Eine kecke Göre hantiert beim Wasserexperiment mit Schüsseln, Salz, Folie und lernt dabei – sieht aus wie deutsches Kinderfernsehen. Nur ist die Göre Philippinerin, und der Moderator Vietnamese. Aber tatsächlich: „Die Sendung mit der Maus“ stand Pate.
Fernsehen für Kinder? Das sind in Südostasien vor allem blödelnde Zeichentrickserien aus fernen Ländern, SpongeBob und Micky Maus zum Beispiel. Kinderunterhaltung? Das beschränkt sich oft auf Lachen, Tanzen, Singen. Wissensfernsehen wie „Neuneinhalb“, die ARD-Nachrichtensendung für Kinder, oder „Löwenzahn“ im ZDF gab es nicht. Bis die Serie „I got it!“ – etwa: ich hab’s kapiert! – vor einem Jahr an den Start ging, mit Riesenerfolg, und deutschem Knowhow: Die „Sendung mit der Maus“ lässt grüßen.
Da ist zum Beispiel der Laote Bounthanome, zwölf Jahre alt und blind. Während Behinderungen in Asien noch oft als tabu gelten und betroffene Kinder vom Alltagsleben ausgeschlossen sind, nimmt er die Zuschauer mit in seine Welt. „Ich kann sogar beim Hühnerfüttern helfen“, sagt er stolz und zeigt, wie das Gegacker der Hennen ihm den Weg weist.
Chi (9) aus Vietnam geht mit ihrem Opa Abgase einsammeln und im Labor analysieren. „Jetzt bringt mich meine Mutter nicht mehr mit dem Moped zur Schule. Ich fahre lieber Fahrrad“, erzählt sie.
Die Beiträge für Acht- bis Zwölfjährige produzierten Fernsehteams aus inzwischen neun Ländern. Sie tauschen die Folgen aus und präsentieren die Stücke mit eigenem Moderator. Möglichst lustig ist die Devise. Beim Thema „schlechte Luft“ fährt der Moderator zum Beispiel auf dem Moped vor. Die Frau, die den blinden Jungen vorstellt, tappt mit verbunden Augen vor die Kamera.
Die Idee für das asiatische Wissensfernsehen kam vom Goethe-Institut in Bangkok. „Medien sind ein Teil des Kulturlebens“, sagt dessen Leiter Norbert Spitz. „Als Kulturmittlerorganisation haben wir uns berufen gefühlt, uns da zu engagieren.“ Sein Team unterstützt die Produktionen mit 110 000 Euro.
Wie Wissensfernsehen für Kinder funktioniert, vermitteln Ute Mattigkeit (38) und Maike Pies (30), die seit Jahren Sendungen im deutschen Fernsehen produzieren. Sie treffen die Fernsehleute aus Birma, Laos, Thailand, Vietnam, Kambodscha, Malaysia, Brunei, Indonesien und den Philippinen mehrmals im Jahr, helfen bei den Drehbüchern und auch beim Dreh vor Ort.
„Wenn wir Asiaten etwas erklären wollen, neigen wir dazu, den ganz großen Bogen zu schlagen. Damit sind Kinder überfordert. Wir haben hier gelernt, uns auf einen Aspekt zu konzentrieren“, sagt Fatima Abdul Kareem vom malaysischen Sender RTM beim jüngsten Workshop in Bangkok. „Wir verwenden bei Wissenschaftsthemen zu viele Fremdwörter und Zahlen. Es geht auch ohne, haben wir hier gelernt“, sagt Grace Torres Panganiban vom philippinischen ABS-CBN-Fernsehen.
Gerade laufen die Arbeiten an der zweiten Staffel. Mattigkeit und Pies zeigen als Anregung Filme aus deutschen Kindersendungen. „Wie erzähle ich eine Geschichte, die etwas vermittelt und gleichzeitig unterhaltsam ist? – Gar nicht so einfach“, sagt Mattigkeit. Ihr Vorschlag, ein Kind als Ich-Erzähler in den Mittelpunkt zu stellen, nehmen die Malaysier begeistert auf.
Sie wollen in diesem Jahr die kleinwüchsige Zurin Hazlin (7) vorstellen. „Die Botschaft: wenn sie es schafft, mit allen Widrigkeiten fertig zu werden, schafft es jeder“, sagt Haryati Hani Abdul Aziz. Die Birmanen wollen einen Film über Jade machen. Sie merken, dass sie selbst gar nicht richtig wissen, wie der Edelstein entsteht. Pies hilft bei der Internet-Suche. „Gründliche Recherchen, Nachfragen bei Experten – das ist hier keine Selbstverständlichkeit“, sagt Pies.
„Welche Themen wir nehmen, entscheiden wir alle zusammen“, sagt der Philippiner Arnold Limjoco. „Manches ist einigen Ländern tabu, da muss man aufpassen.“ Heikel war die Geschichte über Biogas zum Beispiel. Da wollte das Team aus Laos die Verwertung von Schweinemist zeigen. Die Vertreter der muslimischen Länder winkten ab: keine Schweine. So wurde ein Bauer mit Kuhmist vorgestellt.
Bei einem Stück über Milch diskutierten die Teams lange, wie viel von der Brust einer stillenden Mutter zu sehen sein darf. „International produziert, aber mit lokalem Charakter“, nennt das der Projektkoordinator des Goethe-Instituts, Andreas Klempin. Eine erste Umfrage in den beteiligten Ländern hat begeistertes Echo gezeigt. „Dies ist ein Einstieg in die Wissensgesellschaft“ sagt er. [Christiane Oelrich]
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