Die 13 Milliarden Euro, die die EU an Steuernachzahlungen von Apple verlangt, sieht iPhone-Konzernchef Tim Cook als politisch motivierte Entscheidung, die Begründung von EU-Wettbewerbskommissarin Vestager als „politischer Dreck“.
Apple-Chef Tim Cook hat der EU-Kommission vorgeworfen, mit der Steuer-Nachforderung von potenziell mehr als 13 Milliarden Euro eine politische Agenda zu verfolgen. Ein Vorwurf, den Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Donnerstag entschieden zurückwies: „Diese Entscheidung stützt sich auf die Fakten des Falls“, betonte sie vor Journalisten in Brüssel.
Cook hatte in einem am gleichen Tag veröffentlichten Interview mit der irischen Zeitung „Independent“ die Vermutung geäußert, dass Apple angesichts anti-amerikanischer Stimmungen in Europa gezielt ins Visier genommen worden sei. „Ich bin überzeugt, dass es eine politisch motivierte Entscheidung war. Für sie gibt es keine Grundlage in Fakten oder Recht“, sagte er.
Die EU-Wettbewerbshüter hatten diese Woche die Steuervereinbarungen von Apple in Irland für unzulässige Beihilfen erklärt und eine Nachzahlung angeordnet. Sie warfen dem iPhone-Konzern auch vor, „Verwaltungssitze“, denen Gewinne zugeordnet worden seien, hätten nur auf dem Papier existiert. Apple will sich vor Gericht wehren. In Europa stieß das Vorgehen der Kommission auf breite Zustimmung aus nahezu allen politischen Lagern.
Die Kritik Vestagers, Apple habe in Irland im Jahr 2014 eine Körperschaftssteuer von nur 0,005 Prozent bezahlt, bezeichnete Apple-Chef Cook nun als „politischen Dreck“. „Ich weiß nicht, wo sie diese Zahl herhaben“, sagte Cook. Apple habe in dem Jahr 400 Millionen Dollar Steuern in dem Land bezahlt. „Wir glauben, dass wir damit der größte Steuerzahler in Irland in diesem Jahr waren.“
Vestager erklärte, ihre Behörde habe sich auf Zahlen von Apple selbst gestützt und zum Teil auf Daten aus Anhörungen in den USA. Sie warb für mehr Steuertransparenz. Firmen sollten unter anderem offenlegen, wie viele Beschäftigte sie in einem Land haben, wie viel Umsatz und Profit sie machten und wie viele Steuern sie zahlten. „Damit hätte jede Art von Geheimnis ein Ende.“ Entsprechende Vorschläge hatte die EU-Kommission im Frühjahr gemacht.
Wie schon zuvor US-Finanzminister Jack Lew kritisierte Cook, die Europäer hätten es auf Steuerzahlungen abgesehen, die dem US-Fiskus zustünden. „Ich denke, genau das ist es. Ich denke, das ist ein Versuch, Steuern, die in den USA bezahlt werden sollten, in die EU zu verlagern.“ Vestager widersprach dem: „Im Fall Apple geht es um Gewinne durch Verkäufe in Europa“, sagte sie. „Ich denke, das ist ganz klar eine europäische Angelegenheit.“ Sie kündigte an, sie werde Lew im September bei einer Reise nach Washington treffen.
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) warnte angesichts des Vorgehens der Brüsseler Behörde vor einem Handelskrieg mit den USA. „Überzogene Forderungen bei gleichzeitigem Abbruch der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP werden die Handelsbeziehungen massiv belasten“, sagte Söder der „Süddeutschen Zeitung“.
Die Brüsseler Behörde hatte betont, dass einzelne EU-Regierungen nach Analyse der Kommissionsentscheidung ebenfalls Nachzahlungen von Apple fordern könnten, wenn sie der Meinung seien, dass in ihren Ländern zuwenig Steuern gezahlt worden seien. Solche Zahlungen würden dann den in Irland fehlenden Betrag reduzieren.
Nach Einschätzung des bayerischen Finanzministeriums sowie des Bundesfinanzministeriums wird der deutsche Fiskus von der geforderten Steuerrückzahlung aber wohl nicht profitieren. Nach einer ersten Prüfung ergäben sich für Deutschland keine Auswirkungen, hieß es. Apple sei in Deutschland nur durch eine Vertriebsgesellschaft in München vertreten, die nach geltendem Recht besteuert worden sei.
Vestager sagte, der Ball liege nun bei Apple und Irland. Zur Überprüfung der Entscheidung der Kommission gebe es Gerichte. „Die wollen die Fakten und natürlich müssen wir diese präsentieren“, sagte die Kommissarin.
Cook sagte dem irischen Sender RTE, Apple könnte im kommenden Jahr, „Milliarden“ Dollar internationaler Gewinne in die USA bringen. Aus dem Zitat ging nicht hervor, ob die von Apple und anderen Unternehmen schon lange geforderte Steuerreform in den USA eine Voraussetzung dafür wäre. Cook hatte erst vor kurzem betont, Apple wolle das im Ausland verdiente Geld nicht zum aktuellen Steuersatz von bis zu 40 Prozent ins Heimatland überweisen. Über 90 Prozent der Apples-Geldreserven von gut 230 Milliarden Dollar lagern außerhalb der USA. [dpa/kw]
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