ARD-alpha-Programmchef: „Erhoffen uns mehr Aufmerksamkeit“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Am Samstag ist BR-alpha Geschichte. Der Bayerische Rundfunk verpasst seinem Bildungskanal einen Relaunch unter dem neuen Namen ARD-alpha. Von diesem erhofft sich Programmchef Werner Reuß zunächst einmal mehr Aufmerksamkeit, wie er im Interview mit DIGITAL FERNSEHEN verriet. Aber auch die inhaltliche Weiterentwicklung ist ein erklärtes Ziel.

Herr Reuß, BR-alpha wird am morgigen Freitag zum letzten Mal unter diesem Namen auf Sendung gehen, danach erfolgt die Umbenennung in ARD-alpha. Welche Überlegung steckt hinter dem neuen Namen?
 
Werner Reuß: BR-alpha war und ist zwar ein Programm des Bayerischen Rundfunks, aber es ist kein bayerisches Programm. Unsere Inhalte können von allen Zuschauern in ganz Deutschland genutzt werden. Das gilt für Sprachkurse und das Telekolleg, für das Schul- und Hochschulfernsehen, für die Vorstellung der Ausbildungsberufe, genauso wie für die Geschichts-, Religions- oder Musiksendungen und für die Wissenschaftsmagazine.
 
Zwar haben alle öffentlich-rechtlichen Sender einen Bildungsauftrag, aber es gibt nur einen Bildungskanal. Da aber alle Haushalte über den einheitlichen Rundfunkbeitrag auch für dieses Programm bezahlen, soll es auch ein Angebot für alle sein. Mit der Umbenennung wollen wir das Programm auch attraktiver machen, stärker öffnen, auch durch Übernahmen bewährter Wissen-, Wissenschafts- und Bildungsprogramme unserer Partneranstalten in der ARD. Wir sind auch für noch mehr Kooperationen mit den anderen ARD-Anstalten offen, teilweise praktizieren wir solche ja auch schon, denken Sie zum Beispiel an die werktägliche Reihe „Planet Wissen“, die im Zusammenwirken von WDR, SWR und BR-alpha, künftig ARD-alpha entsteht.

Der Name ARD hat bei den Fernsehzuschauern Gewicht. Glauben Sie, dass mit dem neuen Sendernamen ARD-alpha auch die Bekanntheit oder zumindest die öffentliche Wahrnehmung Ihres Kanals ansteigen wird?
 
Reuß: Ja, das hoffen wir sehr. Wenn Sie von einem „Bildungskanal des Bayerischen Rundfunks“ sprechen, suggiert das, hier geht es nur um bayerische Themen. Hinzu kommt, dass in vielen Programmhinweisen und –übersichten in Printprodukten BR-alpha bis jetzt nicht berücksichtigt wurde, aus den genannten Gründen. Auch das wird sich mit der Umstellung hoffentlich ändern.
 
Mit ARD-alpha wird der Bildungskanal zumindest vom Namen her eigenständiger vom Bayerischen Rundfunk und könnte in Zukunft auch so wahrgenommen werden. Ist vor diesem Hintergrund geplant, den Kanal in Zukunft stärker als eigenständige Marke zu positionieren, eventuell mit einer eigene Sender-App, die auf das Bildungsangebot zugeschnitten ist?
 
Reuß: ARD-alpha wird ein Teil der ARD-Markenwelt, bleibt aber dennoch ein Programm des Bayerischen Rundfunks. Logo und Design sind jetzt nicht mehr nur nach den BR-Richtlinien, sondern am Corporate-Design der ARD ausgerichtet. Das gilt auch für das Videotext-Angebot. Inwieweit es eine eigene App geben wird, gilt es noch zu diskutieren. Wir schließen hier nichts aus, werden aber sehr genau die technische Entwicklung und die Mediennutzung unserer Publika analysieren um zu sehen, wo welche Inhalte wie gesucht und genutzt werden.
 
Von den Privatsendern hatte es Kritik gegeben, mit ARD-alpha könnte die ARD versuchen, schon Mal im Vorfeld einen möglichen Wegfall von Einsfestival und Einsplus zu kompensieren, da beide Spartenkanäle ja im nächsten Jahr eventuell einem neuen Jugendkanal weichen müssten. Wie reagieren Sie darauf?
 
Reuß: ARD-alpha ist kein weiterer öffentlich-rechtlicher Sender und kein digitaler Spartenkanal – der VPRT hat in seiner Kritik zwei unterschiedliche Kategorien vermischt. Unser Bildungskanal existiert schon seit dem 7. Januar 1998 und ist im Rundfunkstaatsvertrag verankert.  Und wie der Begriff „Bildung“ selbst nicht nur einen „Status“ beschreibt, sondern auch einen „Prozess“ meint, muss sich doch auch ein bestehendes Bildungsprogramm weiterentwickeln und den Bedürfnissen anpassen dürfen. Die Weiterentwicklung von BR-alpha zu ARD-alpha hat keinen Einfluss auf die Zukunft der digitalen Spartenkanäle EinsPlus, Einsfestival, Tagesschau24 oder eines öffentlich-rechtlichen Jugendkanals.
 
Sehen Sie die Gefahr, dass vor diesem Hintergrund jede Programmänderung bei ARD-alpha in den kommenden Monaten mit besonderer Aufmerksamkeit von den Kritikern beobachtet wird?
 
Reuß: Wir verstehen eine „besondere Aufmerksamkeit“ für unser Programm nicht als „Gefahr“, sondern freuen uns über jede Aufmerksamkeit und Berichterstattung, hoffen dabei aber auch auf Fairness. Wir wollen mit mehr Berichterstattung und Erklärformaten die Spitzenforschung und Wissenschaft in unserem Land unterstützen und fördern, wir wollen die Hochschulen und Schulen in ihren immer komplexer werdenden Aufgaben unterstützen, wir wollen Eltern und Schülern Hilfen anbieten, wir wollen die Allgemein- und Erwachsenenbildung stärken, wir wollen schlicht Lust machen auf Wissen, Kennen, Können und Verstehen, wir wollen einen Beitrag leisten zu mehr Orientierung in und Verständnis einer globaler, komplexer und komplizierter werdenden Welt. Wir versuchen mit unseren Lernformaten, mit unseren Sendungen im linearen Fernsehprogramm und unserem vielfältigen und umfangreichen Online-Angebot möglichst vielen Menschen etwas zu bieten, das ihnen nützt, das sie animiert, das sie motiviert, das sie inspiriert und das ihnen hilft, die Welt wenigstens ein bisschen besser zu verstehen.
 
Vielen Dank für das Gespräch.[ps]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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11 Kommentare im Forum
  1. AW: ARD-alpha-Programmchef: "Erhoffen uns mehr Aufmerksamkeit" Die meisten Inhalte, die auf BR alpha laufen, liegen sowieso nur in SD vor. Hier rentiert sich ein HD Sender noch nicht. Das wäre dann auch nur ein hochskaliertes Programm.
  2. 2019 soll der Sender in HD folgen. Was mich im Interview nervt ist die Aussage " Unsere Inhalte können von allen Zuschauern in ganz Deutschland genutzt werden.". Das ist richtig, müsste aber eher heißen. " Unsere Inhalte können von allen Zuschauern in ganz Europa mit deutschen Sprachkenntnissen genutzt werden, bezahlt explizit von den deutschen Zuschauern"
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