Immer mehr Bundesbürger bestellen Weihnachtsgeschenke bei Onlinehändlern im Ausland. Manchmal auch unfreiwillig. Das kann zu bösen Überraschungen beim Zoll führen.
Gefälschte Markenuhren, imitierte Sneaker des Modedesigners Alexander McQueen, echte Pythonschlangenleder-Stiefel und eine Dose mit verbotenen Anabolika: Jens Ahland vom Hauptzollamt Köln hat neben sich aufgestapelt, was die Fahnder alles in Paketen aus dem Ausland gefunden und beschlagnahmt haben. „Gefälschte Schuhe erkenne ich inzwischen oft schon am Geruch“, sagt der Zoll-Beamte. „Der billige Kleber riecht einfach nicht gut – als ob man die Schuhe ein Jahr lang getragen hätte.“
Die Zöllner in Köln und anderenorts haben gut zu tun. Denn der durch die Corona-Pandemie beflügelte Boom im Onlinehandel sorgt dafür, dass immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher mit einem Click auch Waren direkt aus China oder den USA bestellen. Nach einer Studie des Instituts für Handelsforschung (IFH) in Köln erzielten ausländische Onlineanbieter 2020 in Deutschland einen Umsatz von rund 7,1 Milliarden Euro.
Zoll-Freigrenze gilt nicht mehr fürs EU-Ausland
Gerade in den nächsten Wochen wird wieder eine Flut von Paketen über die Zollämter im ganzen Land hereinbrechen. Schnäppchen vom Black Friday und Weihnachtsgeschenke, die die Menschen in aller Welt bestellt haben. Nicht immer sind sich dabei die Konsumenten bewusst, wo sie ihre Bestellung aufgegeben haben. In der IFH-Umfrage gab fast jeder zweite Befragte (48 Prozent) an, schon einmal unbewusst Ware im Ausland bestellt zu haben. Der Warenwert dieser ungeplanten Importe summierte sich auf 4,1 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die bewusst von Online-Shoppern im Ausland bestellte Ware hatte nur einen Warenwert von 3 Milliarden Euro.
Passieren kann das gerade unerfahrenen Shoppern leicht, wenn sie beim Surfen im Internet auf eine deutschsprachige Seite mit günstigen Angeboten stoßen und – vielleicht vom günstigen Angebot geblendet – nicht darauf achten, wo der Lieferant beheimatet ist.
Solche Fehler können ärgerlich und teuer sein. Denn der Zoll sucht nicht nur nach Fälschungen, Verstößen gegen das Artenschutzabkommen oder verbotenen Medikamenten – er ist auch für die Besteuerung der Importe zuständig. „Viele bestellen etwas in China und sind überrascht, wenn sie es mit dem Zoll zu tun bekommen und dann noch Umsatzsteuer oder gar noch Zoll entrichten müssen“, erzählt Ahland.
Auch Großbritannien nach Brexit EU-Ausland
Tatsächlich sind die Regeln für Importe im Sommer verschärft worden. Bis Ende Juni galt eine Zoll-Freigrenze für Warensendungen unter 22 Euro. Seit Juli gibt es das für Einfuhren aus Nicht-EU-Ländern nicht mehr. Dass heißt, für praktisch alle diese Bestellungen müssen Einfuhrumsatzsteuer und Verbrauchssteuern für Waren wie Alkohol oder Tabak bezahlt werden. Ab einem Sachwert über 150 Euro kommen noch Zölle hinzu. Viele Paketdienste berechnen für die Abwicklung steuerpflichtiger Sendungen mit der Zollbehörde zudem eine Auslagenpauschale – die Deutsche Post etwa aktuell sechs Euro.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat einmal ausgerechnet, was die aktuelle Regelung beim Kauf einer preisgünstigen Handyhülle für 7 Euro bei einem Händler in China, den USA, aber auch in anderen Nicht-EU-Ländern wie Großbritannien bedeuten kann. Zu den 7 Euro kommen dann nämlich noch einmal 1,33 Euro Einfuhrumsatzsteuer und oft die Servicepauschale des Paketinstituts hinzu. Am Ende hat sich der Preis mehr als verdoppelt: auf 14,33 Euro.
Vielen Online-Shoppern ist der Kauf im Ausland unheimlich
Wer Produkte mit einem Preis ab 150 Euro kauft, muss auch noch Zoll zahlen. Bei Kleidung ist den Verbraucherschützern zufolge mit einem Aufschlag von 12 Prozent zu rechnen, bei Monitoren sogar bis zu 14 Prozent. Manches vermeintliche Schnäppchen verliert so seinen Glanz.
Kein Wunder, dass Bestellungen im Ausland etlichen Online-Shoppern unheimlich sind. Bei einer Umfrage des Handelsforschungsinstituts ECC Köln gaben 55 Prozent der Befragten an, sie würden den Kauf abbrechen, wenn ihnen klar werde, dass der Verkäufer aus dem Ausland kommt. Das Problem ist manchmal nur, es herauszufinden. Oft – aber nicht immer – hilft ein Blick in das Impressum des Händlers weiter.
Der Zöllner Ahland hat für sich aber auch noch eine einfache Daumenregel aufgestellt, um solchen Fallstricken zu entgehen. „Wenn die Lieferzeit mehr als ein paar Tage beträgt, werde ich vorsichtig“. Dies sei oft ein Indiz dafür, dass der Händler ein ganzes Stück entfernt im Ausland sitze.
[Erich Reimann]
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