Paukenschlag: Eurosport gibt seine Bundesliga-Rechte an DAZN ab. Doch was bedeutet die Kapitulation von Eurosport für die Liga, die Kunden und die DFL, die die Rechte nächstes Jahr neu ausschreibt?
Eurosport hat genug von der Bundesliga. Wie der Sender am Mittwoch bestätigte, gibt der Spartensender seine Rechte an der obersten deutschen Fußball-Liga in Form einer Sublizenz nun an den Streaming-Dienst DAZN ab.
Zuerst hatte die „Bild“ am Mittwochabend über den Deal berichtet und die beteiligten Akteure damit offenbar kalt erwischt. Denn auf Nachfrage der dpa erklärte Susanne Aigner-Drews, die Geschäftsführerin des Eurosport-Mutterkonzerns Discovery Deutschland, am Abend noch: „Kein Kommentar. Ich habe das auch gerade erst gelesen.“ Heute klingt das schon ganz anders: „Wir freuen uns über diese Partnerschaft, die einen wichtigen Beitrag zu unserer Wertschöpfungskette leisten wird. Sie zeigt eindrucksvoll, wie geschätzt und werthaltig unsere Marken im Sportbereich sind.“ Fragt sich nur, ob sie gestern Abend wirklich nichts davon wusste, was hieße, dass die interne Kommunikation bei Discovery ziemlich schief läuft, oder ob sie sich von der „Bild“ zu einer so unbedarften Aussage hat überrumpeln lassen.
Vorzeichen, dass es so kommen könnte, gab es aber schon eher. Dass DAZN in die Bundesliga einsteigen will, ist zudem schon länger bekannt. Der Streaming-Anbieter hat bereits mehrfach betont, bei der nächsten Rechte-Vergabe, die im Frühjahr 2020 stattfindet, mitmischen zu wollen. Die Vorbereitungen dafür laufen offenbar schon länger. Denn vor einem guten halben Jahr sicherte sich der Anbieter bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) eine Sendelizenz für die europäischen Länder, in denen DAZN aktiv ist. Und was sollte ein Streaming-Dienst mit einem linearen Sender, wenn nicht dafür, um Inhalte zu übertragen, deren Rechte genau das Verlangen? Für die Verbreitung der Bundesliga besteht die DFL auf die Verbreitungswege Satellit und Kabel. Die Sat-Verbreitung wird DAZN via HD Plus abdecken, für die anderen Wege, die DAZN alle respektieren wird, könnte die Lizenz interessant werden. Mit DAZN 1 Bar HD und DAZN 2 Bar HD gibt es zudem zwei Kanäle für Sportbars.
Auch auf personeller Ebene gab es bereits leise Anzeichen für eine Veränderung. So beendete Matthias Sammer erst vor wenigen Wochen sein Experten-Engagement bei Eurosport. Es hieß zwar, die Entscheidung sei aus persönlichen Gründen gefallen, doch Sammer war auch eines der Gesichter der Bundesliga bei Eurosport. Ein Nachfolger wurde bisher auch nicht präsentiert – aus gutem Grund. Immerhin gibt es den Posten nicht mehr, wenn DAZN übernimmt. Marco Hagemann dagegen, der bei DAZN die Premier League kommentierte, bleibt beim Streaming-Anbieter, obwohl es die englische Liga da nicht mehr gibt. Vielleicht wechselt er nun in die Bundesliga? Und auch in Unterföhrung gibt es zwei versierte Sport-Kenner, die den Arbeitgeber wechseln. Ralph Fürther und Roman Steuer verlassen im Zuge der Umstrukturierung Sky Deutschland. Vielleicht in Richtung Streaming-Dienst? Offiziell ist hier noch nichts bekannt, verwundern würde es aber nicht.
Doch was bedeutet das nun alles für die Liga, die Anbieter und die Fans? Einiges, denn das Bundesliga-Aus von Eurosport hat weitreichende Folgen. Eurosport selbst müsste sich erst einmal eine herbe Niederlage eingestehen. Denn obwohl man damals 70 Millionen Euro für die Rechte ausgegeben hat, hat sich das offenbar nicht rentiert. Auch wenn vermutlich kein Sender jemals offen zugeben wird, gescheitert zu sein, kann es an zu viel Erfolg nicht gelegen haben. Schon bei den Rechten für die Olympischen Spiele hatte sich Eurosport zu weit aus dem Fenster gelehnt. Statt einer exklusiven Verbreitung schloss der Sender kurz vorm Start noch einen Sublizenz-Vertrag mit ARD und ZDF, um die enormen Kosten von 1,3 Milliarden Euro bei offenbar mangelndem Zuspruch zu stemmen. Serien versteckt man dann einfach im Nachtprogramm oder verschiebt sie zu weniger wichtigen Schwestersendern, doch die Bundesliga ist ein zu wertvolles Gut, um sie versauern zu lassen.
