Das Dschungel-Camp teilt die Nation. Millionen Zuschauer sehen es, Millionen kritisieren es. Nach der Nominierung für den Grimme-Preis gingen die Kritiker auf die Barrikaden. Am Mittwoch muss das Grimme-Institut den Daumen über die Dschungel-Show heben oder senken.
Grimme-Preis für das Dschungel-Camp – oder nicht? Am Mittwoch muss das Grimme-Institut Farbe bekennen. Dann werden die rund ein Dutzend Preisträger für das Fernsehjahr 2012 bekanntgegeben. Der Endauswahl-Jury in der Unterhaltung obliegt es, die Ekelshow aus dem australischen Dschungel zu adeln oder die Vorauswahl der Nominierungskommission zu verwerfen, wie es viele gerne sähen.
Spott und Kritik hatte es nach der Nominierung ohne Ende gegeben – mehr als bei anderen heiklen Entscheidungen wie bei den Lästermäulern Harald Schmidt und Stefan Raab. Viele zogen schon den Wert des renommierten Grimme-Preises für Qualitätsfernsehen in Zweifel.
„Das RTL-Ekelformat aus Australiens Wildnis ist und bleibt Trash-TV – mit oder ohne Preis“, kommentierte zum Beispiel die „Ostsee-Zeitung“. Etwas versöhnlicher hieß es dann weiter: „Dschungel-Camp ist professionell gemachtes TV in einem sehr festen Korsett. Exakt dafür ist es nominiert – gewiss auch zu Ehren des verstorbenen Dirk Bach.“
Voll zur Sache ging Schauspielerin Katrin Sass („Good Bye, Lenin!“) in der ZDF-Show „Markus Lanz“. Zunächst mäkelte sie an der „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“-Show rum, dann fuhr sie Ex-Dschungelkönig Peer Kusmagk an: „Dann geh doch nach Hause, wenn dir das zu blöd ist!“ Es sei unglaublich, sich in eine Show zu setzen und zu sagen, man gehe erhobenen Hauptes aus dem Dschungelcamp raus.
Grimme-Direktor Uwe Kamman sah sich zu einer außergewöhnlichen Rechtfertigung des Hauses genötigt und gab eine „Positionsbestimmung“ ab. Der Streit um die „Dschungelcamp“-Nominierung sei in den tiefgreifenden gesellschaftlichen Wertewandel einzuordnen, der sich seit Ende der 60er Jahre vollziehe. Entsprechend hätten sich auch im Fernsehen viele Maßstäbe verschoben, nicht zuletzt wegen des Mitte der 80er Jahre aufgenommenen kommerziellen Wettbewerbs, der die Spielregeln der programmlichen Zielsetzung grundlegend verändert habe, schrieb Kamman.
Eine gewagte These zur Zukunft des Unterhaltungsfernsehens hatte schon vor der Nominierung der Medienwissenschaftler Alexander Kissler gewagt. Die Sendung „Germany’s next Topmodel“ bereite in der Verwertungskette solcher erfolgreichen TV-Formate schon mal die künftigen Kandidatinnen für das „Dschungelcamp“ vor. „Irgendwann gibt es wahrscheinlich ein Format: Deutschland sucht das Dschungel-Model“, orakelte er öffentlich.
Den Schlusspunkt setzte Schauspieler Sascha Hehn kürzlich im „Focus“-Interview. Er ist demnächst in der ZDF-Satire „Lerchenberg“ zu sehen, in der er sich selbst auf die Schippe nimmt. „Wenn ich sehe, dass das RTL-Dschungelcamp für den Grimme-Preis nominiert ist, dann bekommen Sie mich zu solchen Preisverleihungen nur noch, wenn Sie mir das Gehalt von zehn Spielfilmen zahlen“, lästerte Hehn.
Diesen Mittwoch stellt das Grimme-Institut die Entscheidungen der drei unabhängigen Jurys Unterhaltung, Information & Kultur und Fiktion vor. Am 12. April werden die Preisträger im Stadttheater von Marl gefeiert. [Wolfgang Dahlmann]
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