Bundeskartellamt: Amazon ist „alte Bekannte“

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Fernseher, Amazon Prime Video, Popcorn
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Das Bundeskartellamt führt derzeit schon zwei Verfahren gegen Amazon. Dabei sei das aktuelle Vorgehen von Amazon bei seinem Streamingdienst Prime Video nicht Teil dieser Verfahren, wie der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, Digitalfernsehen.de jetzt mitteilte. 

Schon vor über zehn Jahren habe das Kartellamt „wichtige Verbesserungen für die Händler auf dem Amazon Marketplace durchgesetzt“ und 2019 „noch einmal bei den AGBs nachgebessert“, so Mundt zu diesem Newsdienst.

Dabei hat das Bundeskartellamt seit 2021 mit dem § 19a GWB erweiterte Eingriffsmöglichkeiten speziell bei großen Digitalkonzernen. Das Bundeskartellamt hat in diesem Zusammenhang für Amazon bereits „eine überragende marktübergreifende Bedeutung des Unternehmens festgestellt“, „was die Voraussetzung für ein früheres und effektiveres Eingreifen gegen wettbewerbsgefährdende Verhaltensweisen des Unternehmens ist.“, so Andreas Mundt gegenüber Digitalfernsehen.de. 

Bundeskartellamt: Erweiterte Eingriffsmöglichkeiten bei Amazon

Diese Feststellung wird von Amazon bestritten und ist derzeit noch vor dem Bundesgerichtshof anhängig. 

„Dennoch führen wir bereits zwei Verfahren wegen konkreter Verhaltensweisen von Amazon, die sich vor allem mit dem Amazon Marketplace und dem Verhältnis des Konzerns zu den Händlern auf der Plattform befasst.“, so Mundt weiter.

Erweiterte Eingriffsmöglichkeiten des Kartellamts könnten dazu führen, dass Amazon nicht nur in einzelnen Unternehmenssegmenten isoliert betrachtet werden würde, sondern diese im Gesamtzusammenhang der Marktbedeutung des gesamten Unternehmens gesetzt werden. Bei sehr stark vertikal integrierten Unternehmen, die wie Amazon von der Technik über die Software bis zu Inhalten, Distribution und Geräten den Marktteilnehmern auf vielen Ebenen des täglichen Lebens begegnen, eröffnet dem Bundeskartellamt die Prüfung nach §19a des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sehr weitreichende Eingriffsmöglichkeiten. So könnte das Bundeskartellamt zum Beispiel einem Unternehmen untersagen, eigene Angebote in der Darstellung gegenüber Wettbewerbern zu bevorzugen, es sei denn, es gäbe dafür eine sachliche Rechtfertigung.

„Wir beobachten den Markt aber fortlaufend sehr genau und könnten eingreifen, wenn wir eine Gefährdung für den Wettbewerb ausmachen.“

Andreas Mundt, Präsident Bundeskartellamt

Neben Amazon hat das Bundeskartellamt auch für den Tech-Giganten Apple eine überragende marktübergreifende Bedeutung festgestellt. 

Die Welt der Medien hat sich mit der stetig schrumpfenden Bedeutung des linearen Fernsehens gegenüber der Macht des Streamings vor allem international tätiger Konzerne deutlich gewandelt. So führte das Bundeskartellamt in den 2000er/2010er Jahren noch sehr energisch und erfolgreich ein vielbeachtetes Verfahren u.a. gegen RTL und ProSieben/Sat1, das mit einer Millionenstrafe für die Unternehmen endete. Heute geht es im Kampf um den Zugang zum (TV-) Kunden aber immer weniger um Satellit, Kabel oder Terrestrik und einen verschlüsselten oder unverschlüsselten Zugang – heute entscheidet die schlichte Platzierung einer App über Sichtbarkeit- oder eben Unsichtbarkeit eines medialen Angebotes.

Amazon Prime Video Werbeeinblendungen – derzeit keine Prüfung

Die Werbeeinblendungen von Amazon bei seinem Streamingdienst Prime Video sind da – auch wenn sie ärgerlich für die meisten Kunden sind und deutlich höhere Kosten für ein werbefreies Angebot bedeuten – vielleicht gar nicht der entscheidende Punkt für Regulierungsbehörden in Deutschland, zumal selbst das nun 3 Euro teurere, werbefreie Angebot von Amazon noch immer vergleichsweise günstig ist.

Vielleicht deshalb stellt Andreas Mundt in seinem Statement gegenüber Digitalfernsehen.de auch klar: „Wir beobachten den Markt aber fortlaufend sehr genau und könnten eingreifen, wenn wir eine Gefährdung für den Wettbewerb ausmachen.“

Amazon wollte sich zu regulatorischen Fragen nicht gegenüber diesem Newsdienst äußern, bei der Einblendung von Werbung bei seinem Streamingdienst Amazon Prime Video hätte das Unternehmen aus seiner Sicht jedoch alle Hausaufgaben gemacht:

„Wir haben Kund:innen über dieses Update bei Prime Video transparent, im Voraus und in Übereinstimmung mit geltendem Recht informiert. Wir bieten eine werbefreie Version für Kund:innen an, die diese Option bevorzugen und alle Kund:innen haben das Recht, Ihre Mitgliedschaft jederzeit zu beenden. Darüber haben wir in unseren Mitteilungen deutlich informiert.“, so ein Amazon Sprecher gegenüber Digitalfernsehen.

Derweil spielt Amazon noch in homöopathischen Dosen Werbung in seinem Streamingdienst Prime Video aus – eine Unterbrechung mit einem 15 Sekunden Spot ist allemal besser als ein 4 – Minuten Werbeblock im linearen TV.

Der Verbraucherschutz geht mit einer Sammelklage gegen die Werbeeinblendungen vor. Die Verbraucherschützer vermuten eine „versteckte Preiserhöhung“.

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3 Kommentare im Forum
  1. Hat man es denn mittlerweile geschafft, das Amazon jetzt auch Steuern an Deutschland zahlt oder immer noch nicht? Das war der Regierung doch immer ein Dorn im Auge, das Amazon keine Steuern an den Staat abgeführt hat.
  2. Natürlich zahlt Amazon Steuern in Deutschland. Nutzen aber Deutsche Firmen legale Steuersparmodelle, auch mit/durch undurchsichtige Firmenkonstrukte verteilt, darüber wird meist nie gesprochen, geschimpft oder es gibt irgendwelche Populismusparolen.
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