München – Die Aktienmärkte reagieren auf den Wechsel in der Geschäftsführung des Pay-TV-Anbieters Premiere mit Kaufempfehlungen.
Premiere-Chef Michael Börnicke trat am Mittwoch Abend zurück. Die Reaktion der Aktienmärkte auf diese Personalie ließ nicht lange auf sich warten. Zwar folgte die Reaktion mit Verzögerung: Als am Mittwoch um 18.21 Uhr die Meldung über den Rücktritt Börnickes das Licht der Öffentlichkeit sah, da waren die Börsenplätze schon geschlossen. (DIGITAL FERNSEHEN berichtete) Doch am Donnerstag legte die Aktie des Abonnement-Senders zu – um zwischenzeitlich sieben Prozent.
Analysten begründen dies damit, dass eine mögliche Komplettübernahme des Senders durch Rupert Murdoch durch den Personalwechsel wahrscheinlicher werde. Derzeit hält der Medienmogul über seine Firma NewsCorporation 25,01 Prozent der Anteile. Eine weitere Aufstockung sei derzeit kein Thema, will die Süddeutsche Zeitung aus dem Umfeld von News Corp. erfahren haben. Das in München erscheinende Blatt führt auch einen Analysten der Deutschen Bank ins Feld, welche das Papier zum Kauf empfiehlt, da Premiere die Probleme nun entschlossener angehen könnte und damit die Gewinnzone in greifbare Nähe rücke.
Eine weitere Aufstockung der Anteile erscheint auch deshalb unnötig, weil Murdoch den Sender operativ lenken kann, ohne die Mehrheit zu besitzen. Möglich wird dies durch den großen Streubesitz der Premiere-Aktien. Das Modell der Minderheitsbeteiligungen praktiziert Murdoch auch in anderen Ländern.
Für diese Verfahrensweise gibt es noch einen anderen Grund: Erwirbt die News Corp. mehr als 30 Prozent der Anteile an der Premiere AG, müsste Murdoch den übrigen Premiere-Aktionären ein Übernahmeangebot unterbreiten, so sieht es das deutsche Aktienrecht vor. Und das könnte sich als teurer Spaß entpuppen.
Über steigende Kurse und ein Übernahmeangebot würde sich speziell ein Aktionär freuen, der 0,01 Prozent der 112,4 Millionen ausgegebenen Aktien besitzt. Er heißt Michael Börnicke.
Indessen dürfte der bisherige Aufsichtsrat und neue Premiere-Vorstandschef Mark Williams daran arbeiten, das Unternehmen mittelfristig auf neue Füße zu stellen. Williams ist derzeit Finanzvorstand Europa und Asien der News Corporation sowie Mitglied der Geschäftsführung der Sky Italia S.r.l. und war bisher Mitglied des Aufsichtsrats der Premiere AG. Diese Funktionen will er ruhen lassen und sich voll auf seine Arbeit bei Premiere konzentrieren. Auch das werden die Aktionäre – noch mehr aber die Abonnenten – mit Wohlwollen registrieren.
Wohin die Reise bei Premiere gehen wird, darauf gab der neue Chef am Donnerstag, als er sich der zweiten Führungsebene vorstellte, bereits einen Vorgeschmack. Insidern zufolge berichtete er viel von seinen Erfahrungen in Italien, denn dort war Williams Chef vom Pay-TV-Anbieter Sky Italia und führte das Unternehmen aus der Krise. Heute steht Sky Italia mit 4,5 Millionen Abonnenten gut da. Allerdings ist Deutschland nicht Italien, denn hierzulande gilt das Geschäft mit dem Bezahlfernsehen aufgrund des breiten Free-TV-Angebotes als schwierig.
Das sollten die Murdoch-Leute aber wissen. Immerhin war Murdoch zu Leo Kirchs Zeiten bereits einmal an Premiere beteiligt. Als die Probleme mit Premiere zum Zusammenbruch des Kirch-Imperiums führten, verlor Murdoch viel Geld. Diese Lektion wird er wohl nicht vergessen haben. [mg]
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