Ein großer Teil unseres Lebens ist heute durch den Konsum von Medien bestimmt. Wir nehmen mehr Informationen auf denn je, sei es zur Weiterbildung oder einfach zur Unterhaltung. Natürlich hat diese Entwicklung auch einen Effekt auf uns. Gerade Kinder und Jugendliche sind besonders beeinflussbar und konsumieren im 21. Jahrhundert mehr verschiedene Medien denn je. Aber welche konkreten Einflüsse der Medienlandschaft lassen sich bei Heranwachsenden beobachten oder nachweisen?
Medienkonsum prägt und stößt an
Jugendliche verbringen mehr Zeit vor Bildschirmen als je zuvor. Da speziell junge Menschen sehr beeinflussbar sind und ihre Entwicklung stark von äußeren Einflüssen geprägt wird, ist es wichtig, darauf zu achten, womit sie große Teile ihrer Freizeit verbringen. Neuartige Inhalte kollidieren nicht selten mit den Gewohnheiten und Einstellungen älterer Generationen. Als Beispiel könnte man die Anfänge der Rockmusik anführen, der in den 1950er und 1960er Jahren eine rebellische oder gar revolutionäre Doktrin nachgesagt wurde. In der heutigen Zeit verhält es sich ähnlich mit der Nutzung sozialer Medien und dem arglosen Umgang mit Informationen. Besonders besorgte Stimmen thematisieren in diesem Zusammenhang regelmäßig den Untergang unserer Gesellschaft oder der zunehmenden Verrohung der Jugend durch zu viel oder falschen Medienkonsum.
Diese reaktionäre Haltung ist natürlich übertrieben, dennoch ist unbestreitbar, dass ein hoher Medienkonsum eine bestimmte Wirkung auf Menschen hat. Alleine der kulturelle Einfluss ist riesig. Wenn die ganze Welt über die neueste Folge von „Game of Thrones“ diskutiert oder gemeinsam ein sportliches oder kulturelles Event im Fernsehen verfolgt, dienen die Medien als sozialer Mittelpunkt.
Doch auch auf Individuen hat der Medienkonsum einen Einfluss und mitunter gar einen prägenden Effekt. Ein Extrembeispiel wäre der so genannte Werther-Effekt. Dieses soziale Phänomen bezeichnet die Tatsache, dass wiederholt ein Zusammenhang zwischen medialen Berichten oder Inhalten rund um das Thema Suizid und der akuten Selbstmordrate festgestellt werden konnte.
Bewusste und unbewusste Meinungsbildung
Das Fernsehen hat in der heutigen Gesellschaft einen großen Einfluss auf die Meinungsbildung der Zuschauer. Aktuell ist dies besonders in den USA zu beobachten, wo die größten Sendernetzwerke oft – besonders im Fall von Fox News – eine klare politische Ausrichtung zeigen. Auch wenn man nur unbewusst den Inhalt der Fernsehsender aufnimmt, trägt dies zur Meinungsbildung bei.
Hinzukommt, die hohe Bildschirmzeit, die sich bei Jugendlichen heute nicht mehr nur auf das Fernsehen beschränkt. Computer, Tablet oder Smartphone ermöglichen den Zugriff auf zahlreiche Streamingdienste. Dieses gesteigerte Medienangebot treibt die Stunden, die Kinder vor einem Monitor verbringen, in die Höhe. Obwohl die Zeit, die junge Menschen mit traditionellem TV verbringen zurückgegangen ist, blieb die Gesamtzeit des Medienkonsums unverändert hoch, was eine aktuelle Studie zeigt.
Auch positive Auswirkungen
Der Medienkonsum junger Menschen muss also generell kritisch gesehen werden. Neben den oft diskutierten Risiken gibt es aber auch positive Auswirkungen. Hier lassen sich vor allem der Mehrwert guter Filme oder die Informationsvermittlung durch Nachrichten oder Dokumentationen hervorheben. Der Allgemeinbildungsstandard, wie auch die Sensibilisierung auf globale Themen sind nicht zuletzt dank der hohen Verfügbarkeit von Informationen über vielfältige Kanäle gestiegen. Ein Forschungsprojekt in den USA aus den frühen 1970er Jahren untersuchte den Effekt von lehrreichen, kinderfreundlichen TV-Sendungen. Die Ergebnisse waren erstaunlich und wurden in einer 2013 im „Pediatrics“-Magazin veröffentlichten Studie(Vol. 131, Issue 3) erst wieder bestätigt.
Bei beiden Studien ging es insbesondere um die „Sesamstraße“ und deren Wirkung auf die Entwicklung von Kindern. Dabei wurden die Probanden in zwei Gruppen unterteilt. Eine Kontrollgruppe mit unveränderten Sehgewohnheiten und eine Testgruppe, die den Zugang zu einem Sender erhielt und dazu ermuntert wurde, für die Kinder täglich die „Sesamstraße“ einzuschalten.
