Ackermanns Großputz scheitert: Fall Kirch bleibt [Hintergrund]

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Bevor er die Deutsche Bank verlässt, wollte Konzernchef Josef Ackermann noch mit sämtliche Altlasten aufräumen. Doch eines bleibt: der Streit mit den Erben von Leo Kirch, der nach dem geplatzten Vergleich nun in die nächste Runde geht.

Auch nach zehnjährigem Ringen wird die Deutsche Bank ihn einfach nicht los: den Fall Leo Kirch. Dabei hatte sich Bank-Chef Josef Ackermann darum bemüht, den scheinbar endlosen Rechtsstreit vom Tisch zu räumen, bevor er seinen Stuhl an seinen Nachfolger übergibt. Doch der Millionen-Deal platzte. Nun muss sich auch die neue Deutsche-Bank-Spitze mit den Forderungen der Kirch-Erben auseinandersetzen. Diese vertreten die Ansicht, die Deutsche Bank und Ex-Chef Rolf Breuer seien maßgeblich Schuld am Zusammenbruch des Kirch-Medienunternehmens 2002 und fordern seitdem Schadensersatz in Milliardenhöhe.

Anlegervertreter loben den verantwortungsbewussten Umgang des Vorstands mit Aktionärsvermögen – und blicken zugleich mit Grausen auf die nächste Hauptversammlung der Bank am 31. Mai, die nun einmal mehr von der Kirch-Seite zum Podium für ihre Forderungen gemacht werden dürfte. „Ein Vergleich um jeden Preis wäre nicht sinnvoll gewesen“, meint Anwalt Klaus Nieding, der regelmäßig die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bei den Aktionärstreffen vertritt. Allerdings könne es jetzt „durchaus auch teurer werden für die Deutsche Bank“.

Aus dem Kirch-Lager war zuletzt zu hören, der zwischen Ackermann und Kirchs Witwe Ruth am 12. Februar ausgehandelte – und tags darauf in etlichen Medien als Fakt vermeldete – Vergleich sei am unteren Ende dessen, was man akzeptieren könne. Leo Kirchs Erben sind weiterhin davon überzeugt, dass sie vor Gericht mehr rausschlagen können. Im Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht (OLG) verlangt die Kirch-Seite mehr als zwei Milliarden Euro Schadenersatz. Der Vorsitzende Richter Guido Kotschy hatte mehrfach deutlich gemacht, dass er beiden Seiten nicht recht über den Weg traue.

Ex-Deutsche-Bank-Chef Breuer, so ist zu vernehmen, stellte sich nicht gegen einen Vergleich – und seine dann fast zwangsläufige Beteiligung an der Millionenzahlung. „Breuer und die Bank sind auf einer Linie, da kriegen Sie kein Blatt dazwischen“, sagt ein Kenner der Materie.

Es darf durchaus unterstellt werden, dass auch der inzwischen 74-jährige Breuer nichts gegen ein Ende mit Schrecken gehabt hätte. „Lästig“ sei die Dauerfehde schon, gab Breuer im Herbst 2007 zu. Seine Bemerkung in dem TV-Interview 2002 bereut er inzwischen, die Vorwürfe, damit den Niedergang des Kirch-Konzerns ausgelöst zu haben, weisen Breuer und die Bank bis heute zurück.

Letztlich geht es um einen Satz: „Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen“ – Breuer sprach Anfang Februar 2002 über die Kirch-Gruppe aus, was viele dachten. In Finanzkreisen wird zur Bestätigung aktuell ein Gutachten der Wirtschaftsprüfer von PwC angeführt, wonach die Kirch-Gruppe schon vor dem Interview überschuldet gewesen sei.

Doch Breuer war zur Zeit des Interviews Chef der Deutschen Bank, die zu Kirch Kreditgebern gehörte. „Der Rolf hat mich erschossen“, urteilte Kirch. Der Sohn eines fränkischen Winzers hatte aus dem Nichts seit den 50er Jahren einen der mächtigsten Film- und Fernsehkonzerne Europas aufgebaut (u.a. ProSieben, Sat.1, N24) – und stand plötzlich vor dem Trümmern seines Lebenswerkes.

Eine Millionenzahlung hätte mancher wohl auch als Eingeständnis der Deutschen Bank gewertet, an Kirchs Niedergang nicht ganz schuldlos zu sein. Zudem drohten Klagen von Deutsche-Bank-Aktionären. „Letztlich ist das Verfahren so lange gelaufen, ob es jetzt noch ein Jahr länger dauert oder nicht, ist auch nicht so entscheidend“, sagt der Bankenexperte Martin Faust. „Am Ende ist nun eine gerichtliche Lösung möglich, das ist zu begrüßen.“ Schon bald dürften sich die beiden Parteien wieder im Gerichtssaal gegenüberstehen. [Jörn Bender/Sebastian Raabe/fm]

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  1. AW: Ackermanns Großputz scheitert: Fall Kirch bleibt [Hintergrund] ... inzwischen droht weiteres Ungemach, denn die Quelle-Erbin Schickedanz will die Deutsche Bank-Tochter Sal. Oppenheim auf insg. 1,9 Mrd. Euro verklagen -> Arcandor-Pleite: Schickedanz fordert Milliarden von Sal. Oppenheim | FTD.de
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