Nachdem es um die Cyberwährung Bitcoin wieder ruhiger geworden war, gibt es nun wieder Diskussionen. Streitpunkt ist immer noch, ob das Cybergeld legal ist oder von den Regierungen verboten werden wird.
Mitten im Bitcoin-Höhenflug trat Jamie Dimon auf die Spaßbremse. „Es wird einfach nicht passieren, ihr verschwendet eure Zeit“, polterte der Chef der größten US-Bank JPMorgan Chase vor einer Woche auf dem Branchentreff „Fortune Global Forum“ in Richtung der Bitcoin-Anhängerschaft. Die hat gerade nach langer Durststrecke wieder etwas Oberwasser – das umstrittene Cybergeld erhielt zuletzt kräftig Kursauftrieb und stieg auf den höchsten Stand im bisherigen Jahresverlauf. Auf einigen Online-Börsen kratzte der Bitcoin erstmals seit Sommer 2014 wieder an der 500-Dollar-Marke.
Den für klare Ansagen bekannten Oberbanker Dimon beeindruckt das jedoch wenig: „Sobald das Justizministerium sagt, es ist eine illegale Währung […], ist es aus“. Keine Regierung werde eine unkontrollierte Währung lange dulden. „Es ist ganz niedlich momentan, viele Senatoren und Kongressabgeordnete sagen – „ich unterstütze Innovationen aus dem Silicon Valley“ – doch es wird keine Währung geben, die Regierungskontrollen umgeht.“
Dimon sprach aus, was viele Skeptiker denken, die an dem Projekt des von Zentral- und Geschäftsbanken unabhängigen Digitalgeldes zweifeln – sobald der Bitcoin einer Regierung zu ungeheuer wird, kann sie ihn verbieten. Diese Ungewissheit gibt es allerdings von Anfang an, sie konnte die Spekulanten bis jetzt noch nie abschrecken. Zudem deutet aktuell weniger denn je auf einen regulatorischen Schicksalsschlag hin. Die EU erkannte den Bitcoin erst vor kurzem als nicht zu besteuernde Währung an, New Yorks Finanzaufsicht vergibt inzwischen Lizenzen an Unternehmen der Branche.
Die Entscheidung der EU sei einer der Gründe für die Kursrally, sagt Währungsexperte Steven Englander von der Citigroup. Aber es gibt noch einen weiteren wichtigen Faktor: China. In der Volksrepublik, in der die heimische Währung Renminbi noch immer strikt reguliert ist, bietet sich der Bitcoin an, um Handelsschranken zu umgehen. Vor allem in Zeiten von Börsen-Turbulenzen ist das Digitalgeld eine beliebte Fluchtwährung in Ländern mit abgeriegelten Finanzmärkten – das hatte sich zuvor bereits in Argentinien oder Zypern gezeigt.
Seit Anfang November können Kunden von BTCC, einer der größten Bitcoin-Börsen Chinas, Geld direkt per Online-Banking oder vom Geldautomat auf ihre Kundenkonten überweisen. In China zocken Kleinanleger gerne mit hohem Kredithebel und der Bitcoin ist ein beliebtes Spekulationsobjekt. Viele Chinesen nutzten das Cybergeld, um sich an dem aus Russland stammenden Pyramidenspiel MMM zu beteiligen, verriet BTCC-Chef Bobby Lee der „New York Times“. Hinter der „Mavrodi Money Machine“ steckt ein dubioser russischer Unternehmer, der schon wegen Finanzbetrugs im Gefängnis saß.
Dass ausgerechnet solche windigen Gestalten den Bitcoin-Kurs pushen, ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker, die sich noch gut an den Zusammenbruch der einst größten Online-Börse Mt.Gox erinnern. Sie sehen das Cybergeld als reine Zocker-Angelegenheit, die wegen der hohen Anonymität mit Vorliebe von Kriminellen genutzt wird. Doch illegale Bitcoin-Exzesse wie im ehemaligen Online-Drogenkaufhaus Silk Road sind nur die halbe Geschichte – renommierte Geldgeber aus dem Silicon Valley haben längst Milliarden investiert und setzen im großen Stil auf eine legale Karriere des Bitcoin.
Und selbst wenn sich am Kryptogeld die Geister scheiden – die als Blockchain bezeichnete Technologie, die dahinter steht, wird von Experten fast einhellig als zukunftsweisende Innovation mit großem Potenzial betrachtet. Selbst Bankchef Dimon sagt: „Wenn sie billiger, effektiver und sicherer funktioniert, dann werden wir sie benutzen“. Er weiß ganz genau, wovon er spricht – gemeinsam mit über einem Dutzend anderer Banken hat JPMorgan in das Startup R3 CEV investiert, das auslotet, wie Geldhäuser Nutzen aus der Technik ziehen können. [dpa/am]
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