Das Ergebnis wirft ein positives Licht auf kinderfreundliche Programme, die im Inhalt soziale und kognitive Fähigkeiten ansprechen und thematisieren. In der ursprünglichen Studie von 1971 wurde bei der Testgruppe ein um fünf Punkte höherer IQ-Wert ermittelt, während die neuere Studie sowohl bei sozialen Kompetenzen als auch einer Verhaltensbewertung deutliche Besserungen feststellen konnte.
Risiken eines zu hohen Medienkonsums
Bei Medien, insbesondere dem Fernsehen, sind jedoch zweifellos Risiken existent, die man grob in zwei Kategorien einordnen kann: zum einen die Probleme, die mit zu viel oder zu intensivem Konsum zusammenhängen und zum anderen die Risiken, die durch die falschen Inhalte entstehen können.
- Mediensucht: Eine hohe tägliche Bildschirmzeit muss noch keine Mediensucht bedeuten. Es ist dennoch wissenschaftlich belegt, dass es zu dieser kommen kann. Ein zwanghaftes Verlangen, Fernsehen zu schauen, trotz Mangels an interessanten Programmen oder unabhängig von der Tatsache, ob man die Tätigkeit genießt, kann ein Anzeichen für Fernsehsucht sein.
- Physiologische Folgen: Unabhängig von der Art des Mediums, sind einige Problemfaktoren nicht zu vermeiden. Bei den meisten Formen von Medienkonsum sitzt man lange Zeit still, bewegt sich nicht und richtet die Augen starr auf einen Bildschirm. Das kann zu Bewegungsmangel führen oder Haltungsschäden durch übermäßig langes Sitzen führen. Hinzu kommt die Gefahr von Augenprobleme durch Bildschirmlicht oder das Nahsehen an Smartphone oder Laptop
- Soziale Isolation: Durch die Möglichkeit konstanter, „medialer Berieselung“ können ganze Abende und Tage mit Inhalt gefüllt werden, ohne soziale Kontakte pflegen zu müssen. Personen, die besonders introvertiert veranlagt sind, laufen dabei Gefahr, sich zu sehr abzukapseln und soziale Kontakte zu vernachlässigen.
- Radikalisierung: Dieser Punkt ist dank der Programmfilterung der Rundfunkanstalten weniger ein Problem des Fernsehens, jedoch sicherlich ein Risikofaktor, der besonders in den sozialen Medien ausgeprägt ist. Durch den Umstand, in einer Filterblase nur eine spezifische Sichtweise auf Geschehnisse zu bekommen, besteht die Gefahr der langsamen Radikalisierung von Personen, die für entsprechende Haltungen empfänglich sind.
Bei all diesen Punkten fällt auf, dass die Risiken meist mit Missbrauch einhergehen, so wie es auch mit anderen Konsumgütern wie etwa Genussmitteln der Fall ist. Eine bewusste Kontrolle des eigenen Verhaltens beziehungsweise der Mediennutzung der Kinder ist daher unerlässlich. Eine entsprechende Herangehensweise und angemessene Balance kann die Risiken minimieren.
Wirkung von Medien auf das Gehirn
Das menschliche Gehirn befindet sich in Kindheit und Jugend noch in der Entwicklung und ist laut wissenschaftlicher Erkenntnisse erst nach dem 25. Lebensjahr voll ausgereift. Gerade in der Jugend hat ein erhöhter Medienkonsum spürbaren Einfluss auf die Entwicklung. Alles, was unser Gehirn aufnimmt muss es verarbeiten und beeinflusst es demnach auch. Daher beschäftigen sich Forscher mit den Effekten von Medienkonsum auf unsere grauen Zellen, wie etwa die Studie von John Hutten des Cincinnati Children’s Hospital Medical Center. Dort wurde die kognitive Entwicklung von 47 Kindern im Alter von drei bis fünf Jahren untersucht, sowohl bezüglich ihrer tatsächlichen Leistung in kognitiven Tests, als auch der Ausprägung ihrer Gehirne, die im Kernspintomographen gemessen wurde. Die Ergebnisse sprechen für sich: bei einer erhöhten Bildschirmzeit waren bei den Kindern negative Auswirkungen zu beobachten. Sowohl Fähigkeiten wie die Sprache, Objektorientierung und frühe Lesefähigkeiten, als auch eine niedrigere Dichte der weißen Zellen wurden festgestellt.