Für DAZN ist der Deal natürlich ein Glücksgriff. Denn so kann der Streaming-Dienst sich schonmal in der deutschen Oberklasse des Fußballs ausprobieren, ehe man in einen Bieterwettkampf geht. Eurosport hat erst zwei von den erworbenen vier Rechte-Jahren genutzt. DAZN könnte sich nun mit diesem kleineren Paket erst einmal einspielen, bevor man dann vielleicht mehr einkauft. Und sollte es gar nicht laufen mit der Bundesliga, wäre der Streaming-Dienst nach zwei Jahren wieder aus der Nummer raus und bräuchte gar nicht erst mitbieten im kommenden Jahr.
Für die DFL dagegen könnte der Deal zum Fiasko werden. Denn Eurosport wäre – trotz internationaler Größe – ein Aushängeschild dafür, dass die teuren Bundesliga-Rechte kein Erfolgsgarant sind und man sich als Akteur damit auch übernehmen kann. Dem stetigen Ziel der DFL, mit dem Verkauf der Rechte jedes Mal noch mehr Geld einzuspielen, dürfte das einen ordentlichen Strich durch die Rechnung machen. Die letzte Auktion brachte über 1 Milliarde Euro in die Kassen von DFL und Vereinen, eine Rekordsumme, die sich vermutlich nicht wiederholen wird.
In der kommenden Rechteperiode werden wohl wieder kleinere Brötchen gebacken. Die Premiere League musste diese Erfahrung auch machen: Nach dem sensationellen Milliarden-Deal, bei dem sich Sky und BT Sports gegenseitig in die Höhe getrieben haben, haben sich die beiden Konzerne bei der nächsten Ausschreibung zusammengetan und damit deutlich weniger ausgeben müssen. Das gleiche könnte nun der Bundesliga bevorstehen. Eurosport dürfte als Bieter wegfallen. Damit blieben nur Sky und DAZN als Big Player – und auch die werden sich überlegen, wie sie vielleicht zusammenarbeiten können, um die finanzielle Last erträglicher zu machen.
Diese Entwicklung zeigt aber auch, dass König Fußball offenbar einen Zenit überschritten hat. Fußball bleibt ein Milliarden-Geschäft und die beliebteste aller Sportarten, aber auch der Fußball hat Grenzen. Die hohen Kosten landen zwangsweise bei den Fans, die die Dienste abonnieren, um ihren Lieblingssport sehen zu können. Aber auch sie sind nicht mehr bereit, alles zu zahlen. Eurosport hat das zu spüren bekommen. Das Angebot hat nicht gereicht, um genug Fans anzuziehen, damit sich das Projekt Bundesliga lohnt.
Sagen tut man das natürlich nicht. Bei Eurosport heißt es dann: „Bei der Bundesliga waren wir mit dem Eurosport Player ein ‚first mover‘ im OTT-Bereich und haben mit unserer Berichterstattung viele Fans überzeugt. Wir freuen uns, diese Rechte nun in die umfassende Partnerschaft mit DAZN einbringen zu können, von der wir marktübergreifend in hohem Maße profitieren werden“, so Aigner-Drews weiter. Hätte die Bundesliga die Schlagkraft gehabt, die man sich sicherlich erhofft hatte, müsste man allerdings nicht teilen und könnte sich im Licht der Exklusivität sonnen.
Für die Fans bzw. Kunden ändert dieser Deal nicht all zu viel. Wer auch die Freitags- und Sonntagsspiele von Eurosport sehen will, braucht nun nur ein Abo für DAZN statt für den Eurosport Player. Durch den Wegfall der Bundesliga-Rechte gewährt Eurosport Kunden hier ein Sonderkündigungsrecht. Das DAZN-Abo (ab August 11,99 Euro statt 9,99 Euro) ist zwar etwas teurer als das von Eurosport, bringt dafür aber noch zusätzliche Inhalte wie die Champions League oder auch US-Sport a la NBA mit. Am Ende bleibt die Frage stehen, wie viel Geld jeder Fan bereit ist, für die Bundesliga auszugeben. [fs]
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