solchen Aktion die Zuschriften mehr als verdoppelt.
Zwar gibt es generell eine Nachfrage bei Programmveranstaltern, doch das Interesse scheint bei den öffentlich-rechtlichen Radiosendern deutlich stärker zu sein als bei den privaten. Wie erklären Sie sich das?
Weck: Das Interesse der Programmveranstalter bei Digitalradio ist derzeit noch etwas unterschiedlich, aber das ändert sich mehr und mehr. Man muss wissen, dass es einige private Rundfunkanbieter gibt, die sehr gut im UKW-Frequenzspektrum vertreten sind und dort auch sehr viel Geld mit ihrem Hörfunkprogramm verdienen. Diese Programmanbieter sehen für sich keinen akuten Handlungsbedarf an dieser Situation etwas zu ändern und sie wissen auch, dass sie mit Digitalradio eine größere Konkurrenz zu erwarten haben. Der überfüllte UKW-Frequenzbereich gewährleistet nämlich eine hervorragende Marktabschottung. Dies berücksichtigt aber nicht die Bedürfnisse der Hörer nach besserem Empfang und vielseitigeren Programmangebot, wie es nur Digitalradio bieten kann.
Beim Digitalradio gewinnt aber nicht nur der Hörer sondern auch der Programmanbieter, denn im Vergleich zu UKW können pro Programm ca. 50 bis 70% der Verbreitungskosten eingespart werden und bis zu 80 % der Sendeenergie. Selbst in Smartphones benötigt Digitalradio weniger Energie als Radio über UKW oder Internet. Digitalradio trägt langfristig also zu einem schonenden Umgang mit unseren Ressourcen bei.
Vielen Dank für das Gespräch![red]
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