Bildschirm- und Medienzeiten regulieren
Derartige Studien sind Grund genug, sensibel mit diesem Thema umzugehen und sich eventueller Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen bewusst zu sein. Gerade bei der jüngeren Altersgruppe sollte die Fernsehzeit daher reguliert werden. Aktuell sehen in Deutschland Kinder zwischen drei und dreizehn Jahren im Durchschnitt etwa eine Stunde pro Tag fern. Jedoch kann die Mediennutzung aufgrund des heutigen Überangebots an Nutzungsgeräten auch schnell bei 6 bis 7 Stunden liegen – ohne dass Erziehungsberechtigte dies mitbekommen. Daher ist es wichtig auch die Nutzung von Tablets und Smartphones eindeutig zu regeln und notfalls zu reglementieren. Grundlegend sollten Eltern ihre Kinder bei der Mediennutzung begleiten und das Thema offen ansprechen.
Gewaltdarstellung in den Medien
Zusätzlich gibt es auch Studien bezüglich der Wirkung spezifischer Inhalte von Film und Fernsehen. Besonders Bilder von Gewalt werden häufig als gefährlich und jugendgefährdend bezeichnet. Allerdings haben verschiedene Studien nachgewiesen, dass dies weniger bedenklich sein könnte, als befürchtet. Forscher des Friedman Brain Institute in New York haben sich mit dieser Frage im Jahr 2014 beschäftigt. So scheint es, dass die Reaktion bei der Stimulation durch bestimmte Bilder in Film und Fernsehen stark vom Gehirn der jeweiligen Probanden abhängt. Aggressive Persönlichkeiten wurden auf andere Weise durch gewalttätige Szenen beeinflusst, als nicht-aggressive Teilnehmer. Die Grundeinstellung scheint hier also einen größeren Einfluss zu haben, als der Medienkonsum selbst.
Soziale Effekte
Unser Zusammenleben wird so ausgeprägt wie nie von Medien beeinflusst. Regelmäßig werden Trends und Jugendbewegungen von Szenen auf dem Bildschirm oder der großen Leinwand inspiriert. Wenn etwa Marlon Brando in einer wichtigen Rolle eine Lederjacke trägt, so wird diese zum Kultobjekt. Wenn Barney Stinson in „How I met your Mother“ den Bro Code zitiert, schafft es dieser umgehend in den Sprachgebrauch der jungen Fangeneration. Die aktuellen Folgen der beliebtesten Serien sind regelmäßig Gesprächsstoff in Schulen, Universitäten und Büros – so zuletzt bei Game of Thrones geschehen. Aus dem gemeinsamen kulturellen Verständnis dieser Themen ergibt sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl.
Des Weiteren ist von US-Forschern bestätigt worden, dass Personen, die unter sozialen Beeinträchtigungen leiden oder sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden, Medien als Stütze nutzen können, um Einsamkeit und damit einhergehende negative Folgen zu bekämpfen.
Dafür eignen sich besonders Fernsehserien. Vermutlich aufgrund ihrer Kontinuität und dem Bezug, der zu den wiederkehrenden Figuren aufgebaut werden kann. Laut den Ergebnissen einer Studie an der University of Buffalo (Journal of Experimental Social Psychology, Februar 2009, Volume 45) können einsame Menschen, die jedoch ihre Lieblingsserie schauen, ein deutliches Zugehörigkeitsgefühl daraus ziehen. Das Fernsehen übernimmt demnach die Rolle eines Stellvertreters für soziale Kontakte und vermittelt ein gewisses Gefühl der Sicherheit.
Medienkompetenz stärken
Die „neuen“, digitalen Medien, haben die zuvor von Print, Radio und Fernsehen bestimmte Landschaft in den letzten 20 Jahren umgekrempelt und die Mediennutzung grundlegend verändert. So bezeichnet der Begriff „Digital Natives“ heute jene Generation, die quasi von Geburt an mit dem Internet und digitalen Endgeräten vertraut ist. Digital Natives sind deutlich vertrauter mit den Aspekten digitaler Medien und gehen intuitiver damit um als ältere Menschen, die erst im späteren Verlauf ihres Lebens in Kontakt mit diesen Technologien gekommen sind.
Besonders für diese Generation ist daher eine fundierte Medienkompetenz wichtig, um einen differenzierten und bewussten Umgang mit den verfügbaren Informationen zu pflegen. Dies stellt für viele junge Menschen jedoch eine echte Herausforderung dar. Unter anderem deshalb wird immer wieder diskutiert, ob Medienkompetenz ein Teil des Lehrplans in der Schule sein sollte, um Kinder und Jugendliche entsprechend zu sensibilisieren. Denn vom Elternhaus alleine kann die notwendige Medienkompetenz nicht vermittelt werden. Auch Schulen, Universitäten, Ausbildungsbetriebe und die Gesellschaft im Allgemeinen sind in diesem Punkt gefordert. Medien werden unser Leben weiterhin stark beeinflussen, so dass ein bewusster Umgang mit den entsprechenden Angeboten immer relevanter wird.
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