Die neue Mobilfunkgeneration 5G ist eine große Sache für die Telekommunikationsbranche, entsprechend hoch ist das Interesse an Frequenzblöcken bei einer Versteigerung der Bundesnetzagentur. Ein Spieltheoretiker schätzt nun die Lage am Auktionstisch ein.
Die nicht enden wollende Auktion von 5G-Mobilfunkfrequenzen in Deutschland wird aus Sicht eines Wissenschaftlers einen Verlierer haben. Nach Analyse der bisher 270 Runden sei klar, dass nur noch um einen einzigen von 41 Blöcken gestritten werde, sagte der Auktionstheoretiker Vitali Gretschko der Deutschen Presse-Agentur in Mannheim. Man sei also eigentlich schon fast am Ziel – aber keiner der vier Auktionsteilnehmer wolle auf diesen einen Block verzichten. „Wer jetzt zurückzieht, ist der große Verlierer.“ Die Auktion sei erst dann vorbei, wenn bei einer Firma das Auktionsbudget ausgeschöpft wurde, sagt der VWL-Professor.
Wann könnte das sein? Das sei schwer zu sagen, auch weil die Auktionsbudget der Unternehmen streng geheim seien. „Das kann heute Abend sein, das kann aber auch in ein paar Monaten sein“, sagte Gretschko, der bei der Mannheimer Denkfabrik ZEW die Forschungsgruppe Marktdesign leitet. ZEW steht für „Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung“. Seit Mitte März versteigert die Bundesnetzagentur in Mainz 41 Mobilfunkblöcke, die Höchstgebote summieren sich derzeit auf 5,61 Milliarden Euro – die erwarteten 3 bis 5 Milliarden Euro wurden also schon jetzt deutlich übertroffen.
Es geht um 12 Blöcke auf dem 2-Gigahertz-Band – auf diesen Blöcken mit größerer Reichweite gibt es seit langem keine Bewegung mehr bei der Auktion, de facto also Einigkeit. Umkämpft ist hingegen das 3,6-Gigahertz-Band, auf dem 29 Blöcke angeboten werden. Nach Gretschkos Lesart des Auktionsverlaufs will die Telekom neun Blöcke, Vodafone acht, Telefónica (O2) sieben und Drillisch sechs. In Summe ergeben die Pläne der Konzerne 30 Blöcke – also einer zu viel.
Die Auktionsteilnehmer seien derzeit in einer Phase, die in der Spieltheorie als „Wall of Attrition“ bezeichnet wird, auf Deutsch „Abnutzungskampf“. „Jeder hofft in jeder Runde, dass ein anderer nicht mehr kann und aufgibt“, sagt Gretschko.
Das Dilemma: Wenn sich ein Überbotener in der nächsten Runde doch gegen ein neues Höchstgebot entscheidet und damit die Auktion zu Ende ist, wird er gewissermaßen doppelt bestraft: Er bekommt weniger Blöcke als geplant, muss aber trotzdem hohe Kosten schultern – weil die anderen Blöcke in dem sich hochschaukelnden Wettbewerb sehr teuer geworden sind. „Hätte er schon vor vier Wochen zurückgezogen, hätte er gleich viele Blöcke wie jetzt, die wären aber halb so teuer gewesen“, erklärt der VWL-Professor. In diese Situation möchte keiner der Teilnehmer geraten – und mache daher weiter mit beim Wettbieten, obwohl ihm klar sei, dass der Preis längst sehr hoch sei.
2015 hatte es eine ähnliche Phase in der damaligen Mobilfunk-Auktion gegeben, damals reduzierte am Ende Telefónica und bekam einen Block weniger als gewünscht. Nach 178 Runden kamen damals knapp 5,1 Milliarden Euro in die Staatskasse. Es sei ratsam, bei solchen Auktionen die eigenen begrenzten Finanzmittel stets im Kopf zu haben und möglichst frühzeitig auszusteigen, erklärt der Spieltheoretiker – bevor also der „Abnutzungskampf“ einsetzt. Dadurch würde das Risiko vermieden, viel zu viel Geld bezahlen zu müssen. „Aber bei den Auktionen steht die Zukunft der Unternehmen auf dem Spiel, der Druck ist hoch – rechtzeitig auszusteigen, ist sehr schwer.“[dpa]
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