Bundestags-Politiker und CDU-Medienexperte Thomas Jarzombek hat im Interview mit DIGITAL FERNSEHEN scharfe Kritik am Erwerb der Champions-League-Rechte durch das ZDF geübt. Auch von einer möglichen Grundverschlüsselung der Öffentlich-Rechtlichen hält er nichts.
Herr Jarzombek, sollten ARD und ZDF aus Ihrer Sicht attraktive Film- und Sportrechte künftig den privaten Sendeanstalten überlassen oder die geforderte Grundverschlüsselung seitens der Rechteinhaber umsetzen, um in diesem Bereich konkurrenzfähig bleiben zu können?
Jarzombek: Ich halte es nicht für notwendig, dass öffentlich-rechtliche Sender Sport- oder Filmübertragungen vornehmen, die sonst anderweitig im Free-TV übertragen werden. Wichtig ist besonders beim Sport, dass die großen Events wirklich im freien Fernsehen zu sehen sind. Einen gebührenfinanzierten Bieterwettbewerb mit RTL und Prosieben/Sat1 halte ich nicht für sinnvoll.
Wie stehen Sie zum Thema Grundverschlüsselung?
Jarzombek: Ich freue mich darüber, dass die öffentlich-rechtlichen Sender unverschlüsselt und technikneutral zu empfangen sind. Eine Verschlüsselung würde die Debatte über die allgemeine Verbindlichkeit von Rundfunkgebühren in einer Weise befördern, die sicher nicht im Sinne der öffentlich-rechtlichen sein kann.
Halten Sie die Marktposition von ARD und ZDF im europäischen Markt für stark genug, um sich dauerhaft gegen eine solche Verschlüsselung zu sperren, die bereits in sämtlichen großen Nachbarmärkten (Österreich, Schweiz, Großbritannien, Italien, Frankreich) praktiziert wird?
Jarzombek: Es stellt sich die Frage, ob ARD und ZDF bei den benannten Unterhaltungsinhalten in einen internationalen Bieterwettbewerb eintreten müssen. Ich glaube nicht, dass dies die Inhalte sind, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrag ausmachen.
Wie erklären Sie sich, dass ARD und ZDF seit Jahren gebetsmühlenartig einen Verzicht auf Grundverschlüsselung postulieren, obwohl Ihnen diese in Verhandlungen mit Rechteinhabern immer wieder nahegelegt wird?
Jarzombek: Es ist brandgefährlich für ARD und ZDF eine Art „Pay-TV“-Plattform aufzubauen. Es würde dann sicher nicht lange dauern, bis erste zahlungsunwillige Fernsehzuschauer auf Ausschluss von der Rundfunkgebühr klagen.
Welche Position haben Sie zu dem letztlich durch Gebühren finanzierten Erwerb von Champions-League-Übertragungsrechten durch das ZDF, obwohl die Ausstrahlungen auch ohne ein öffentlich-rechtliches Gebot im frei empfangbaren Fernsehen – i.e. Sat 1 – zu sehen gewesen wären?
Jarzombek: Ich finde die Entscheidung falsch. Mit den Gebühren hätte man besseres machen können – immer unter der Prämisse, dass die benannten Spiele weiter im Free-TV übertragen worden wären. Dass im gleichen Atemzug die Sendung „neues“ eingestellt wird, die als Internetmagazin tatsächlich jüngere Zuschauer an das ZDF bindet, finde ich geradezu pervers.
Wie ist nach Ihren Informationen der Stand der Kopierschutzbemühungen bei ARD und ZDF?
Jarzombek: Ich kann mir vor den Diskussionen der letzten Jahre kaum vorstellen, dass ARD und ZDF eine solche Plattform einführen wollen.
Wie können ARD und ZDF sicherstellen, dass der Gebührenzahler auch künftig Filme „erster Klasse“ bei ARD und ZDF sieht?
Jarzombek: Wie gesagt, ich halte dies nicht für das vorrangige Ziel öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Befürworten Sie angesichts der neuen Entwicklungen bezüglich der Rechteinhaber ein „Weiter so“ bei ARD und ZDF – quasi einen deutschen Sonderweg?
Jarzombek: Das hängt davon ab, welche Inhalte gezeigt werden sollen. Wird es die Strategie von ARD und ZDF sein, auf genau solche Inhalte zu setzen, für die ein deftiger Aufpreis bei unverschlüsselter Übertragung zu zahlen ist? Falls ja sage ich: Einen „Tod“ muss man sterben – also entweder auf solche Inhalte oder auf die Verschlüsselung verzichten.
Welche regulatorischen Maßnahmen müssen Ihrer Meinung nach umgesetzt werden, wenn ARD und ZDF eine kopiergeschützte Plattform – egal ob mit oder ohne Verschlüsselung der Inhalte – aufbauen?
Jarzombek: Wie gesagt, ich halte das nicht für wünschenswert. Bei ähnlichen Betrachtungen war es aber immer ein wichtiges Anliegen der Union, eine allgemeine Teilhabe sicherzustellen. Dies bedeutet nicht nur Technikneutralität, sondern auch die Bereitstellung von erforderlicher Hardware an alle die Zuschauer, die sonst als Zuschauer ausgeschlossen würden.
Wie sollen/können ARD und ZDF beim Festhalten an einer unverschlüsselten Ausstrahlung in der Zertifizierung weltweit sicherstellen, dass internetfähige Endgeräte – bis hin zu Kühlschränken – kopiergeschützte Inhalte aus Deutschland nicht empfangen? Wird dies gegebenfalls eine Aufgabe für die deutsche Politik werden?
Jarzombek: Bei Hulu.com sieht man doch, dass es gerade im Internet sehr effiziente Maßnahmen gibt, um ausländische Zuschauer auszuschließen. Damit muss man aber sehr vorsichtig sein, denn viele Deutsche wollen im Urlaub auf Tagesschau und Co. nicht verzichten.
Herr Jarzombek, vielen Dank für das Gespräch.[ar]
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